Spahn: Ampel sollte Koalitionsvertrag in der Krise zur Seite legen
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Unionsfraktionsvize Jens Spahn.
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Berlin. Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, die inflationsbedingten höheren Steuereinnahmen für eine schnelle Entlastung der Bürgerinnen und Bürger mit geringeren und mittleren Einkommen einzusetzen. „Beim Belasten ist sich die Regierung schnell einig, beim Entlasten wird Woche um Woche, Tag um Tag gestritten. Es wird viel angekündigt und wenig entschieden“, sagte Spahn dem RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).
Spahn nennt Bundeskanzler Scholz einen „Meister der Selbstzufriedenheit“
Unionsfraktionsvize Jens Spahn hat Olaf Scholz als einen „Meister der Selbstzufriedenheit“ bezeichnet. Dies sei in der jetzigen Krise unangemessen.
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„Der Finanzminister hat Rekordsteuereinnahmen. Das ist ja das Verrückte, denn wir sind in einer Krise.“ In Zeiten einer hohen Inflation seien auch die Steuereinnahmen höher. „Es gibt eine Daumenregel: Ein Prozent Inflation machen 10 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen aus“, sagte der CDU-Politiker. Er mahnte zugleich: „Wir können nicht jeden so stellen, als gäbe es die Krise nicht.“ Hilfe müsse es gezielt für kleinere und mittlere Einkommen geben.
„Das Problem ist: Diese Koalition macht einfach so weiter mit ihrem Koalitionsvertrag und arbeitet all ihre Projekte ab, als wäre nichts geschehen. Mein Vorschlag: Den Koalitionsvertrag mal mindestens für ein Jahr zur Seite zu legen und sich auf die beiden Themen Entlastung und Energiesicherung zu konzentrieren. Dann ist auch genug Geld da“, sagte Spahn.
Die Ampel-Koalition streite aber, vor allem der Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit dem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Und der Kanzler habe in seiner Sommer-Pressekonferenz am Donnerstag ein Bild gezeichnet, wonach alles rund laufe: „Ich habe einen Kanzler gesehen, der ein Meister der Selbstzufriedenheit ist. Das ist Olaf Scholz ja sowieso, sehr zufrieden mit sich selbst und mit dem was er tut.“ Aber in der jetzigen Krise sei das unangemessen. „Es reicht nicht, nur Besonnenheit zu vermitteln, sondern es müssen auch Entscheidungen folgen.“
Union sagt Nein zu Gasumlage
Spahn teilte mit, dass die Union die Aufhebung der Verordnung der Bundesregierung für eine staatliche Gasumlage beantragen werde. Es sei zwar vernünftig, die Umlage auf alle Gaskunden umzulegen, weil wegen der ausbleibenden russischen Lieferungen Gas auf dem internationalen Markt teuer eingekauft werden müsse. „Es ist nur handwerklich richtig schlecht gemacht. Denn es wird eine Mehrwertsteuer darauf erhoben. Und deswegen werden wir im September im Bundestag beantragen, diese Verordnung wieder aufzuheben bis eben eine wirklich gut gemachte vorliegt.“
Die Frage, ob auf die staatliche Gasumlage die Mehrwertsteuer fällig wird, ist weiter ungeklärt. Eine Sprecherin von Lindner sagte am Freitag, man arbeite auf Hochtouren an einer Lösung der Frage. Lindner hatte auf europarechtliche Probleme hingewiesen. Das Wirtschaftsministerium erklärte, die Frage der Mehrwertsteuer sei unabhängig davon zu sehen, dass die Höhe der Umlage an diesem Montag bekanntgegeben werden soll. Das Ministerium ging zuletzt von einer Spanne von 1,5 bis 5 Cent je Kilowattstunde bei der Umlage aus, das würde erhebliche Mehrkosten für die Kunden bedeuten.die beiden Themen Entlastung und Energiesicherung zu konzentrieren. Dann ist auch genug Geld da“, sagte Spahn.
„Die Atomkraftwerke sind sicher“
Spahn rief die Grünen auf, ihre Sicherheitsbedenken gegen längere Atomlaufzeiten aufzugeben. „Eine Abhängigkeit von russischem Gas ist auch sehr gefährlich, wie wir gerade erleben.“ Die Kernkraftwerke würden jeden Tag überwacht. „Es glaubt doch wohl niemand, dass man in Deutschland Kernkraftwerke betreiben kann, ohne dass da wirklich alles gecheckt wird. Was am 31.12. sicher ist, ist auch noch am 1.1. sicher.“ Auf die Frage, ob das auch ohne den Sicherheitscheck gelte, der seit etwa zehn Jahren nicht mehr gemacht wurde, sagte Spahn: „Der Check, der seit 2012 hätte gemacht werden müssen, ist ein Papiercheck.“
Er betonte: „Wir haben eine Krise. Wir brauchen im Winter Energie, und zwar jede Energie.“ Es wäre fatal für Deutschland und für Europa, mitten in dieser Energiekrise sechs Prozent der deutschen Stromproduktion vom Netz zu nehmen, sagte Spahn. „Ich würde die Kernkraftwerke so lange länger laufen lassen, so lange die Gasmangellage dauert.“ Wie lange das dauere, müsse man sehen. „Was in drei oder fünf Jahren ist, darüber können wir dann noch streiten.“ Die Grünen sollten die gleiche Regelung treffen wie bei der Laufzeitverlängerung für den „Klimakiller Kohle“. Bei der Atomenergie seien die Grünen aber weniger pragmatisch, weil sie sich hier in ihrem „Gründungsmythos verheddern“.
Bundeskanzler Scholz appelliert an die Zuversicht der Bevölkerung
In seinem Video-Podcast hat Bundeskanzler Olaf Scholz an die Bürgerinnen und Bürger appelliert, nicht die Zuversicht zu verlieren.
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