Im Dialog mit Bürgern

RTL-Sendung mit Olaf Scholz: „Seien Sie mehr on fire!“

Olaf Scholz sprach am Dienstag mit Bürgerinnen und Bürgern über aktuelle Themen.

Olaf Scholz sprach am Dienstag mit Bürgerinnen und Bürgern über aktuelle Themen.

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Berlin. Es gibt in diesen Tagen zwei Versionen des Bundeskanzlers. Ein Olaf Scholz, der zwar immer wieder seine guten Absichten erklärt, aber wenig Konkretes sagt, sondern oft in Stanzen spricht. Und ein Olaf Scholz, der mit lauter Stimme und deutlichen Worten denen Paroli bietet, die ihn wie am Wochenende in Brandenburg niederbrüllen wollen.

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Welcher Version er eher ist – „ein neuer Kanzler on fire, oder einer, der die Dinge wegscholzt“ – , will Moderatorin Pinar Atalay wissen, bevor der Kanzler sich zu Bürgerinnen und Bürgern am Dienstag in die Sendung „RTL Direkt Spezial – Am Tisch mit Olaf Scholz“ setzt. Was „scholzen“ bedeutet, will der Regierungschef noch nie gehört haben – und weicht der Frage aus. Damit ist der Ton gesetzt für den Dialog zwischen Scholz und vier Menschen, die RTL in ein Berliner Fernsehstudio eingeladen hat. Die Sendung wird am Nachmittag aufgezeichnet, die Ausstrahlung ist um 22.10 Uhr.

Scholz, das gehört zu seinem Standardrepertoire, bedankt sich zunächst für die ihm gestellten Fragen und zollt den Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern Respekt für ihre Arbeit. Der Kanzler will gefallen. Als Christoph Golly, ein 38 Jahre alter Familienvater, von seinen finanziellen Problemen wegen der Inflation berichtet, beginnt Scholz eine lange Liste mit Maßnahmen seiner Regierung aufzuzählen: Der Mindestlohn sei angehoben worden, ebenso das Kindergeld, das Wohngeld sei angepasst worden.

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„Der Würde eines Kanzlers nicht angemessen“

Golly zeigt sich davon unbeeindruckt, sein Leben muss er trotzdem einschränken: „Früher hatte ich für 100 Euro einen vollen Einkaufswagen, heute ist er für 100 Euro nur halb voll.“ Er überlege sich manchmal, ob es sich überhaupt noch lohne, 40 Stunden Arbeit zu investieren, oder ob er nicht lieber Bürgergeld beantragen solle. Scholz antwortet darauf mit einer längeren Ausführung zum Fachkräftemangel, Kontra zu Gollys Aussage gibt es nicht.

Bundeskanzler Scholz verteidigt Ukraine-Politik nach „Kriegstreiber“-Rufen

Der Kanzler machte deutlich, dass er keine Alternative zur Unterstützung für die Ukraine auch mit Waffen wegen des russischen Angriffskriegs sieht.

Hitziger wird es aber, als Regine Springorum vorgestellt wird, eine 81 Jahre alte Frau aus dem niedersächsischen Barnstorf. Sie macht „bekloppte“ Dinge, so hat der Bundeskanzler kürzlich die Aktionen der Letzten Generation bezeichnet. Springorum, die schon einmal eine Straße blockiert hat, findet diese Wortwahl wiederum „populistisch und billig“. Das sei der Würde eines Kanzlers nicht angemessen.

Scholz verurteilt das Vorgehen der Klimaaktivistinnen und -aktivisten aber erneut: „Es ist der Würde einer Demokratie nicht angemessen, dass man solche Aktionen macht.“ Statt über politische Maßnahmen werde nur über die Blockaden der Letzten Generation gesprochen. „Das ist ein politische Fehler, so nett Sie auch sind“, sagt Scholz in Richtung Springorum.

Muss Scholz seine Politik besser erklären?

Familienvater Golly wirft ein, Klimaschutz müsse man sich auch leisten können. Ähnlich sieht das Chris Rücker, 59 Jahre alt und Schmelzer in Eisenhüttenstadt. „Mein Eindruck ist, es geht alles bergab“, erklärt er seine Gefühlslage. „Es ist zum Beispiel das Heizungsgesetz, was den Leuten sauer aufgestoßen ist. Dass die Leute unzufrieden sind, hängt sehr stark mit der Ampel zusammen“, glaubt Rücker.

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Immer wieder in der Sendung bewegt sich das Gespräch weg von konkreten Themen, hin zur Metaebene: Muss Scholz seine Politik besser erklären? Nicole Rathgeber, Landrätin im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis sieht das so, zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik: „Wir waren enttäuscht vom Ergebnis des Flüchtlingsgipfels. Wieder ein Arbeitskreis, wieder ein Gipfel im Herbst. Aber nehmen Sie uns doch mal mit, an der Basis kommt nicht an, was Sie machen.“

„Jeder hat eine Antwort verdient, und die bekommt er auch“

Der in die Defensive geratene Kanzler sieht die Schuld anderswo: „Der Teil, den man erklärt, ist vielleicht nicht der Teil, der dann gesendet wird, sondern eher, wer mit wem streitet.“ Er wolle Problem für Problem angehen und auch immer im Gespräch bleiben. „Jeder hat eine Antwort verdient, und die bekommt er auch“, betont Scholz. Deshalb sei er auch in die Sendung gekommen.

Thema des Gesprächs ist auch der zerstörte Kachowka-Staudamm in der Ukraine. „Das ist natürlich – nach allem was man annehmen kann – eine Aggression der russischen Seite, um die ukrainische Offensive zur Verteidigung des eigenen Landes aufzuhalten“, sagt Scholz. Das sei eine neue Dimension. Mit dem russischen Präsidentin Wladimir Putin habe er wegen des Kriegsverlaufs schon länger nicht mehr telefoniert, es werde aber wieder Gespräche geben, in denen Scholz den Krieg verurteilen wolle.

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Am Ende der Sendung will Moderatorin Atalay von den vier Gästen wissen, welchen Typ Kanzler sie sich wünschen würden. Chris Rücker will, „dass die Regierung uns nicht einen mit dem Knüppel vor den Kopf knallt“, sondern Scholz die Unsicherheit der Menschen erkenne und „die Dinge ein bisschen mehr zur Chefsache macht“. Landrätin Rathgeber zieht ein noch knapperes Fazit: „Seien Sie mehr on fire!“

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