Lars Klingbeil legt Fünf-Punkte-Plan für neue Ostpolitik vor
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Lars Klingbeil, Vorsitzender der SPD, spricht bei einer Gesprächsrunde der Reihe „Klingbeil im Gespräch“.
© Quelle: Bodo Schackow/dpa
Warschau. SPD-Chef Lars Klingbeil legt als Konsequenz aus Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine an diesem Mittwoch in Warschau einen Fünf-Punkte-Plan zu einer neuen Ostpolitik der Sozialdemokratie in Europa vor und nimmt für Deutschland erneut eine Führungsrolle in Anspruch.
Ein entsprechendes Papier für eine „Partnerschaftspolitik“ zum besseren Schutz vor Moskau stellt Klingbeil bei einer „Zeitenwende-Konferenz“ der parteinahen Friedrich-Ebert-Stiftung mit Vorsitzenden sozialdemokratischer Parteien zur Diskussion. Darin räumt er erneut Fehler Deutschlands im Umgang mit Russland ein. Das Papier lag dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorab vor.
Klingbeil: Krieg sei auch eine Zäsur für die deutsche Ostpolitik
Ferner will Klingbeil am Morgen das Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des jüdischen Aufstandes im Warschauer Getto besichtigen, vor dem Willy Brandt 1970 als Geste der Bitte um Vergebung für die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg niederkniete.
Klingbeil betont: „Die Angst, dass Russland den Krieg über die Grenzen der Ukraine ausweitet, treibt die Menschen in Ost- und Mitteleuropa um. Deutschland hat dem zu lange keine Berücksichtigung geschenkt. Das war ein Fehler. Es gilt darum, Vertrauen wiederaufzubauen.“ Der Krieg sei daher auch eine Zäsur für die deutsche Ostpolitik der letzten Jahre.
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Ziel sei der Aufbau einer neuen Sicherheitsordnung, die die Interessen und Bedürfnisse der Partner in Ost- und Mitteleuropa stärker in den Fokus rücke. „Aus einer deutschen Sonderbeziehung gegenüber Russland wollen wir gemeinsam eine neue europäische Politik im Umgang mit Russland entwickeln.“ Die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine werde auch langfristig sichergestellt und ihre Integration in die Europäische Union politisch vorangetrieben.
An der „Zeitenwende-Konferenz“ nehmen unter anderem der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Europas, Stefan Löfven, die ehemalige schwedische Ministerpräsidentin und jetzige Vorsitzende der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SAP), Eva Magdalena Andersson und der Europaabgeordnete und der Vizevorsitzende der polnischen neuen Linken-Partei Nowa Lewica , Andrzej Szejna, teil.
Fünf Punkte: Klingbeils Vorstoß
Klingbeils Vorstoß für eine neue deutsche Ostpolitik beschreibt fünf Herausforderungen. Hier ein Überblick:
Souveränes Europa:
Europa müsse eigenständiger, widerstandsfähiger und ein außenpolitischer gewichtigerer Akteur werden, um in diesen Zeiten des globalen Umbruchs seine Werte und Interessen für eine regelbasierte internationale Ordnung zu festigen.
Gemeinsame Sicherheitsarchitektur:
Die europäische Säule der Nato – die Landes- und Bündnisverteidigung und gemeinsame militärische Fähigkeiten auf EU-Ebene – müsse deutlich ausgebaut werden. Wichtig ist Klingbeil dabei dieses Signal: Deutschland stehe unverbrüchlich an der Seite der ost- und mitteleuropäischen Staaten und mache sich deren Sicherheitsinteressen zu eigen. Die Abschreckung gegenüber Russland müsse glaubhaft sein.
Energiesouveränität:
Die erneuerbaren Energien, die Infrastruktur für grünen Wasserstoff und grenzübergreifende europäische Energienetze müssten massiv ausgebaut werden, um Europa energiepolitisch unabhängig von Russland zu machen.
Starke Demokratien:
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit seien Alleinstellungsmerkmale der Europäischen Union und essenziell für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Gemeinwesen. Dazu gehöre die Förderung einer starken Zivilgesellschaft, der freien Presse, einer freien Parteienlandschaft und sozialer Marktwirtschaft. Das sei das Gegenteil von dem, was der russische Autokrat Wladimir Putin wolle.
Anforderungen an Russland:
Keine Normalisierung der Beziehungen zu Russland, solange das Putin-Regime sein imperialistisches Ziel der Eroberung und Unterdrückung souveräner Staaten weiterverfolge. Nur auf Grundlage und Akzeptanz völkerrechtlicher Regeln und Normen sei eine Annäherung und Verständigung mit einem zukünftigen russischen Regime denkbar. „Hier braucht es eine europäische Russland-Politik.“ Klingbeil versichert: „Die deutsche Sozialdemokratie steht dafür, unsere europäischen Partner einzubinden und gemeinsam für die Sicherheit und Weiterentwicklung eines souveränen Europas voranzugehen. Auf Deutschland kommt dabei eine klare Führungsrolle zu.“