Fremde Begriffe tabu

Putin verschärft Gesetz gegen „verbotene Wörter“ in der russischen Sprache

Russlands Präsident Wladimir Putin führt an mehreren Fronten Krieg – auch an der Sprachfront: Fremdwörter sollen jetzt per Gesetz getilgt werden.

Russlands Präsident Wladimir Putin führt an mehreren Fronten Krieg – auch an der Sprachfront: Fremdwörter sollen jetzt per Gesetz getilgt werden.

In George Orwells Roman „1984″ aus dem Jahre 1949 reinigte „Big Brother“, die stets omnipräsente Gedankenpolizei in einem fiktiven Überwachungsstaat, die Sprache. Als Ergebnis kam dabei Neusprech (Newspeak) heraus – eine Sprache, die die Ideologie der Diktatur nicht gefährdet.

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Russland unter Wladimir Putin kommt der orwellschen Dystopie immer näher. Die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS berichtet jetzt, dass Putin das bereits bestehende „Gesetz über den formellen Gebrauch des Russischen“ verschärft hat. Demnach ist es russischen Regierungsbeamten ab sofort verboten, bei der Ausübung ihrer Aufgaben Fremdwörter zu verwenden, für die es auch einen entsprechenden russischen Begriff gibt.

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„Bei der Verwendung von Russisch als Staatssprache der Russischen Föderation ist es nicht erlaubt, Wörter und Ausdrücke zu verwenden, die nicht den Normen des modernen Russisch entsprechen ... mit Ausnahme von Fremdwörtern, für die es keine weit verbreiteten entsprechenden Entsprechungen gibt auf Russisch“, heißt es in dem Text zur Gesetzesnovelle.

Deutsch ist in der russischen Sprache sehr präsent

Eine Liste der Fremdwörter, die noch verwendet werden dürfen, soll separat veröffentlicht werden. Bekanntermaßen haben in der russischen Sprache zahllose Fremdwörter seit Alters her einen festen Platz – auch sehr viele deutsche: Von „buterbrod“ (Butterbrot oder Sandwich) über „parikmacher“ (Friseur) bis hin zu „bjurger“ (Bürger), „potschtamt“ (Postamt), „marschrutka“ (Richtung) oder „schtempel“ (Stempel).

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist die russische Sprache längst zu einem hochpolitischen Thema geworden. Seit Beginn des Überfalls vor einem Jahr gilt eine Sprachregelung, die auch Kriegshandlungen betrifft – bei Verstößen dagegen drohen hohe Strafen.

Gerüchte um Putins Gesundheitszustand: Welchen Aufschluss gibt seine Haut?

Wie geht es Putin? Diese Frage heizt immer wieder Spekulationen an. Was sagt sein Äußeres darüber aus?

Die Militärzensur wurde eingeführt. Derzeit gibt es 400 Gerichtsentscheidungen in Fällen der „Diskreditierung der russischen Armee“. Wer die verbotenen Begriffe verwendet macht sich also strafbar, weil er angeblich die russische Armee diskreditiert hat.

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Statt fünf gibt es sieben Jahre Haft

Auch diese Strafen werden drastisch verschärft: Während bisher eine „Diskreditierung“ der russischen Armee mit fünf Jahren Haft bestraft werden kann, soll das künftig für alle kämpfenden Einheiten gelten, also auch für die Privatarmee Wagner des Geschäftsmanns Jewgeni Prigoschin.

Gleichzeitig wird das Strafhöchstmaß von fünf auf bis zu sieben Jahre Haft angehoben. Die zweite und entscheidende Lesung der Strafverschärfung in der Duma (Parlament) ist für diesen Donnerstag geplant, die dritte und formal abschließende am 14. März.

Anweisungen an alle Medien

So ist es bereits seit dem 4. März 2022 verboten, im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Ukraine das Wort „Krieg“ zu verwenden. Stattdessen wurde der Begriff „militärischer Spezialoperation“ eingeführt.

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Von der Präsidialverwaltung wurden Anweisungen an die Medien geschickt, in denen Journalisten ausführlich erklärt wird, welche Begriffe zu verwenden seien.

Putin selbst sprach von „Krieg“

Statt dem Wort „Krieg“ sollen die Wörter „Befreiung“, „Befreiungsmission“, „Spezialoperation“ verwendet werden. Begründung: Diese Begriffe würden keine „Panik“ auslösen. Dabei hat Putin selbst in seiner Rede am 21. Februar 2023 das „verbotene Wort“ verwendet und müsste konsequenterweise jetzt eigentlich bestraft werden. In seiner rund zweistündigen Rede zur Lage der Nation behauptete der russische Präsident, der Westen sei es gewesen, der „den Krieg begonnen“ habe.

Aus „Rückzug“ wird die „Geste des guten Willens“

Auch die Formulierungen „Militäroperation“, „Eroberung durch das russische Militär“ sind tabu, wie die Plattform globalvoices.org auflistet. Gebiete in der Ukraine werden auch nicht „erobert“, nicht einmal „unter Kontrolle genommen“, sondern prinzipiell „befreit“.

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Für die russische Armee gibt es auch keinen „Rückzug“. Der Verlust von Gebieten wie im November 2022 im Fall der Stadt Cherson sei für russische Mediennutzer als Geste des guten Willens“ zu umschreiben.

Es darf auch in russischen Medien nicht von der „Gegenoffensive der Streitkräfte der Ukraine“ gesprochen werden, sondern von „verzweifelten Angriffen“.

Wählen Sie als Ersatz Wörter, die nichts mit dem Tod von Menschen und Krieg zu tun haben.

Aus einem Leitfaden für Journalisten

Die russische Anthropologin Alexandra Arkhipova zitiert auf globalvoices.org aus einem Leitfaden für russische Medien. Darin heißt es: „Gefährliche Themen ganz vermeiden; wählen Sie als Ersatz Wörter, die nichts mit dem Tod von Menschen und Krieg zu tun haben; den Feind dämonisieren.“

Weil es keinen Krieg gegeben darf, hat die russische Sprachpolizei natürlich auch das Wort „Front“ verboten. „Kontaktlinie“ heißt das jetzt in Putins Neusprech. Wenn Russen bei der Einberufung fragen, „werde ich jetzt an die Front geschickt“, dann wird ihnen barsch geantwortet: „Nein, du gehst die Kontaktlinie verteidigen.“

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