Grünen-Vizefraktionschefin: Kanzler muss zu LNG-Terminal vor Rügen Position beziehen
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Züge stehen vor dem Hafen in Mukran. Das Bundeskabinett hat die Aufnahme des Hafens Mukran auf Rügen als Standort für ein geplantes Flüssigerdgasterminal in das sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz beschlossen.
© Quelle: Stefan Sauer/dpa
Berlin. Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Julia Verlinden, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, beim Konflikt über das umstrittene LNG-Terminal in Mukran vor der Insel Rügen Position zu beziehen. „Bezüglich des angedachten Standorts für ein LNG-Terminal in Mukran ist vor allem der Bundeskanzler in der Pflicht, endlich innerhalb der SPD für Klarheit zu sorgen, ob eine ostdeutsche Anbindung an die Versorgungsinfrastruktur gewünscht wird“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Hier nehme ich aus dem Kanzleramt und der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern unterschiedliche Auffassungen wahr. Das ist nicht hilfreich.“
Verlinden fügte hinzu: „Wie bei allen Standorten für LNG-Terminals gilt auch in Mukran, dass sowohl die Notwendigkeit für die Versorgungssicherheit als auch die Auswirkungen auf Mensch und Natur intensiv geprüft werden müssen. Wir dürfen nicht ohne Not für teures Geld immer mehr Importkapazitäten für schmutziges fossiles Erdgas schaffen. Die bezahlbare Energieversorgung der Zukunft kommt aus erneuerbaren Energien. Hier ist aus unserer Sicht zuerst Handlungsbedarf, nicht beim weiteren Aufbau fossiler Infrastruktur.“
LNG-Terminal: vor allem Robert Habeck in der Kritik
Deswegen müssten jetzt unverzüglich die parlamentarischen Beratungen über das Gebäudeenergiegesetz starten, so die Grünen-Politikerin. Das Gesetz werde Deutschlands Abhängigkeit von fossilen Energien deutlich reduzieren. Wegen des Gesetzentwurfs, der Mukran als Standort vorsieht, ist vor allem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der Kritik.
Vor Verlinden hatte der Bundessprecher der Grünen Jugend, Timon Dzienus, dem RND gesagt: „Das geplante Flüssiggasterminal auf Rügen bedroht nicht nur ein sensibles Ökosystem, es gefährdet auch unsere Klimaziele. Angesichts der Tatsache, dass die Fortschritte der Ampelkoalition beim Klimaschutz deutlich langsamer als notwendig sind, muss auch das LNG-Terminal vor Rügen grundsätzlich zur Debatte stehen.“
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Die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke hatte in einer Protokollerklärung zum Kabinettsbeschluss über die Änderung des LNG-Gesetzes die Notwendigkeit des Flüssiggasterminals ebenfalls in Zweifel gezogen. „Ich gehe davon aus, dass bei der Festlegung von Standorten für LNG-Terminals ein sorgfältiger Bedarfsnachweis erfolgt, der Überkapazitäten vermeidet“, schreibt sie darin und betont, dass das Gesetz nicht zu einem „Standardabbau beim Umweltschutz führen“ dürfe.
Kritiker sorgen sich um den Tourismus – und die Umwelt
Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch voriger Woche die Aufnahme des Hafens Mukran bei Sassnitz in das sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz gebilligt, über das nun noch im Bundestag beraten wird. „Da zur Sicherung der Energieversorgung weiterhin ein entsprechender Bedarf besteht, wird nach engem Austausch mit der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern mit Mukran ein Standort an der Ostseeküste in das Gesetz als Vorhabenstandort aufgenommen“, teilte das Bundeswirtschaftsministerium nach der Entscheidung mit. Der Hafen sei ein ausgewiesenes Gewerbe- und Industriegebiet, sodass die Baumaßnahmen „verträglicher umsetzbar“ seien. Das Ministerium hält eine Inbetriebnahme des Terminals im ersten Quartal 2024 für möglich.
Kritikerinnen und Kritiker vor allem auf der Insel sorgen sich um den dort besonders wichtigen Tourismus, dabei geht es etwa um den mit einem LNG-Terminal verbundenen Schiffsverkehr und den Pipelinebau. Sorgen bereiten zudem mögliche Folgen für die Umwelt. Schließlich wird beklagt, dass nicht benötigte Überkapazitäten geschaffen würden. Unterstützung erhalten die Inselbewohnerinnen und -bewohner von Umweltschutzverbänden und Parteien nahezu aller Richtungen.
Spätestens 2027 sollen alle in Deutschland geplanten LNG-Terminals einsatzbereit sein. Nicht zuletzt aufgrund nachlassender Nachfrage nach Gas wird allerdings damit gerechnet, dass die deutsche LNG-Kapazität dann um 40 Prozent höher liegt als die Versorgungslücke. Die viel diskutierte Frage ist, ob man dies noch als Sicherheitspuffer werten kann oder als Überkapazität werten muss. Dem Vernehmen nach drängt vor allem das Kanzleramt auf maximale Versorgungssicherheit.