Ministerin kündigt Notfallpläne für Niedersachsen an
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In Niedersachsen wäre die Fischerei stark von einem ungeregelten Brexit betroffen, weil viele Fischfanggründe vor der britischen Küste liegen.
© Quelle: Christian Charisius/dpa
Hannover. Die Zeit für eine Einigung zwischen der Europäischen Union und Großbritannien läuft ab, ohne dass ein Kompromiss in Sicht wäre. Niedersachsen bereitet sich deshalb auf einen ungeregelten Brexit vor. Europaministerin Birgit Honé (SPD) kündigte Notfallpläne an, die greifen sollen, falls das Vereinigte Königreich die EU in einem halben Jahr ohne Abkommen verlässt. Zugleich steigt die Zahl der Briten in Niedersachsen, die eine Einbürgerung beantragen, weiter an.
„Wir brauchen dringend ein Abkommen, damit es durch den Austritt Großbritanniens am 29. März 2019 nicht zu chaotischen Situationen kommt“, sagte Honé am Montag in Hannover. Beide Seiten hätten nicht einmal mehr drei Wochen Zeit, um bis zum nächsten Europäischen Rat am 18. Oktober die Eckpunkte eines Abkommens vorzulegen: „Die Zeit drängt. Wir brauchen jetzt Bewegung – vor allem auf britischer Seite“, betonte die Ministerin.
Bei den Notfallplänen konnte Honé noch keine Details nennen. Das Land will aber in den nächsten Wochen prüfen, welche gesetzlichen Regelungen gegebenenfalls angepasst werden müssten. Ohne Abkommen wäre Großbritannien ein Drittstaat, mit dem die EU alles neu verhandeln müsste. Die Hauptlast der Rechtsanpassung würden allerdings die EU und der Bund tragen.
„Der Brexit wird unsere Wirtschaft treffen, aber er trifft sie nicht unvorbereitet“, sagte die Ministerin. „Augenscheinlich haben Firmen begonnen, ihre Produktionswege neu zu organisieren.“ Die Zahlen fürs erste Halbjahr ließen zwar auf einen weiter stabilen Handel mit Großbritannien schließen. Allerdings hätte der Warenverkehr mit anderen Ländern innerhalb und außerhalb der EU in diesem Zeitraum stark zugelegt. Insgesamt erreichten im ersten Halbjahr Importe aus Großbritannien einen Wert von 1,95 Milliarden Euro, die niedersächsischen Exporte ins Königreich umfassten 3,73 Milliarden Euro. Die Briten sind nach den Niederlanden und Frankreich damit nur noch Nummer drei der wichtigsten Handelspartner Niedersachsens.
Honé forderte die Verhandlungsführer beider Seiten auf, die Interessen der betroffenen Menschen nicht aus den Augen zu verlieren: „Der Brexit beeinflusst nicht nur Bilanzen, er beeinflusst individuelle Lebensläufe.“ Wie sehr der Austritt Großbritanniens aus der EU die Menschen bewege, zeige sich am anhaltend hohen Interesse in Niedersachsen lebender Briten an Einbürgerungen. So haben nach Angaben des Ministeriums 2017 insgesamt 672 Briten die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Die Werte bisher in diesem Jahr deuteten auf eine weitere Steigerung hin. So waren es in Hannover im ersten Halbjahr 2018 bereits 27 Einbürgerungen – gegenüber 21 im gesamten Vorjahr. In Niedersachsen leben rund 9000 britische Staatsbürger.
Von Marco Seng