Parteitag der US-Demokraten: Kandidatenkür ohne Jubelkulisse

Die Stars der demokratischen Conventions: Mit zwei Reden am Mittwoch- und am Donnerstagabend werden der designierte demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden und seine Stellvertreterin Kamala Harris um die Sympathien des amerikanischen Fernsehpublikums werben. Eine triumphale Inszenierung mit jubelnden Zuschauern und Luftballons aber gibt es dieses Mal nicht.

Die Stars der demokratischen Conventions: Mit zwei Reden am Mittwoch- und am Donnerstagabend werden der designierte demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden und seine Stellvertreterin Kamala Harris um die Sympathien des amerikanischen Fernsehpublikums werben. Eine triumphale Inszenierung mit jubelnden Zuschauern und Luftballons aber gibt es dieses Mal nicht.

Washington. Am Ende herrschte begeisterte Partystimmung. Die 20.000 Zuschauer in der Wells-Fargo-Halle in Philadelphia jubelten. Ein goldenes Saalfeuerwerk wurde abgeschossen. Tausende rote, blaue und weiße Luftballons regneten über der Kandidatin nieder. Knapp eine Stunde hatte Hillary Clinton geredet, und nun setzte sie die Parteitagsregie für die Fernsehzuschauer perfekt in Szene.

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Vier Jahre ist das her. Wenn Joe Biden in dieser Woche zum Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten gekürt wird, wird alles anders sein. Es gibt keine große Halle, kein Publikum und wahrscheinlich auch keine Luftballons. Wegen der Corona-Pandemie wird die Versammlung der etwa 4000 Delegierten überwiegend virtuell abgehalten. Die Reden prominenter Unterstützer wie Bill Clinton und Barack Obama werden per Video zugeschaltet. Es dürften die ungewöhnlichsten Conventions in der jüngeren US-Geschichte werden – aber möglicherweise auch die folgenreichsten.

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Während nämlich Amtsinhaber Donald Trump immer offener seine autokratischen Neigungen ausspielt, die Wahlen zu delegitimieren, und der Post die erforderlichen Mittel für die rechtzeitige und sichere Zustellung der Briefstimmen verweigern will, liegt Herausforderer Biden derzeit in den nationalen Umfragen mit rund 8 Prozentpunkten Abstand vorne. Auch in hart umkämpften Staaten wie Wisconsin, Michigan, Pennsylvania, North Carolina, Florida und Arizona, die wegen des amerikanischen Wahlsystems am Ende über den Einzug ins Weiße Haus entscheiden dürften, führt der ehemalige Obama-Stellvertreter. Alles hängt nun davon ab, ob es den Demokraten gelingt, diesen Vorsprung zu verfestigen und die Sympathisanten am 3. November tatsächlich an die Wahlurnen zu bringen.

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In Wisconsin geht es um nur 20.000 Stimmen

Genau deshalb wollte die Partei die offizielle Wahl und Vorstellung ihres Kandidaten bei einer Großveranstaltung in Milwaukee inszenieren. Die Stadt mit zahlreichen deutschen und skandinavischen Wurzeln liegt in Wisconsin – einem Bundesstaat, den Trump 2016 denkbar knapp mit nur 20.000 Stimmen Vorsprung gewann. Doch wegen der Corona-Pandemie mussten die Demokraten zunächst den Termin verschieben. Dann verkleinerten sie aus Sorge vor möglichen Ansteckungen immer weiter den Rahmen, und nun werden lediglich ein paar Organisatoren und regionale Politiker in Milwaukee vor Ort sein.

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Angesichts der täglich etwa 50.000 Neuinfektionen und der mehr als 170.000 Toten in den USA ist der Umgang mit der Pandemie längst zu einem zentralen Wahlkampfthema geworden. "Für uns stehen die Gesundheit und die Sicherheit des amerikanischen Volks an erster Stelle. Wir folgen der Wissenschaft und hören auf die Ärzte", begründete Tom Perez, der Generalsekretär der Demokratischen Partei, die weitgehende Verlegung des Parteitags ins Internet. Joe Biden selbst wird die programmatische Rede zu seiner offiziellen Kür am Donnerstagabend aus seinem Heimatstaat Delaware halten. "Ich möchte ein Beispiel setzen, wie wir persönlich mit dieser Krise umgehen sollten", sagte er.

Die Pandemie als Wahlkampfthema

Ganz bewusst heben sich Biden und seine Parteifreunde damit von Trump und dessen Republikanern ab. Als der Gouverneur von North Carolina denen Auflagen für ihre geplante gigantische Parteitagsshow machte, setzte der Präsident kurzerhand eine Verlegung nach Florida durch. Doch inzwischen hat sich der geplante Veranstaltungsort Jacksonville zu einem Hotspot der Pandemie entwickelt. Widerwillig beugte sich Trump am Ende dem Druck der Sponsoren. Nun werden auch die Republikaner in der letzten Augustwoche überwiegend virtuell tagen.

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Dafür planen Trump und seine Verbündeten eine große Trollaktion gegen die Demokraten. Der Präsident zieht diese Woche durch mehrere Swing-States, um vor seinen Anhängern über die “Geschichte des Versagen von Joe Biden” zu reden. Am Montag, dem ersten Tag des Demokraten-Parteitags, macht er in Oshkosh, nur 90 Meilen nördlich von Milwaukee, Station. Am Mittwoch, dem Tag der virtuellen Rede von Bidens designierter Stellvertreterin Kamala Harris, schlägt Vizepräsident Mike Pence in Wisconsin auf. Die Botschaft ist ebenso plump wie eingängig: Während sich die Demokraten nicht auf die Straße trauen, sind die Republikaner vor Ort präsent.


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Doch auch die Demokraten halten ein paar Gemeinheiten für die politische Konkurrenz bereit. So wird gleich am Montag zur besten Sendezeit neben der populären Ex-Präsidentengattin Michelle Obama auch John Kasich, der frühere Gouverneur von Ohio, sprechen. Der gemäßigte Republikaner war im Vorwahlkampf 2016 gegen Trump angetreten und ausgeschieden. Nun wird er vor einem Millionenpublikum an den Fernsehgeräten zur Wahl von Joe Biden aufrufen.

An der Nominierung von Biden bei den Conventions besteht kein Zweifel. Die erforderliche Delegiertenzahl hat der 77-Jährige längst zusammen. Interessant dürfte jedoch werden, inwieweit die Anhänger des linken Senators Bernie Sanders der Aufforderung ihres aus dem Rennen ausgeschiedenen Favoriten folgen, den pragmatischen Biden zu unterstützen. Beim Nominierungsparteitag von Hillary Clinton hatte es noch lautstarke Proteste der Radikalen gegeben. Der weitgehend virtuelle Charakter der diesjährigen Veranstaltung dürfte es den Parteioberen leichter machen, das gewünschte Bild einer geschlossenen breiten Front gegen Trump ohne Misstöne zu inszenieren.

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