Nach dem Wahldesaster: Die Linke versucht, sich neu zu ordnen

Linken-Co-Vorsitzende Janine Wissler (links), Fraktionschef Dietmar Bartsch und Co-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow am Montag in Berlin in der Bundespressekonferenz.

Linken-Co-Vorsitzende Janine Wissler (links), Fraktionschef Dietmar Bartsch und Co-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow am Montag in Berlin in der Bundespressekonferenz.

Berlin. Die erste Fraktionssitzung der Linken nach der für sie desaströsen Bundestagswahl war in Parteikreisen als „unspektakuläre Veranstaltung“ für Dienstag in Berlin angekündigt worden. Es solle lediglich um eine „erste Konstituierung“ des Teams gehen, das 39 Sitze im neuen Bundestag beanspruchen darf; in der abgelaufenen Legislaturperiode waren es noch 69.

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Und tatsächlich drang zum Inhalt der ersten Sitzung kaum etwas nach außen, beispielsweise dazu, wie das „Sich-neu-Erfinden“ beginnen soll, das die beiden Co-Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler gemeinsam mit Fraktionschef Dietmar Bartsch tags zuvor angekündigt hatten. Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, sagte gegenüber dem RND: „Es war eine gründliche und konstruktive Diskussion. Die Debatte über die Ursachen unserer Niederlage und der massiven Verluste kann jedoch nicht an einem Tag oder in einem Hau-Ruck-Verfahren erfolgen. Wir werden uns für die Analyse und Neuausrichtung die nötige Zeit nehmen.“

Nach Kortes Worten werde sich die Fraktion „voll und ganz auf ihre Rolle als soziale Opposition konzentrieren“, denn die Linke sei als Interessenvertretung für abhängig Beschäftigte, Mieterinnen und Mieter, Rentner und Ausgegrenzte gewählt worden. Korte: „Die Zeit der lähmenden Selbstbeschäftigung muss vorbei sein.“

Die nordrhein-westfälische Abgeordnete Sevim Dagdelen sagte dem RND, es wäre verheerend, wenn jetzt unter Neuerfindung das Schleifen der friedenspolitischen Kernpositionen verstanden würde. Das wäre der sichere Weg in die Bedeutungslosigkeit.

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„Wir müssen uns vielmehr als klare eigenständige soziale Opposition aufstellen, die zentral die Interessen der Beschäftigten mit niedrigen und mittleren Einkommen, der Erwerbslosen und von Rentnerinnen und Rentnern vertritt und die sich für eine friedliche Außenpolitik, für Abrüstung und Entspannung einsetzt“, sagte Dagdelen.

Und Gregor Gysi, der in Berlin eines der drei rettenden Direktmandate zum Wiedereinzug seiner Partei in den Bundestag geholt hat, sagte dem RND, die Linke müsse zu ihrer Ostidentität zurückfinden, die sinnlosen Streitereien und Selbstbeschäftigungen überwinden, die Sprache der Bürgerinnen und Bürger sprechen und so reale soziale, ökologische und friedenspolitische Vorschläge unterbreiten, dass sie eine hohe Akzeptanz finden.

Die Führungsfrauen Wissler und Hennig-Wellsow hatten am Montag erklärt, dass sie zwar Verantwortung für das magere Wahlergebnis von 4,9 Prozent übernehmen, aber keinen Grund für persönliche Konsequenzen sehen würden. Es wäre falsch, sich jetzt „vom Acker zu machen“, hatte Hennig-Wellsow gesagt, und Wissler meinte, die Ursachen lägen tiefer, als dass sie durch Personalentscheidungen zu lösen seien.

Dabei erhielten sie Rückendeckung von Bartsch, der von „Grundfragen“ sprach, die jetzt „gestellt und beantwortet“ werden müssten. Auf die Frage, wie es um seinen Posten, den Fraktionsvorsitz, stünde, antwortete Bartsch: „Wir werden über alles diskutieren.“

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Stoff gibt es genug, vor allem zur künftigen Richtung der Partei. Der Wirtschaftspolitiker Klaus Ernst schrieb auf Twitter zum Wahlergebnis: „Eine linke Partei, die kaum noch bei den abhängig Beschäftigten verankert ist, aber jeder Bewegung hinterherläuft, grüner als die Grünen sein will, sich über offene Grenzen für alle und darüber stritt, Wagenknecht auszuschließen! Ein Warnschuss!“

In eine ähnliche Kerbe schlug Oskar Lafontaine, Fraktionschef im saarländischen Landtag: „Der Versuch der Übernahme grüner Politikinhalte – offene Grenzen für alle, starke Betonung von Minderheitenthemen und ein Klimaschutz über Verteuerung von Benzin, Gas und Heizöl – ist Ursache für den Vertrauensverlust bei Arbeitnehmern und Rentnern und mittelbar auch für eine weiterhin starke AfD“, sagte Lafontaine der „taz“.

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