Kremlchef besucht Halbinsel

Als das Unheil seinen Lauf nahm: Vor neun Jahren annektierte Putin die Krim

Uniformierte Jugendliche marschieren anlässlich einer Aktion zum neunten Jahrestag der Krim-Annexion an einem Bildnis des russischen Präsidenten Wladimir Putin (im Hintergrund) vorbei.

Uniformierte Jugendliche marschieren anlässlich einer Aktion zum neunten Jahrestag der Krim-Annexion an einem Bildnis des russischen Präsidenten Wladimir Putin (im Hintergrund) vorbei.

Für Russland ist es ein Feiertag, für die Ukraine jedoch der Beginn einer jahrelangen Konfrontation mit dem scheinbar übermächtigen Nachbarn, die in den russischen Überfall mündete: die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim am 18. März 2014.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

+++ Alle aktuellen Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine im Liveblog +++

Russland begeht diesen Tag mit Festveranstaltungen nicht nur auf der Halbinsel. „Heute sagen wir unserem Präsidenten für seine Entscheidung Danke, den Krim-Bewohnern für ihre Geschlossenheit und ihren Willen und allen Russen dafür, dass sie uns damals unterstützt haben“, schrieb der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Krim, Sergej Aksjonow, am Samstag auf seinem Telegram-Kanal. Besonders rege sind die Aktivitäten auf der Halbinsel selbst. Dort startete eine patriotisch aufgeladene Auto- und Motorrad-Rallye mit dem kremlnahen Bikerclub „Nachtwölfe“.

Putin besucht zum neunten Jahrestag der Annexion die Krim

Daneben sind auf der Halbinsel eine Reihe von patriotischen Konzerten geplant. Das alljährliche Großkonzert im Moskauer Luschniki-Stadion, an dem sonst auch Kremlchef Wladimir Putin teilnahm, wurde aber in diesem Jahr abgesagt. Eine offizielle Begründung gibt es nicht. In den Medien mehrten sich Spekulationen über Angst vor einem Terroranschlag.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Tatsächlich jedoch könnte es daran liegen, dass der russische Präsident am Samstag selbst zu einem unangekündigten Besuch auf die Halbinsel gereist ist. „Unser Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin hat es drauf, zu überraschen“, schrieb der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Hafenstadt Sewastopol, Michail Raswoschajew, in seinem Telegram-Kanal. Der Präsident sei eigenhändig mit dem Auto dorthin gefahren.

Das Staatsfernsehen verbreitete Bilder, auf denen der Kremlchef bei der Eröffnung einer Kunstschule für Kinder in Sewastopol zu sehen war. Außerdem besichtige Putin auch ein Kinderferienlager, das an der Ausgrabungsstätte der antiken Stadt Chersones auf dem heutigen Stadtgebiet von Sewastopol liegt und Kindern Geschichte näher bringen soll.

Russlands Präsident Wladimir Putin (rechts) und der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, besuchen zum Jahrestag der russischen Annexion der Krim ein Kulturzentrum für Kinder in Sewastopol.

Russlands Präsident Wladimir Putin (rechts) und der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, besuchen zum Jahrestag der russischen Annexion der Krim ein Kulturzentrum für Kinder in Sewastopol.

Putin nennt den Tag ein „historisches Ereignis“ für Russland und die Menschen auf der Krim. „Ich möchte den Bürgern der Krim, Sewastopols und allen Bürgern unseres Landes zum Tag der Wiedervereinigung der Krim mit Russland gratulieren“, sagte Putin laut Tass bei der Eröffnung einer Sitzung über die sozioökonomische Entwicklung der Krim und Sewastopols am Freitag.

Für die Ukraine hingegen markiert die Annexion der Halbinsel den Beginn der russischen Aggression gegen das Land. Die Rückeroberung der Krim wurde von Kiew offiziell als Kriegsziel ausgegeben. „Es ist logisch, dass wir mit der Befreiung der Krim allen Versuchen Russlands, das Leben der Ukrainer und aller Völker Europas und Asiens zu ruinieren, deren Unterwerfung der Kreml einst für sich in Anspruch nahm, ein historisches Ende setzen werden“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj Ende Februar.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

2014 begann Putin damit, „die Krim zurück zu Russland zu holen“

Ursprung nahm die russische Annexion in den Protesten auf dem Maidan-Platz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew, die schon im Dezember 2013 begannen. Auslöser dieser war die plötzliche Abkehr der damaligen ukrainischen Regierung vom proeuropäischen Kurs. Die Demonstrationen brachten schlussendlich die russlandfreundliche Regierung zu Fall. Durch exzessives Eingreifen der Sicherheitskräfte mit Schusswaffen kamen jedoch auch mehr als 100 Demonstrierende zu Tode.

Russland nutzte das Chaos, um seine Bestrebungen, die Krim zu eigenem Territorium zu machen, in die Tat umzusetzen. Dabei kamen die sogenannten grünen Männchen ins Spiel: Militärs ohne Hoheitsabzeichen, die plötzlich überall auf der Halbinsel auftauchten. Anfangs bestritt Putin noch, dass diese den russischen Streitkräften angehörten. Später jedoch wurde bekannt, dass er Russen auszeichnete, die sich um den Anschluss der Krim „verdient gemacht hatten“. Im Jahr 2015 gab er dann zu, dass er bereits am 23. Februar 2014 angesichts des Machtverlusts der prorussischen Regierung in Kiew gegenüber Mitarbeitern erklärt hatte, dass man damit beginnen müsse, „die Krim zurück zu Russland zu holen“.

Infolge der Unruhen auf der Halbinsel wurde Ende Februar das Regionalparlament besetzt. Dort setzten prorussische Bewaffnete die anwesenden Politiker unter Druck, für ein Referendum zum Anschluss der Krim an Russland zu stimmen. Zudem wurde am selben Tag in einer Abstimmung angeblich Sergej Aksjonow zum Ministerpräsidenten der Krim gewählt. Beide Wahlgänge werden international nicht anerkannt. Berichten zufolge waren zu keinem Zeitpunkt genügend Abgeordnete anwesend, um eine rechtsgültige Wahl durchzuführen.

Die Lügen des Kremlchefs

Aksjonow und das Parlament der Krim beschlossen am 6. März 2014, das Referendum zum Beitritt zur Russischen Föderation am 16. März durchzuführen. Putin sagte damals noch, dass Moskau keinen Anschluss der Krim erwäge. „Wir werden eine solche Entscheidung nicht herbeiführen oder solche Gefühle wecken.“ Das Referendum ging mit einem Ergebnis von angeblich fast 97 Prozent für den Anschluss an Russland aus. Sowohl das Referendum an sich sowie das Ergebnis werden international nicht anerkannt. Moskau jedoch störte das kaum: Nur zwei Tage später hielt Putin eine Rede zum Beitritt der Krim zur Russischen Föderation und unterzeichnete entsprechende Dokumente.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige


Seitdem haben Zehntausende Menschen die Halbinsel verlassen, aber auch gut 250.000 Russinnen und Russen sollen seit der Annexion auf die Krim gezogen sein, berichtet das ZDF. Moskau hat umgerechnet mehrere Milliarden Euro in den Aufbau von Infrastruktur investiert.

Nicht nur deshalb hat die Halbinsel für Russland eine hohe symbolische Bedeutung. Besonders für Kremlchef Putin wäre eine Rückeroberung der Krim durch die Ukraine eine nicht zu verschmerzende Niederlage. Aber ohnehin gilt dies als unwahrscheinlich: „Russland hatte viel Zeit, die Krim militärisch aufzurüsten, und hat sie zu einer regelrechten Festung ausgebaut“, sagte Russland-Experte Gerhard Mangott im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Dass Russland eine Rückeroberung der Krim zulassen wird, halte ich für undenkbar“, sagte er damals.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Mit dem Anschluss der Krim hat Russland gleich mehrere völkerrechtliche Verträge gebrochen, unter anderem das Budapester Memorandum von 1994, in dem die Grenzen der Ukraine bestätigt wurden, Teile der KSZE-Schlussakte von 1975 und der 2008 verlängerte russisch-ukrainische Freundschaftsvertrag.

Mit dpa und AP

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken