Grüner Bundesvorstand sieht Asylverfahren an den EU-Außengrenzen kritisch
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Die Asylpolitik der EU ist seit Jahren strittig. Das zeigt diese Demonstration 2017 in Köln, an der auch Grüne teilnahmen.
© Quelle: picture alliance / Marius Becker
Berlin. Der Bundesvorstand der Grünen will wesentliche Teile des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS), über das derzeit in der EU verhandelt wird, nicht mittragen. Das ergibt sich aus dem Leitantrag des Gremiums für den Länderrat am 17. Juni in Bad Vilbel bei Frankfurt am Main, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
„Die im Rahmen der GEAS-Reform geplante Verschärfung von Grenzverfahren an den Außengrenzen sehen wir kritisch“, heißt es in dem Antrag. Man nehme lediglich „zur Kenntnis, dass sie für einen relevanten Teil der Mitgliedsstaaten in der EU Voraussetzung sind, um über Verbesserungen, zum Beispiel einen funktionierenden Solidaritätsmechanismus zur Verteilung von Geflüchteten in Europa, verhandeln zu können“. Die Grünen-Spitze pocht stattdessen darauf, eine Reform als „wirksamen Hebel gegenüber Mitgliedsstaaten“ einzusetzen, „die grundlegende menschenrechtliche Verpflichtungen bei Asylverfahren bislang nicht einhalten“. Der immer stärkere Ausbau der Grenzanlagen könne jedenfalls keine Lösung sein.
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„Wer das Asylrecht antasten will, spielt das dreckige Spiel der AfD mit“
Am Donnerstag beraten die EU‑Innenminister über eine Reform des EU‑Asylsystems. Doch ob es zu einer Einigung kommt, ist ungewiss. Es stehe viel auf dem Spiel: „Wir müssen das Europa der offenen Grenzen retten“, sagt Innenministerin Nancy Faeser im Gespräch.
„Keine Einigung um jeden Preis“
Der Bundesvorstand lehnt zudem den Plan ab, Flüchtlinge auch dann an den EU-Außengrenzen abzuweisen, wenn sie sich vor ihrer Reise in die EU in einem Staat aufgehalten haben, den diese als sicheren Drittstaat einstuft. „Menschen, die über einen Drittstaat in die EU einreisen, dürfen nicht einfach zurückgeführt werden, gerade wenn sie keine klare Verbindung, wie zum Beispiel berufliche oder familiäre Bezüge, zu diesem Land haben und nicht sichergestellt werden kann, dass sie in Sicherheit sind“, steht in dem Papier. Zugleich plädiert das Gremium dafür, unter anderem Familien mit minderjährigen Kindern und allein reisende Kinder unter einen besonderen Schutz zu stellen. Wörtlich heißt es: „Es darf keine Einigung um jeden Preis geben.“ Eine Reform müsse sich „daran messen lassen, ob sie konkrete und relevante Verbesserungen für die geflüchteten Menschen bringt“.
Die maßgeblichen grünen Mitglieder des Bundeskabinetts, vor allem Außenministerin Annalena Baerbock, sind grundsätzlich bereit, Asylverfahren an den EU-Außengrenzen zu akzeptieren, wenn Flüchtlinge im Gegenzug gerecht auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilt und Familien mit minderjährigen Kindern von den Grenzverfahren ausgenommen werden. An der Parteibasis regt sich dagegen Unmut.
Annalena Baerbock in der Bredouille
In dem Leitantrag für den Länderrat mahnt der grüne Bundesvorstand schließlich eine konsequente Umsetzung des Bundesaufnahmeprogramms für afghanische Ortskräfte an, sagt Nein zur Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten und macht sich für „eine zivile, flächendeckende und europäische Seenotrettung“ stark.
Generell müssten Flüchtlinge zwar „zügig wieder ausreisen“, wenn sie nach sorgfältiger Prüfung der asyl- und aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hätten. Im Übrigen gelte jedoch: „Jeder Mensch, der bei uns Schutz sucht, hat ein Anrecht auf ein rechtsstaatliches Verfahren mit individueller Prüfung.“