35 Millionen illegale Waffen in der EU: Brüssel will stärker kontrollieren
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Eine Faustfeuerwaffe vom Typ Sig Sauer P226 in Kaliber 9mm Para mit Magazin und Munition.
© Quelle: David Young/dpa/Symbolbild
Brüssel. Die EU-Kommission schlägt Alarm: Weil in der EU nach Schätzungen bis zu 35 Millionen illegale Schusswaffen im Umlauf seien und organisierte Banden immer gewalttätiger würden, sollen nun die Vorschriften für Ein- und Ausfuhr von Waffen verschärft werden. „Unsere Sicherheit ist in Gefahr”, sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Donnerstag in Brüssel.
Kriminelle Banden veränderten ständig die Methoden, mit denen sie tödliche Waffen in die EU schmuggelten, sagte Johansson: „Wir müssen ihnen ein Schritt voraus sein.” So sollen die EU-Mitgliedsstaaten künftig verpflichtet werden, Daten über Import und Export von Waffen für den zivilen Gebrauch nach Brüssel zu melden.
630.000 Waffen gelten als gestohlen oder vermisst
Diese Pflicht besteht bislang nicht. Deshalb sei die Zahl von 35 Millionen illegaler Waffen in der EU lediglich eine Schätzung, sagte Johansson. Gesichert ist allerdings die Zahl der in der EU als gestohlen oder verloren gemeldeten Waffen. Laut dem Schengen-Informationssystem sind das etwa 630.000 Waffen.
Die Verschärfung der Vorschriften wurde schon im Jahr 2020 angekündigt und am Donnerstag im Eilverfahren von der Kommission verabschiedet. Die Innenkommissarin appellierte an das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten, dem Vorschlag der EU-Kommission nun zügig zuzustimmen.
Konkret will die Kommission die nationalen Genehmigungsverfahren für Waffenhersteller harmonisieren. Es soll ein EU-weit geltendes elektronisches Verfahren eingeführt werden, in dem sich Waffenschmieden um eine Herstellungslizenz bemühen können. Bislang werden die Genehmigungen von den Mitgliedsstaaten erteilt – und dazu oft noch auf Papierformularen. Außerdem sollen die EU-Mitgliedsstaaten Informationen austauschen, ob Importeure und Exporteure bereits in einem anderen Mitgliedsland Genehmigungen beantragt und nicht erhalten haben. Das soll gegen länderübergreifenden Lizenztourismus helfen.
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Leuchtpistolen können zu Schusswaffen umgebaut werden
Geplant ist, neue technische Standards für Leuchtpistolen einzuführen. Das soll verhindern, dass diese Waffen – wie offenbar bisher geschehen – vergleichsweise leicht in tödliche Schusswaffen umgebaut werden können. Solche umgebauten Waffen wurden beim Terroranschlag in Paris im Jahr 2015 verwendet. Zudem sollen künftig nur noch lizensierte Händler einzelne Waffenkomponenten in die EU einführen dürfen. Das soll verhindern, dass Kriminelle die Teile in die EU bringen und sie dann zu funktionierenden Waffen zusammenbauen.
Indirekt hängen die neuen Vorschläge zu schärferer Waffenkontrolle auch mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zusammen. Die EU-Kommission befürchtet, dass mittelfristig Schusswaffen aus der Ukraine in die EU geschmuggelt werden könnten. Darauf müsse sich die EU jetzt schon vorbereiten, sagte Innenkommissarin Johansson.
Das Phänomen, dass die organisierte Kriminalität in Kriegszeiten besonders aktiv werden, sei aus den Jugoslawien-Kriegen der 1990er-Jahre bekannt. Bis heute würden Waffen aus der Balkanregion ihren Weg in die EU finden. Der Waffenschmuggel gehe zudem einher mit Drogen- und Menschenschmuggel, so die EU-Kommission.