Kontroverse um Grundgesetzkommentar

Braucht die Verfassung Schutz vor Hans-Georg Maaßen?

Hans-Georg Maaßen (CDU), früherer Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz.

Hans-Georg Maaßen (CDU), früherer Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz.

Er oder ich. So kann man die Intervention des Bochumer Rechtsprofessors Stefan Huster aus dem letzten Sommer zusammenfassen. Wenn Hans-Georg Maaßen, der nach rechtsaußen gerückte ehemalige Verfassungsschutzchef, weiter im Grundgesetz-Kommentar „Epping/Hillgruber“ schreiben darf, dann will Huster aus dem Autorenkreis ausscheiden. Er wolle die Positionen Maaßens nicht „hoffähig“ machen, indem er mit ihm gemeinsam das Grundgesetz erläutert.

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Der Verlag C. H. Beck, in dem das Buch erscheint, hat sich inzwischen entschieden. Maaßen bleibt Autor des Grundgesetzkommentars. Jedoch wurde der Autorenvertrag mit Huster auf dessen Wunsch aufgelöst. Begründung für die Treue zu Maaßen: Man stehe „für eine pluralistische und freie wissenschaftliche Diskussionskultur, solange sich diese im verfassungsrechtlichen Rahmen bewegt“. Mehr Bauchschmerzen sind in einer internen E-Mail der leitenden Beck-Lektoren zu spüren, die vom juristischen Portal LTO zitiert wird: „Sein Verhalten mag für Sie und uns in den vergangenen Jahren unerträglich gewesen sein“, heißt es dort, „eine ‚Gesinnungskündigung‘ des Verlags“ sei jedoch rechtlich nur in sehr engen Grenzen zulässig.

Vor einigen Tagen machte Huster die Entscheidung des Verlags und sein Ausscheiden via Twitter öffentlich – was im Lauf dieser Woche zu einer lebhaften Diskussion führte. Die „SZ“ (Ronen Steinke) und die „FAZ“ (Patrick Bahners) kritisierten C. H.Beck. Die „Welt“ (Andreas Rosenfelder) lobte dagegen die „Standhaftigkeit“ des Verlags.

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Parallel dazu zeigte Maaßen wieder einmal seine bizarre Gedankenwelt. In einem „Weltwoche“-Beitrag zu den Berliner Silvesterkrawallen unterstellte er Parteien und Medien, sie verschleierten gezielt die „Migranten-Kriminalität“, um die weitere „ungesteuerte Massenzuwanderung“ nicht zu gefährden. Ziel sei eine „Enthomogenisierung“ der Bevölkerung, ein „Menschenzuchtprogramm“, das einem „antideutschen und antiweißen Rassismus“ entspringe.

Grundgesetzkommentar ist ein Buch unter vielen

Man kann Huster also gut verstehen, wenn er mit Maaßen nichts zu tun haben will. Aber ist Maaßens Beitrag in einem Buch, an dem insgesamt 40 Autoren beteiligt sind, wirklich die Aufregung wert? Auf den ersten Blick erscheint es zwar besonders befremdlich, dass Maaßen in dem Grundgesetzkommentar ausgerechnet Artikel 16a, das Grundrecht auf Asyl, erläutert. Allerdings wurde das deutsche Asylgrundrecht bekanntlich 1993 weitgehend abgeschafft. Maßgeblich ist inzwischen das eher großzügigere EU-Asylrecht. Maaßen schreibt also über einen ziemlich irrelevant gewordenen Grundgesetzartikel. Er räumt auch selbst ein, dass Artikel 16a wegen der EU-rechtlichen Entwicklung „erheblich an Bedeutung verloren“ hat. Maaßen verzichtet in seiner Erläuterung von Artikel 16a sogar auf jeden Seitenhieb gegen seine Lieblingsfeindin Angela Merkel und ihre offene Flüchtlingspolitik 2015. Sein Text besteht fast nur aus Rechtsprechungszitaten.

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Auch die bloße Beteiligung an diesem Grundgesetzkommentar macht Maaßen nicht „hoffähig“. Es gibt in Deutschland 17 ernst zu nehmende Grundgesetzkommentare. Allein acht davon gibt der Verlag C. H. Beck als Marktführer für juristische Literatur heraus. Und der „Epping/Hillgruber“-Kommentar, an dem Maaßen beteiligt ist, ist ganz sicher nicht der Relevanteste von ihnen.

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Wenn etwas die Hoffähigkeit von Hans-Georg Maaßen sichert, dann ist es doch eher seine fortdauernde Mitgliedschaft in der Christlich-Demokratischen Union (CDU), die ihn zur letzten Bundestagswahl immerhin als Direktkandidat in Thüringen aufstellte.

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