Grüne stehen vor Kampfkandidatur
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Will neuer grüner Landesvorsitzender werden: Hans-Joachim Janßen
© Quelle: Wolter, Silke (privat)
Hannover. Den niedersächsischen Grünen steht auf ihrem Parteitag am 27. Oktober in Celle eine spannende Kampfabstimmung bevor. Denn nun hat im Rennen um den künftigen Parteivorsitz der frühere Landtagsabgeordnete Hans-Joachim Janßen seine Bewerbung angemeldet. „Ich habe große Lust, grüne Landespolitik wieder mitzugestalten“, erklärte Janßen – eine Kampfansage an den bisherigen Landesvorsitzenden Stefan Körner aus Hannover. Denn Janßen machte sogleich klar, dass er gemeinsam mit Anne Kura aus Osnabrück antreten will, die wie er dem linken Lager zugerechnet wird, während Körner zu den Realos zählt. Aus Unzufriedenheit über die bisherige Arbeit des Hannoveraners Körner hatte auch der ehemalige Landwirtschaftsminister Christian Meyer mit einer eigenen Kandidatur „gedroht“. Doch jetzt begrüßt er die Kandidatur Janßens als „echtes Aufbruchssignal“.
Abschied vom alten Proporz?
Die Abstimmung in Celle dürfte spannend werden, weil sie den bisher geltenden Proporz bei den Grünen infrage stellt, nachdem ein Kandidat möglichst aus dem realpolitischen Lager kommen sollte und einer aus dem linken Lager. Den Vorsitz teilen sich auch stets ein Mann und eine Frau. Janßen will aber bewusst mit der Linken Kura antreten, die im März diesen Jahres auf die ausgeschiedene Meta Janssen-Kucz folgte. Janßens Kandidatur richtet sich also gegen Körner, der seit vier Jahren an der Spitze des Landesverbandes steht, vielen Grünen aber als zu blass und konturlos gilt. Körner selbst sieht überhaupt keinen Grund, sich zurückziehen. „Das ist eine demokratische Wahl. Ich stehe für den grünen Aufbruch und scheue keine Kampfkandidaturen“, sagt der Hannoveraner. In der Partei wird auch darauf hingewiesen, dass ein mögliches Tandem Janßen-Kura den üblichen Regionalproporz verletzen könnte, weil die Osnabrückerin Kura und Janßen, der in der Wesermarsch wohnt, aus dem Parteibezirk Weser-Ems kommen.
Janßen selbst sagt, es sei doch kein Problem, dass Kura und er zum linken Lager gerechnet werden. „Gerade auf Bundesebene sieht man mit Robert Habeck und Annalena Baerbock, dass der übliche Flügelproporz keine Rolle spielt, wenn man offen und gesprächsbereit an die Sache herangeht.“ Sowohl Baerbock als auch Habeck werden dem realpolitischen Lager zugerechnet. So ähnlich argumentiert auch Christian Meyer, der Janßens Kandidatur ausdrücklich begrüßt. „Es ist doch schön, dass wir jetzt eine Auswahl haben.“ Janßen sei sehr Politik erfahren und „sprechfähig“ – ein Attribut, das Körner zumindest in der Außendarstellung abgesprochen wurde. Demgegenüber spricht sich der frühere Landesumweltminister Stefan Wenzel für eine Fortsetzung des Gespanns Kura/Körner aus, die gemeinsam den Erneuerungsprozess angestoßen hätten. Wenzel: „Gerade jetzt zeigen die Grünen in Bayern und im Bund, wie gut wir sein können, wenn wir uns als Partei breit aufstellen und für die gesamte Gesellschaft öffnen. Wir sind dann erfolgreich für Ökologie und Gerechtigkeit, wenn wir nicht ideologisch und rechthaberisch auftreten.“
Von Michael B. Berger