Mit falschem Bart: Journalist engagiert sich heimlich in der SPD
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Ärger bei der SPD: Ein Journalist soll sich jahrelang heimlich engagiert haben.
© Quelle: Christoph Schmidt/dpa/Symbolbild
Berlin. Mit falschem Namen und manchmal sogar mit falschem Bart soll sich ein Journalist jahrelang in der Berliner SPD engagiert haben. Aufgeflogen ist Mathias Brüggmann nun nach einer Wutrede gegen Franziska Giffey. Bei einer Delegiertenversammlung der SPD im Berliner Stadtteil Pankow bezeichnet er seine Landesvorsitzende Giffey als „Wählerschreck“. Berliner Medien berichteten über die Abrechnung prominent – und brachten die Affäre damit ins Rollen.
Laut einem Bericht des „Tagesspiegels“ hatte sich der „Handelsblatt“-Korrespondent für eine Parteikarriere den nur leicht abgewandelten Namen „Matthias Brückmann“ gegeben und für Ämter in der SPD Pankow aufstellen lassen. Dort fungierte er zuletzt als stellvertretender Vorsitzender der Abteilung Winskiez-Kollwitzplatz.
In der SPD Pankow war seine doppelte Identität bekannt
Laut „Tagesspiegel“ verschleierte er seine Identität in der SPD, indem er sich im Hintergrund hielt, E-Mails unter falschem Namen verschickte und teils sogar einen falschen Bart trug. In der SPD Pankow soll seine doppelte Identität ein offenes Geheimnis gewesen sein.
Dennis Buchner, der für die SPD im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, sieht hier eher einen innerparteilichen Konflikt unter anderem um die Herausgabe von privat versandten Chatnachrichten, den man auch intern lösen müsse. Auf RND-Anfrage sagte er: „Fakt ist, dass das bei uns rein ehrenamtlich engagierte Parteimitglied selbstverständlich in seiner richtigen Namensschreibweise Mitglied der SPD ist.“ Im Übrigen habe sich Brüggmann auch in dieser Schreibweise innerparteilichen Wahlen gestellt.
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Unklar bleibt bei Buchners Ausführungen allerdings, warum der Journalist auf der Internetseite www.spd-prenzlauerberg.de unter dem Namen Matthias Brückmann als stellvertretender Vorsitzender der Abteilung Winskiez-Kollwitzplatz gelistet ist.
Als „Handelsblatt“-Korrespondent schrieb Brüggmann vor allem über Osteuropa, vereinzelt auch über die SPD. Kurios ist, dass der „Tagesspiegel“ und das „Handelsblatt“ zur gleichen Verlagsgruppe gehören und auch der „Tagesspiegel“ Artikel von Brüggmann veröffentlicht hat.
„Handelsblatt“ wusste nichts von Mathias Brüggmanns SPD-Engagement
Im Gegensatz zur SPD Pankow wusste die Wirtschaftszeitung offenbar nichts von der doppelten Rolle Brüggmanns. „Der Chefredaktion war das politische Amt von ,Handelsblatt‘-Redakteur Mathias Brüggmann nicht bekannt“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage des RND. Brüggmann wurde bis zur lückenlosen Aufklärung der Zusammenhänge beurlaubt. „In einem nächsten Schritt wird eine Kommission Brüggmanns Texte untersuchen, ob sie unserem Anspruch an redaktionelle Unabhängigkeit gerecht geworden sind“, so die Sprecherin.
Nicht das erste Mal, dass er auffällt
Es ist nicht das erste Mal, dass Brüggmann wegen einer Verkleidung Schlagzeilen macht. 2016 schlich er sich auf eine Brexitparty der rechtskonservativen Ukip und gab sich als Leave-Unterstützer aus. Ausstaffiert mit nicht einem, sondern gleich zwei Union-Jack-Partyhüten, diversen Wimpeln und Ansteckern hoffte er, möglichst nah an die Parteispitze heranzukommen. Ein Agenturfotograf lichtete ihn ab und versäumte es, nachzufragen, in welcher Funktion er der Veranstaltung beiwohnte. Das Bild wurde zum Symbol des Leave-Fanatikers und auch von deutschen Agenturen als solches verbreitet.
Brüggmann amüsierte sich in einem eigenen Artikel über diesen Vorfall und nannte seine Masche einen „Journalistentrick, der um die Welt geht“. Ob ihm zu seiner aktuellen Doppelrolle auch ein derartiger Hot Take einfällt, bleibt zu bezweifeln. Eine Anfrage des RND ließ er bis Redaktionsschluss unbeantwortet.