Höchste Zeit für Schuldenabbau

Schuldenabbau: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Schuldenabbau: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Berlin. Zur Handball-Weltmeisterschaft 2007 haben die Höhner ein Lied veröffentlicht, das zu den größten Erfolgen der Kölner Kultband gehört: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Der Song hat großes Mitgrölpotenzial, bis heute darf er auf keiner Karnevalsfeier fehlen. Und doch steckt in dem Partyschlager, der die deutschen Handballer bis zum Titelgewinn begleitet hat, eine wichtige Lebensweisheit. Sie lautet: Nutze die Gunst der Stunde. Wann anders wird es eh nichts.

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Das Dumme ist, dass diese Gunst allzu oft ungenutzt verstreicht. Manchmal aus Unfähigkeit der handelnden Personen, manchmal aus Fahrlässigkeit. Und manchmal auch aus böser Absicht. Beim viel zu langsamen Abbau der deutschen Staatsverschuldung kommen alle drei Gründe zusammen. Die Städte und Gemeinden können oft nicht, die Länder wollen nicht so recht. Und für den Bund ist es viel bequemer, den riesigen Staatsschuldenberg einfach weiter vor sich herzuschieben. Auf dass Inflation und Wirtschaftswachstum ihn eines Tages weniger bedrohlich als heute aussehen lassen.

Diese Haltung erklärt, warum die Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand im vergangenen Jahr um nicht mal ein Prozent gesunken sind. Trotz Rekordüberschüssen. Trotz sprudelnder Steuern. Trotz prall gefüllter Sozialkassen. Deutschland verspielt eine historische Chance.

Das wird sich früher oder später rächen. Denn auch wenn kaum noch jemand über die Staatsschulden spricht – weg sind sie deshalb ja noch lange nicht. Mehr als zwei Billionen Euro stehen auf der Schuldenuhr. Das sind fast 25 000 Euro pro Kopf. Erträglich wird diese Zahl einzig und allein durch das von der Europäischen Zentralbank künstlich niedrig gehaltene Zinsniveau. Derart niedrig ist der Leitzins, dass Anleger und Banken dem Fiskus sogar Geld drauflegen, wenn er es ihnen über kurze oder mittlerer Laufzeit abnimmt.

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Prima, rufen die Wahlkämpfer auf dem linken politischen Spektrum in dieser Lage. Warum sollen wir denn Schulden abbauen, wenn sich doch mit ihnen sogar Geld verdienen lässt? Dann könnte man die Milliarden doch besser investieren. Ideen für neue Ausgaben gibt es schließlich genug.

Das Perfide an dieser Argumentation ist, dass sie auf den ersten Blick sogar logisch klingt. Deshalb muss man ihr eine Zahl entgegensetzen: 47 Milliarden Euro. So viel Geld hätte Wolfgang Schäuble im vorigen Jahr zusätzlich für den Schuldendienst gebraucht, wenn das Zinsniveau auf dem Stand von 2007 verharrt hätte. Die Zahl zeigt, welche Gefahren immer noch im Bundeshaushalt schlummern. Verringern lassen sich die Risiken nur, wenn man den Schuldenabbau ernsthaft in Angriff nimmt. Gründe, warum es gerade nicht passt, lassen sich bekanntlich immer finden. Deshalb sei noch mal an die Höhner erinnert: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Von Andreas Niesmann

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