Binnenland in Westafrika vor ungewisser Zukunft

Nach französischem Abzug: Nähert sich Burkina Faso Moskau an?

Soldaten, die dem Hauptmann Traore treu ergeben sind, werden in den Straßen von Ouagadoudou bejubelt.

Soldaten, die dem Hauptmann Traore treu ergeben sind, werden in den Straßen von Ouagadoudou bejubelt.

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Einige Wochen nach dem Rauswurf der französischen Truppen aus Burkina Faso mehren sich die Anzeichen, dass das westafrikanische Land sich Russland annähert. Zu den Profiteuren der Entwicklung könnte auch die berüchtigte Söldnerfirma Wagner gehören. Eines der Signale war, dass die Behörden in Burkina Faso im Februar Gold aus den Minen des Landes im Wert von fast 30 Millionen Dollar (etwa 27,5 Millionen Euro) für „öffentliche Zwecke“ anforderten.

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Wofür das Gold genutzt wurde, war zwar zunächst unklar. Es gab jedoch Vermutungen, es könnte genutzt werden, um Wagner-Söldner anzuheuern. Das russische Unternehmen agiert bereits in anderen konflikt­geplagten afrikanischen Ländern wie Mali oder der Zentralafrikanischen Republik.

Es könne Zufall sein, dass das Gold ausgerechnet nach der Aufforderung an die frühere Kolonialmacht Frankreich, das Land zu verlassen, angefordert worden sei, sagte William Linder, CIA-Beamter im Ruhestand und Leiter des auf Afrika spezialisierten Risikoberatungs­unternehmens 14 North Strategies. Aber Investoren treibe die Sorge um, dass das Land sich nicht an bestehende Vereinbarungen halte und Bergbau­unternehmen Nachteilen aussetze, um russische Militärfirmen zu bezahlen.

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Regierung bestreitet, Wagner-Söldner anzuheuern

Die burkinische Regierung bestreitet, Wagner-Söldner anzuheuern. Es wird aber erwartet, dass sie russische Ausbilder ins Land holen wird, um Soldaten für den Einsatz von in Russland eingekaufter Ausrüstung zu trainieren, wie Mamadou Drabo von der zivil­gesellschaftlichen Gruppe Save Burkina sagte, die die Junta unterstützt. Die russische Regierung sei aufgrund der bilateralen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern darum gebeten worden. Die Ausbilder sollten den Soldaten Kenntnisse zu Waffen und Militärtechniken, aber auch kultureller Art vermitteln, sagte er.

Dem Verkauf von Waffen und Vereinbarungen über militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und einigen afrikanischen Ländern gingen in mehreren Fällen Einsätze von Wagner-Söldnern in den Ländern voraus, wie es in einem Bericht der Global Initiative Against Transnational Organized Crime heißt.

Nach Putsch in Burkina Faso: Feuer in französischer Botschaft
30.09.2022, Burkina Faso, Ouagadoudou: Junge Männer rufen Slogans gegen die Macht von Oberstleutnant Damiba, gegen Frankreich und schwenken eine russische Fahne. Der amtierende Präsident im westafrikanischen Burkina Faso, Oberstleutnant Damiba, hat sich nach nächtlichen Schießereien und massiver Militärpräsenz in der Hauptstadt Ouagadougou für Ruhe und Besonnenheit geworben. Es habe «Verstimmungen bei gewissen Mitgliedern der nationalen Streitkräfte» gegeben, hieß es in einer Mitteilung am Freitag. Foto: Sophie Garcia/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Hunderte Menschen haben sich auf den Straßen der Hauptstadt von Burkina Faso versammelt, um gegen Frankreich zu protestieren.

Beobachter sagen, dass Länder, die Kämpfer des Unternehmens einsetzen, diese oft als russische Ausbilder deklarieren. Der Chef und Gründer der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, setzt seit einem Jahr mehr als 1000 seiner Kämpfer in Mali ein.

Der Millionär hat Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Im Januar forderte Burkina Faso den Abzug von etwa 400 französischen Spezialkräften und kappte damit die militärischen Verbindungen mit Paris – inmitten einer Zeit anschwellender dschihadistischer Gewalt, der bereits Tausende zum Opfer gefallen sind und die das einst friedliche Land in eine tiefe Krise gestürzt hat.

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Zusätzlich zum Rauswurf der Spezialkräfte wies die burkinische Regierung im Februar auch alle anderen Mitarbeiter des französischen Militärs an, die bis dahin dort tätig gewesen waren, das Land zu verlassen. Die Zusammenarbeit in den Bereichen Militär und Verwaltung reichte bis ins Jahr 1961 zurück, wie aus Regierungs­unterlagen hervorgeht, die die Nachrichten­agentur AP einsehen konnte.

Seit der Machtübernahme von Juntachef Ibrahim Traoré im September haben die antifranzösischen Ressentiments jedoch zugenommen. Früher in diesem Monat wurden zwei französische Journalisten ohne Angabe von Gründen des Landes verwiesen. Im März wurde ein Sendeverbot für den französischen Nachrichten­sender France 24 verhängt. Dieser hatte Interviews mit dem Chef der Terrorgruppe Al-Kaida im Islamischen Maghreb ausgestrahlt. Damit habe der Sender eine Einschüchterungs­botschaft eines Terroristen verbreitet, hieß es in einer Mitteilung der Junta.

Diese Stimmung fällt zusammen mit wachsender Unterstützung für Russland. Die äußerte sich etwa in Demonstrationen in der Hauptstadt Ouagadougou, bei denen Hunderte Teilnehmer russische Flaggen schwenkten.

Paris half gegen islamistische Extremisten

Frankreich hat seit 2013 Soldaten in der Sahel-Region in Westafrika stationiert. Damals half Paris, islamistische Extremisten von der Macht zu verdrängen, die diese im Norden Malis an sich gerissen hatten. In der Bevölkerung nimmt indes angesichts der dschihadistischen Gewalt­eskalation die Haltung zu, dass die französische Militärpräsenz wenig bewirkt habe.

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Die Militärjunta sagt, sie habe nichts gegen Frankreich, wolle sich aber mit Blick auf militärische Partnerschaften breiter aufstellen. Die Hinwendung nach Moskau ist dabei offensichtlich.

Wir haben es in der Zentral­afrikanischen Republik gesehen, in Mali – es ist gewissermaßen ein Dominoeffekt. Russland hat imperialistische Ambitionen in Afrika.

Sorcha MacLeod,

Vereinte Nationen

Das sei, was man in einem Land nach dem anderen beobachtet habe, sagte Sorcha MacLeod, die sich in einer Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen mit dem Einsatz von Söldnern befasst. „Wir haben es in der Zentral­afrikanischen Republik gesehen, in Mali – es ist gewissermaßen ein Dominoeffekt“, sagte sie. Wo einst Frankreich gewesen sei, sei ein Vakuum entstanden. „Russland hat imperialistische Ambitionen in Afrika“, erklärte MacLeod. „Es ist destabilisierend für die Region.“

Wenn Wagner-Söldner das Land erreichten, nehme das Risiko für Kriegs­verbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu, sagte sie. Menschenrechts­gruppen haben der Junta bereits Tötungen von Zivilisten seit dem Machtantritt Traorés vorgeworfen. Bislang haben Wagner-Söldner Russland Präsenz in mindestens einem halben Dutzend Ländern in Afrika beschert.

Kriminelle Organisation

Früher in diesem Jahr wurde die Privatarmee von den USA als bedeutende, transnationale kriminelle Organisation eingestuft. Die EU erließ Sanktionen gegen sie aufgrund von Menschenrechts­verletzungen in der Zentral­afrikanischen Republik, dem Sudan und Mali. Afrikanische Länder haben die Söldnerfirma oftmals mit Zugang zu natürlichen Ressourcen entlohnt, etwa mit Bergbaulizenzen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Wagner-Soldaten als „kriminelle Söldner“ bezeichnet, die die Lebens­versicherung von „putschistischen Regimen“ seien.

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RND/AP

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