Straffällige Asylbewerber

Bamf: Verfahren zur Aberkennung des Schutzstatus dauern im Schnitt mehr als 13 Monate

Zwei Menschen starben bei der Messerattacke in Brokstedt. Seitdem wird über den Umgang mit straffällig gewordenen Asylbewerbern debattiert.

Zwei Menschen starben bei der Messerattacke in Brokstedt. Seitdem wird über den Umgang mit straffällig gewordenen Asylbewerbern debattiert.

Berlin. Nach der tödlichen Messerattacke in einem Regionalzug in Schleswig-Holstein in der vergangenen Woche geht die Debatte um den Umgang mit straffälligen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in Deutschland weiter. Der mutmaßliche Täter Ibrahim A. war erst kurz vor der Tat im schleswig-holsteinischen Brokstedt in Hamburg aus der Untersuchungshaft entlassen worden, in der er unter anderem wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung saß. Schon zuvor war der 2014 nach Deutschland gekommene Palästinenser straffällig geworden.

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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte deshalb im November 2021 ein Widerruf- und Rücknahmeverfahren begonnen, um Ibrahim A. den Schutzstatus abzuerkennen. Er war nach seiner Einreise nach Deutschland zwar nicht als Flüchtling anerkannt worden, hatte jedoch einen subsidiären Schutzstatus erhalten, weil ihm bei einer Abschiebung nach Palästina Verfolgung drohe.

Brokstedt: Mutmaßlicher Messerstecher schwieg beim Haftrichter

Nach der Messerattacke in einem Regionalzug bei Brokstedt in Schleswig-Holstein hat der mutmaßliche Täter beim Haftrichter keine Aussagen zur Sache gemacht.

Behörden informierten das Bundesamt nicht

Aufgrund von schweren Straftaten kann ein solcher Schutzstatus wieder entzogen werden. Ein Vertreter des Bamf erklärte am Mittwoch vor dem Innen- und Rechtsausschuss des Kieler Landtags, warum das im Fall von Ibrahim A. bislang nicht erfolgreich geschehen war. Dazu hätte man dem Mann zunächst rechtliches Gehör einräumen müssen, erklärte Bamf-Abteilungsleiter Frank Schimmelpfennig laut einem Bericht der „Kieler Nachrichten“. Das sei jedoch nicht möglich gewesen, da die Behörde den Aufenthaltsort von Ibrahim A. nicht gekannt habe. Die Hamburger Behörden hatten dem Bundesamt nicht mitgeteilt, dass der Mann in Hamburg inhaftiert war. Kritik daran wurde am Donnerstag auch in der Bundespolitik laut. „Informationen zur Haft und zur Adresse wurden nicht wie vorgesehen weitergeleitet. Solche Nachlässigkeiten dürfen nicht passieren. Der Hamburger Senat muss hier dringend für geordnete Abläufe sorgen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Alexander Throm, dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND).

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Auch die Grünen-Bundestags­abgeordnete Filiz Polat betonte, es sei notwendig, dass das Bamf die erforderlichen Informationen erhalte, um sich um dringliche Fälle von Straftäterinnen und Straftätern zu kümmern. „Die Übermittlungs­pflichten von Ausländerbehörden und Strafverfolgungs­behörden im Asyl- und Aufenthaltsrecht müssen daher konsequent umgesetzt werden“, sagte Polat.

Lange Verfahrensdauer

Lange andauernde Widerrufs- und Rücknahme­verfahren beim Bamf sind keine Ausnahme. Im Jahr 2022 betrug die durchschnittliche Dauer solcher Verfahren 13,2 Monate, wie das Bundesamt auf RND-Anfrage mitteilte.

Der Widerruf oder die Rücknahme des Schutzstatus bedeute außerdem nicht zwangsläufig, dass eine Rückführung ins Herkunftsland erfolge, sagte Grünen-Politikerin Polat. „Der Ausreise können rechtliche und faktische Hindernisse entgegenstehen, beispielsweise wenn den Betroffenen Folter droht oder wenn, wie bei Staatenlosen, kein Staat sie“ als seine Staatsbürgerinnen oder Staatsbürger „anerkennt oder der Herkunftsstaat selbst durch Deutschland nicht anerkannt wird“, erklärte sie. Im Fall von Ibrahim A. gingen die Behörden zumindest davon aus, dass der aus dem Gaza-Streifen stammende Palästinenser staatenlos sei. Das hatte dieser 2014 selbst angegeben. Zuletzt kamen daran jedoch Zweifel auf: Formal festgestellt hatten die Behörden die Staatenlosigkeit nicht, wie am Mittwoch bekannt wurde.

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