Rechtsextreme Umtriebe bei der Polizei? Der Verdacht ist ungeheuerlich
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Polizeifahrzeuge stehen vor dem 1. Polizeirevier auf der Frankfurter Zeil. Hier könnte es ein rechtsextremes Netzwerk geben.
© Quelle: Boris Roessler/dpa
Berlin. Der Verdacht ist ungeheuerlich. Vier Polizisten und eine Polizistin aus Frankfurt am Main sollen fremdenfeindliche und rechtsextreme Bilder, Videos und Texte ausgetauscht und Sympathie für den NSU gezeigt haben. Auch steht der Verdacht im Raum, sie seien Ausgangspunkt eines Drohschreibens gegen die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und deren zweijährige Tochter.
Nun befinden sich die Ermittlungen erst am Anfang. Wie weit die Vorwürfe reichen, ist offen. Sicher ist, dass es sich nicht um den ersten Fall dieser Art bei der Polizei und bei der Bundeswehr handelt. Wenn die Sicherheitsbehörden für eine Form des Extremismus anfällig sind, dann ist es der Rechtsextremismus. Das kommt nicht von ungefähr.
Erfahrungen können in Ressentiments münden
Zunächst sind Polizisten und Soldaten Querschnitt der Bevölkerung. Wenn teilweise 20 Prozent und mehr dieser Bevölkerung eine Partei wie die AfD wählen, dann verhält es sich unter ihnen nicht anders.
Die Sicherheitsbehörden ziehen ferner fraglos auch Leute an, für die neben dem Wunsch nach Durchsetzung von Recht und Ordnung autoritäre Muster prägend sind. In verabsolutierter Form führen sie nahezu automatisch in jene Sphären, die von Rechtsextremisten bevölkert werden.
Hinzu kommt – jedenfalls bei Polizisten – der Alltag. Sie sind regelmäßig mit Randgruppen der Gesellschaft konfrontiert, mit sozial Schwachen, unter denen sich nicht selten Migranten befinden. Werden diese Erfahrungen nicht aufgearbeitet, können sie in Ressentiments münden.
Linke gehen nicht zur Polizei. Das ist ein Fehler.
Und noch ein letztes: Ordnungshüter werden von der linken Seite des politischen Spektrums seit langem mit einer gewissen Feindseligkeit betrachtet. Das hat zur Folge, dass Linke nicht zur Polizei gehen – was ein Fehler ist. Es hat ebenso zur Folge, dass Polizisten sich auf der anderen Seite des politischen Spektrums eher angenommen fühlen. Man nennt das eine self-fulfilling prophecy.
Aus der Diagnose der Probleme ergibt sich die Therapie. Die Sicherheitsbehörden sollten sich sehr genau anschauen, wie ihre Bewerber politisch ticken, bevor sie sie einstellen. Die Vorgesetzten vor allem bei der Polizei sollten überdies dafür sorgen, dass Beamte ihre Einsätze adäquat „verdauen“ können.
Feindseligkeit überdenken
Zugleich darf es bei Fehlverhalten keinen falschen Korpsgeist geben; das durchzusetzen ist nicht zuletzt eine politische Führungsaufgabe. Jene, die Polizisten feindselig gegenüberstehen, sollten sich schließlich überlegen, was für einer schweren Arbeit Polizisten nachgehen und dass die Feindseligkeit der Kritiker genau jene Feindseligkeit befördert, die sie hinterher beklagen.
Anfälligkeit für rechtes Gedankengut in den Sicherheitsbehörden ist keine deutsche Spezialität. Da reicht ein Blick in die USA. Umso mehr ist Abhilfe nötig. Der demokratische Rechtsstaat braucht Beschützer, die seine Werte verinnerlichen. Sonst ist er verloren.
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Von Markus Decker/RND