Maischberger: Virologin gibt Fehler zu – „Daten aus Israel nicht früh genug genutzt“
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Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie an der Technischen Universität München.
© Quelle: Sven Hoppe/dpa
Berlin. Vor Kurzem hat Markus Söder mal wieder für Wirbel gesorgt. „Es ist ja sehr beeindruckend“, behauptete der bayerische Ministerpräsident, „dass nahezu alle Virologen, Epidemiologen und Wissenschaftler auch die Wirkung dieser neuen Welle in ihrer Wucht und Geschwindigkeit nicht richtig eingeschätzt haben.“
In der ARD-Talkshow von Sandra Maischberger hat die Virologin Ulrike Protzer diesen Vorwurf am Mittwochabend vehement abgestritten. „Man überlegt sich natürlich erst mal: Stimmt das, stimmt das nicht? Wir haben uns aber zusammengetan, in den Fakten geschaut und festgestellt: Wir haben schon gewarnt“, betonte sie, räumte aber ein: „Wenn man überlegt, warum wir nicht gehört wurden, muss man sagen: Vielleicht waren wir nicht laut genug.“
Nicht gewissenhaft genug war Deutschland indes im Umgang mit den Pandemieerfahrungen aus Israel. Dort gilt jemand, der vor sechs Monaten zum zweiten Mal geimpft wurde, aufgrund der nur begrenzt anhaltenden Wirkung der Zweitimpfung nicht mehr als vollständig immunisiert.
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„Wir hatten die Daten genau so, wir haben gesehen, dass der Impferfolg nach fünf Monaten deutlich nachlässt“, sagte Protzer. „Aber wir haben die Daten nicht früh genug genutzt.“ Für einen noch größeren Fehler hält sie allerdings die Tatsache, die Impfkapazitäten – sprich: Impfzentren und Logistik – nicht aufrechtzuerhalten. „Das fällt uns ja jetzt auf die Füße, wenn man die langen Schlangen sieht in Hamburg und überall. Wir haben nicht mehr die Kapazität für das, was wir im Mai und Juni gemacht haben, nämlich 1 bis 1,5 Millionen Menschen am Tag zu impfen.“
Ob die nun geltenden Maßnahmen, etwa 2G in weiten Teilen des öffentlichen Lebens und 3G sowohl am Arbeitsplatz als auch beispielsweise im öffentlichen Personennahverkehr, ausreichen, wollte sie nicht direkt beantworten. „Langfristig sind es die Impfungen, die uns helfen. Die Erst- und Zweitimpfungen mehr noch als die Drittimpfungen“, sagte die Virologin. „Ich muss rechnerisch zwei bis drei Personen drittimpfen, um den gleichen Effekt auf das Pandemiegeschehen zu haben wie eine neue Erstimpfung.“
Strenge Kontaktbeschränkungen und ein erneutes Stilllegen der Gesellschaft hält sie indes für denkbar. „Ich würde nicht ausschließend, dass es einen Lockdown, dass es Geschäftsschließungen braucht“, betonte Protzer. „Man muss sicherlich erst mal die milderen Maßnahmen versuchen. Und wir müssen alles versuchen, die Schulen offenhalten zu können. Aber ob die Maßnahmen jetzt wirklich ausreichen, weiß ich nicht.“
RND/tdi