Politik streitet um Vier-Tage-Woche – Mehrheit mag die Idee

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kann sich eine Vier-Tage-Arbeitswoche grundsätzlich vorstellen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kann sich eine Vier-Tage-Arbeitswoche grundsätzlich vorstellen.

Berlin. Nur noch vier statt fünf Tage in der Woche arbeiten: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigt Sympathien für diese Idee, um so Jobs in der Corona-Krise zu retten. Auch in der Bevölkerung genießt die Vier-Tage-Woche hohe Sympathien. Doch es gibt mindestens einen Haken: die Frage des Lohnausgleichs.

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IG-Metall-Chef Jörg Hofmann hatte die Debatte losgetreten. Um in der angeschlagenen Metall- und Elektroindustrie, zu der auch die Automobilbranche gehört, einen dauerhaften Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern, hatte der Gewerkschaftsboss vorgeschlagen, nur noch vier statt fünf Tage in Vollzeit arbeiten zu lassen. Die Linkspartei fordert sogar für alle Beschäftigten eine “generelle Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden in Vollzeit”, um Jobs zu retten, die durch die Digitalisierung der Arbeit wegfallen würden. Parteichefin Katja Kipping sagte, für den Vorschlag gebe es gute Gründe: “Die Erfahrung zeigt, dass Arbeitszeitverkürzung Beschäftigte glücklicher, gesünder und produktiver macht.”

Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat eine Vier-Tage-Woche als “geeignetes Mittel” bezeichnet, um den Arbeitsmarkt zu stützen. “Reduzierte Arbeitszeit bei teilweisem Lohnausgleich kann eine geeignete Maßnahme sein, wenn sich die Sozialpartner darauf verständigen”, sagte er der Funke-Mediengruppe. “Gute und pragmatische Ideen sind gefragt, um gemeinsam durch die Krise zu kommen.”

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Angst vor sinkender Produktivität

Knackpunkt der Debatte ist das Geld. Hoffmann hatte noch von einem “einem gewissen Lohnausgleich für die Beschäftigten” gesprochen, “damit es sich die Mitarbeiter leisten können”. Der Linke schwebt ein voller Lohnausgleich vor. Doch das volle Gehalt zahlen, aber nur 80 Prozent der Arbeitskraft erhalten – das wollen Arbeitgeber auf keinen Fall. “Die deutsche Wirtschaft erleidet gerade einen riesigen Produktivitätsschock. Eine Vier-Tage-Woche mit Lohnausgleich verschärft diesen Schock noch”, erklärte beispielsweise Steffen Kampeter, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA). “Das Konzept ‘weniger Arbeiten und den Wohlstand dennoch halten’ hat noch nie funktioniert”, sagte der Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr. “Die Zeche dafür, nämlich sinkende Löhne und eine stark steigende Verschuldung, wird die Mitte der Gesellschaft zahlen. Die zusätzlichen Schulden sind dann die Steuern von morgen.”

Die Gewerkschaften argumentieren, dass kürzere Arbeitszeit nicht unbedingt zu weniger Produktivität führen müsse. Sie sichere zudem Fachkräfte und spare Kosten für einen Sozialplan. Dadurch, dass weniger zur Arbeit gependelt werde, sei sie umweltfreundlich. Außerdem könnte die Vier-Tage-Woche mit Anreizen zur beruflichen Fortbildung verbunden werden. In Japan hatte Microsoft vor einigen Monaten ein Versuch mit der Vier-Tage-Woche gestartet. Das überraschende Ergebnis: Die Angestellten arbeiteten 40 Prozent effektiver.

Marcel Fratscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hält die Einführung einer Vier-Tage-Woche als Kriseninstrument durchaus für machbar – allerdings nur bei Verzicht auf vollen Lohnausgleich. Die Lohnkosten dürften nicht zu sehr steigen, argumentieren die Kritiker der Idee.

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In der Bevölkerung kommt der Vorstoß der IG Metall allerdings ganz gut an. Drei von fünf Deutschen (61 Prozent) stehen laut einer Umfrage einer Vier-Tage-Woche offen gegenüber. 21 Prozent der Befragten stimmen dem IG-Metall-Modell voll und ganz zu, weitere 40 Prozent unterstützen es eher, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov ergeben hat.

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