Korruptionsverdacht: Netanjahu will Immunität beantragen

Jerusalem: Benjamin Netanjahu, Premierminister von Israel, gibt vor dem Likud-Parteitreffen im Parlament eine Erklärung ab.

Jerusalem: Benjamin Netanjahu, Premierminister von Israel, gibt vor dem Likud-Parteitreffen im Parlament eine Erklärung ab.

Jerusalem. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu will beim Parlament Immunität beantragen, um sich angesichts einer Korruptionsanklage vor Strafverfolgung zu schützen. Dies teilte der 70-jährige Ministerpräsident am Mittwochabend mit. Er betonte, es handele sich um eine zeitlich begrenzte Immunität und er werde vor Gericht seine Unschuld beweisen. "Ich will Israel noch viele Jahre anführen, um historische Erfolge zu erzielen."

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Das Justizministerium hatte im November mitgeteilt, dass der 70 Jahre alte Regierungschef wegen Betrugs und Untreue sowie Bestechlichkeit angeklagt werden soll. Es ist das erste Mal in der Geschichte Israels, dass ein amtierender Ministerpräsident angeklagt wird. Netanjahu sprach von einem Putschversuch und kritisierte Israels Justiz aufs Schärfste. Der Polizei warf er vor, Zeugen unter Druck gesetzt zu haben.

Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hatte dem Parlamentspräsidenten die Anklageschrift gegen Netanjahu am 2. Dezember übermittelt. Danach hatte Netanjahu 30 Tage Zeit, Immunität zu beantragen. Ohne den Antrag hätte die Anklageschrift nach Ablauf der Frist beim zuständigen Gericht in Jerusalem eingereicht worden können. Mit dem Immunitätsantrag liegt das Verfahren nun jedoch vorerst auf Eis.

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Unter normalen Umständen müsste ein parlamentarischer Ausschuss in der Immunitätsfrage entscheiden und danach eine Knesset-Abstimmung stattfinden. In Israel herrscht jedoch seit rund einem Jahr eine Übergangsregierung mit Netanjahu an der Spitze und das Parlament ist nur eingeschränkt handlungsfähig. Nach zwei Parlamentswahlen gelang 2019 wegen einer Pattsituation keine neue Regierungsbildung.

Amir Fuchs vom Israelischen Demokratie-Institut sagt, für die Bildung des zuständigen Komitees gebe es trotz der politischen Übergangssituation zwar kein rechtliches Hindernis. Allerdings fehle im Moment die parlamentarische Mehrheit dafür. Ohne das Komitee werde es wiederum keine weiteren Schritte im Verfahren gegen Netanjahu geben.

Netanjahu: "Immunität ist ein Grundstein der Demokratie"

Am 2. März ist eine dritte Parlamentswahl angesetzt. "Höchstwahrscheinlich wird es kein (zuständiges) Komitee geben bis zur Regierungsbildung nach der Wahl", sagt Fuchs. Eine Abstimmung über die Immunität könne damit möglicherweise erst im Mai stattfinden. Unklar ist, ob Netanjahu sich dabei eine Mehrheit von 61 der 120 Abgeordneten sichern kann. Sollte es ihm gelingen, könnte er erst angeklagt werden, wenn er nicht mehr Knesset-Mitglied ist. Es gilt allerdings als zweifelhaft, dass Netanjahu nach der Wahl im März tatsächlich eine Regierung bilden kann.

Nach israelischem Gesetz muss ein Ministerpräsident erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung zurücktreten. Israels Staatspräsident Reuven Rivlin sagte am Dienstag: "Ich denke, wir müssen die Gewählten vor der Möglichkeit schützen, sie gegen den Willen des Volkes abzusetzen."

Bei den Vorwürfen gegen Netanjahu geht es um den Verdacht der Beeinflussung von Medien, angeblich krumme Deals mit Unternehmen und Luxusgeschenke befreundeter Geschäftsleute im Gegenzug für politische Gefälligkeiten. Sollte er wegen Bestechlichkeit verurteilt werden, drohen Netanjahu bis zu zehn Jahre Haft. Im Falle einer Verurteilung wegen Betrugs und Untreue wäre die Höchststrafe drei Jahre Gefängnis.

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Vor der Parlamentswahl im April 2019 hatte Netanjahu während eines TV-Interviews beteuert, er werde sich nicht um Immunität vor Strafverfolgung bemühen. Nach einer Umfrage des israelischen Fernsehens sind 51 Prozent der Israelis gegen einen Antrag des Regierungschefs auf Immunität, während nur 33 Prozent den Schritt unterstützen. Angesichts von Kritik, er wolle sich aus der Verantwortung stehlen, hatte Netanjahu am Sonntag gesagt: "Immunität ist nicht gegen die Demokratie, Immunität ist ein Grundstein der Demokratie."

RND/dpa

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