Niedersachsens SPD will die Schuldenbremse lockern
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/M33V72VTH4MT7M2AQKGDGNUPBY.jpg)
SPD und CDU verfolgen verschiedene Ideen beim Thema Sparen: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (li., SPD) und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU).
© Quelle: dpa
Hannover. Angesichts rückläufiger Steuereinnahmen und steigender Ausgabewünsche streitet die rot-schwarze Koalition in Niedersachsen ums Geld. Die SPD will offenbar sogar an den Regelungen zur Schuldenbremse rütteln, die ab 2020 gilt. Danach darf das Land nur noch in Ausnahmefällen wie Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen zusätzliche Kredite aufnehmen. SPD und CDU hatten dafür eine Verfassungsänderung vereinbart, die vorsieht, dass zwei Drittel des Landtags einen solchen Ausnahmefall beschließen müssen. Die SPD will nun aber offenbar durchsetzen, dass eine einfache Mehrheit genügt, um die Schuldenbremse auszuhebeln.
„So nicht vereinbart“
Die CDU ist darüber empört. „Ich finde das Verhalten des Koalitionspartners in diesem Punkt unanständig“, sagte CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer. Eine vernünftige Finanzpolitik sei Voraussetzung für die Koalition. Auch der CDU-Haushaltsexperte Ulf Thiele übte Kritik an der SPD. „Das ist so nicht vereinbart und mit uns auch nicht zu machen“, sagte Thiele. Die CDU habe bereits die SPD-Kröte geschluckt, dass kein konkreter Schuldenabbau in der Verfassung festgeschrieben werde. „Eine zweite Kröte schlucken wir nicht.“
Die SPD hat Redebedarf
Die Kritik der CDU bezieht sich demnach auf Äußerungen von führenden SPD-Politikern in Arbeitskreis- und Ausschusssitzungen. Die SPD-Finanzpolitikerin Frauke Heiligenstadt bestätigte auf Anfrage, dass die Sozialdemokraten in diesem Punkt noch einmal mit dem Koalitionspartner reden wollen. Nach dem Grundgesetz sei eine Zwei-Drittel-Mehrheit grundsätzlich nicht erforderlich, erklärte Heiligenstadt. „Das ist aber kein unüberwindbares Hindernis.“ Sie sei optimistisch, dass die Koalition im Juni ein gemeinsames Gesetz zur Schuldenbremse verabschieden werde.
Angriffe auf Finanzminister
Die CDU ist offenbar auch deshalb verärgert, weil die SPD Finanzminister Reinhold Hilbers öffentlich attackiert, der auf einem weiteren Abbau des niedersächsischen Schuldenbergs von rund 61 Milliarden Euro beharrt. Nach der Kritik der Polizei an maroden Gebäuden und fehlender Ausrüstung in der vergangenen Woche hatte SPD-Fraktionsvize Ulrich Watermann Hilbers offen kritisiert: "Wir appellieren daher an den Finanzminister: Nicht die Schuldenuhr sollte ihn antreiben, sondern die Bereitstellung und Pflege einer zukunftsfähigen öffentlichen Infrastruktur."
Eine Rolle beim Streit um die Schuldenbremse dürften auch die laufenden Gespräche zwischen Hilbers und den anderen Ministern über den Haushalt 2020 spielen. Neben der Polizei fordern unter anderem Lehrer und andere Beamte mehr Geld vom Land – teilweise auch bestärkt von der SPD, die etwa eine Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes für Beamte beschlossen hat. Das lehnt der Finanzminister strikt ab. Genauso wenig finanzierbar ist demnach die Forderung, die Bezahlung für Lehrkräfte an Grund-, Haupt- und Realschulen anzuheben.
CDU-Mann Thiele warnte die SPD, die Verhandlungen scheitern zu lassen. „Wenn wir nichts regeln, greift die Schuldenbremse des Grundgesetzes mit voller Härte.“
Lesen Sie auch:
Städte gegen das Land: Der Streit um die Schulden
Interview mit dem Finanzminister: Wo nehmen Sie das Geld her, Herr Hilbers?
Von Marco Seng