Kindesraub in DDR? Forscher findet keine Belege
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Jungen spielen in einem Kindergarten in Ostberlin im Sommer 1984 mit Bausteinen. (Symbolbild)
© Quelle: imago images/Frank Sorge
Halle. Die Kindesraub-Vorwürfe von rund 200 Frauen aus Mitteldeutschland, die in der DDR ein Kind geboren und verloren haben, sind in einem Forschungsprojekt nicht bestätigt worden. Die Auswertung von Interviews, von Archivbeständen und Stasi-Akten habe keine Belege erbracht, die die Vorwürfe stützten, sagte der Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universität Ulm, Florian Steger, am Freitag in Halle. Seine Forschungsergebnisse sind in dem Buch "Wo ist mein Kind?" zusammengefasst, das jetzt im Mitteldeutschen Verlag erschienen ist.
Die Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Birgit Neumann-Becker, sprach von einem sehr emotionalen Thema, dass die Betroffenen schwer belaste. Seit etwa fünf Jahren hätten sich immer wieder Mütter an ihre Behörde gewandt, die den Tod ihrer in den 1970 oder 1980er Jahren geborenen Babys anzweifelten. Sie glaubten die damals offizielle Version von Krankenhäusern und DDR-Behörden nicht, dass ihre Neugeborenen vor, während oder nach der Geburt gestorben sind.
Der Medizinhistoriker Steger sagte, die Frauen hielten es für möglich, dass ihnen die Kinder weggenommen wurden, um sie beispielsweise in regimetreue Familien zu geben, damit der Staat damit Geld verdienen kann, oder dass die Babys in die damalige Sowjetunion gegeben wurden. Der Verlust ihrer Kinder sei für diese Frauen zum "Lebensthema" geworden, mit dem sie nicht abschließen konnten. Hier fehle vor allem die Trauerbewältigung.
RND/epd