Ministerin will mehr Deutschkurse in Gefängnissen
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Zur Bekämpfung islamistischer Tendenzen hinter Gittern will Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) den Deutschunterricht in Gefängnissen verbessern.
© Quelle: Katrin Kutter (Symbolbild)
Hannover. Mit mehr Deutschunterricht in Gefängnissen könne es gelingen, Sprachbarrieren zwischen ausländischen Gefangenen und Experten zu verringern, die eine Radikalisierung verhindern wollen. Das sagte Havliza der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. Präventionsgespräche mit einem Dolmetscher zu führen, sei umständlich und aufwendig. Das Angebot an Sprachkursen in Gefängnissen könne noch verbessert werden. „Wir sind dabei, das auszubauen.“
Die Zahl bereits radikalisierter Häftlinge sei in Niedersachsen noch sehr überschaubar, sagte Havliza, die vor dem Wechsel ins Ministerium als Richterin am Oberlandesgericht Düsseldorf auch für Terrorprozesse zuständig war. Das Personal in den Haftanstalten sei für die Gefahr islamistischer Umtriebe in hohem Maße sensibilisiert und auch geschult worden. Geachtet werde auf äußerliche Veränderungen der Häftlinge, veränderte Essgewohnheiten und etwa das plötzliche Meiden von Kontakten zu nicht-muslimischen Mithäftlingen.
Hinter Gittern suchten Häftlinge auch aus Einsamkeit Strukturen, an die sie sich klammern könnten. Sie seien auch deswegen empfänglich für extremistische Glaubensauslegungen, sagte Havliza. Persönliches Unrecht, das Häftlinge empfänden, vermische sich dann mit einem propagierten Zorn auf die westliche Welt.
„Gesprächspartner sind wichtig“
Islamwissenschaftler, teils mit Migrationshintergrund, sowie Seelsorger versuchten sich dieser Nöte von Gefangenen anzunehmen, sagte die Ministerin. „Wichtig sind Gesprächspartner, die firm sind und Vertraulichkeit zusichern.“ Wenn die Betroffenen lediglich Türkisch, Arabisch oder Russisch sprächen, sei die Kommunikation aber oft schwierig.
Dennoch erzielt das vor zwei Jahren zur Resozialisierung islamistisch radikalisierter Häftlinge gestartete Präventionsnetzwerk in Niedersachsen erste Erfolge. Bislang konnte mit sämtlichen der über 30 Inhaftierten aus der Szene gearbeitet werden, hatte das vom Justizministerium beauftragte Netzwerk vor einiger Zeit mitgeteilt.
Zur Arbeit des Netzwerks gehören die Prävention, die Fortbildung des Justizpersonals und die Deradikalisierung von Häftlingen. Auch eine Ausstiegsbegleitung betroffener Straftäter wird organisiert. Den Betroffenen werde erklärt, wie es den Extremisten gelungen sei, sie zu manipulieren und zu radikalisieren, sagte Geschäftsführer Thomas Mücke.
In ihrer Zeit als Richterin habe sie viel über die Beweggründe erfahren, die Menschen zu islamistischen Extremisten bis hin in die Kampfgebiete nach Syrien getrieben hätten, sagte Havliza. Neben ideologischer Überzeugung spiele auch Abenteuerlust und das Ausleben von Verrohungsphantasien eine Rolle. Bei jungen Menschen, die teils in „einsamer Verwahrlosung“ lebten, sei es aber auch die Suche nach Anschluss. Ob sie diesen dann bei linken, rechten oder islamistischen Gruppen fänden, sei oft Zufall. Hier müsse Prävention auch in Schulen verstärkt dafür sorgen, dass es soweit erst gar nicht kommt.
Von dpa