Nicht vom Rentenplus blenden lassen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YVIGFX66WUCM7O277SLF5KS7XI.jpg)
So gut wie dieser Rentnergeneration wird es künftigen nicht mehr gehen.
© Quelle: dpa
Berlin. Mehr Geld für die gut 20 Millionen Rentner in Deutschland – diese Positiv-Nachricht ist dem neuen Sozialminister Hubertus Heil nach wenigen Tagen im Amt in den Schoß gefallen. Er erntet jetzt die Früchte des Aufschwungs. Ohne den anhaltenden Job-Boom und ohne die unverändert starke Zuwanderung insbesondere von EU-Ausländern in den Arbeitsmarkt wäre an ein Rentenplus in dieser Höhe nicht zu denken.
Wie bereits im vergangenen Jahr dürften die Einnahmen in der Tat ausreichen, um auch die gestiegenen Renten zu finanzieren. Und es gibt eine weitere erfreuliche Entwicklung: Knapp 28 Jahre nach der Wiedervereinigung nähern sich die Renten in Ost und West schneller an als erwartet.
Doch von alledem sollte sich niemand täuschen lassen. Wir blicken nur auf eine erfreuliche Momentaufnahme. Alle Fakten sprechen dafür, dass es keiner Rentnergeneration mehr so gut gehen wird wie der heutigen. Das Gefährliche an der Botschaft vom kräftigen Rentenplus in diesem Jahr ist, dass sie zu falschen Schlüssen verführen könnte
Leider wiederholt der Koalitionsvertrag Fehler der Vergangenheit. Zum Beispiel mit der Festlegung, dass die Mütterrente ausgeweitet werden soll, gleichzeitig aber auf eine Finanzierung aus Steuermitteln verzichtet wird.
Dabei wäre Augenmaß gerade jetzt angezeigt. Die GroKo sollte sich auf zielgenaue Verbesserungen konzentrieren und dort ansetzen, wo das Risiko von Altersarmut derzeit am größten ist. Das ist der Fall bei denen, die etwa wegen Krankheit nicht länger arbeiten können. Die geplante Ausweitung der Erwerbsminderungsrente ist deshalb ein sinnvoller Schritt, sie ersetzt aber nicht notwendige Entscheidungen, um die gesetzliche Rente zukunftsfest zu machen.
In der zweiten Hälfte des nächsten Jahrzehnts werden sich die Verhältnisse dramatisch verändern. Dann gehen die Babyboomer-Jahrgänge in den verdienten Ruhestand. Immer weniger Beitragszahler werden dann für immer mehr Rentner aufkommen müssen. Klug gesteuerte Zuwanderung kann ein Teil der Lösung sein. Das Potenzial in diesem Bereich sollte aber nicht überschätzt werden.
Die Große Koalition will sowohl ein Absinken des Rentenniveaus als auch ein kräftiges Ansteigen der Beiträge verhindern. Doch wie diese Rechnung langfristig aufgehen soll, weiß niemand. Die Renten-Kommission, die diese Fragen nun im Auftrag der GroKo klären soll, braucht vor allem eines: Mut zur Wahrheit.
Nur auf höhere Zuschüsse aus dem Bundesetat zu hoffen, ist noch kein neues Rentenkonzept. Der neue Bundessozialminister Hubertus Heil macht es sich jedenfalls zu einfach, wenn er eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters kategorisch ausschließt, ohne die Alternative klar zu benennen.
Von Rasmus Buchsteiner/RND