Putins jüngste Eskalation

Russische Atomwaffen in Belarus? Westen reagiert überwiegend gelassen

Eine mit Nuklearsprengköpfen bestückbare Interkontinentalrakete vom Typ Topol wird  auf einer Rüstungsmesse präsentiert.

Eine mit Nuklearsprengköpfen bestückbare Interkontinentalrakete vom Typ Topol wird auf einer Rüstungsmesse präsentiert.

Moskau/Brüssel/Kiew. Die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten reagieren überwiegend gelassen auf die geplante Stationierung russischer Atomwaffen im befreundeten Nachbarland Belarus. Die Nato erklärte am Sonntag, die Allianz sehe keinen Handlungsbedarf mit Blick auf die eigenen Nuklearwaffen. Nach der Ankündigung von Kremlchef Wladimir Putin sei man aber wachsam und beobachte die Situation genau, teilte eine Sprecherin mit.

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Der Berater des Präsidentenbüros in Kiew, Mychajlo Podoljak, meinte, Putin gebe mit der Ankündigung zu, dass er Angst habe, seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verlieren. „Putin ist so berechenbar“, sagte er zu dessen Nuklearplänen. Zudem bestätige Putin einmal mehr, dass er in Verbrechen verwickelt sei, weil er nun den Vertrag zur Nichtweiterverbreitung atomarer Waffen verletze.

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Im Auswärtigen Amt in Berlin war von einem „weiteren Versuch der nuklearen Einschüchterung“ die Rede. Man halte diese Rhetorik für unverantwortlich, sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Montag in der Bundespressekonferenz in Berlin. „Wir werden uns selbstverständlich in unserem Kurs, die Ukraine in ihrer Selbstverteidigung zu unterstützen, dadurch nicht beirren lassen.“ Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums ergänzte, dass Putins Ankündigung die Lagebewertung nicht verändere.

Die Nato sei auf die Ankündigungen jedoch „längst eingestellt“, sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Nukleare Drohungen gehören seit Beginn des russischen Angriffskriegs zum Repertoire des Kreml.“

Die Verteidigung eines Nato-Landes gegen die Bedrohung durch Atomwaffen ist gewährleistet.

Arvydas Anusauskas,

Litauens Verteidigungsminister

„Die Verteidigung eines Nato-Landes gegen die Bedrohung durch Atomwaffen ist gewährleistet, unabhängig davon, ob diese Waffen westlich unserer Grenzen (Gebiet Kaliningrad), östlich (Belarus) oder nördlich (Gebiet Leningrad) stationiert sind“, schrieb Litauens Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas. Das baltische Land grenzt an die russische Exklave Kaliningrad sowie an Russlands Verbündeten Belarus.

Scharfe Kritik aus Polen

Scharfe Kritik kam indes aus Polen: „Wir verurteilen diese Verstärkung der Bedrohung des Friedens in Europa und der Welt“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Warschau der Agentur PAP zufolge am Sonntag.

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Die Ukraine hat eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats gefordert. Die Regierung in Kiew erwarte effektives Handeln von Großbritannien, China, den USA und Frankreich gegen die „nukleare Erpressung des Kremls“, auch in ihrer Funktion als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates, teilte das ukrainische Außenministerium am Sonntag mit.

Putin hatte am Samstag im Staatsfernsehen angekündigt, taktische Atomwaffen in Belarus zu stationieren - unter anderem mit der Begründung, dass auch die USA solche Waffen bei ihren europäischen Verbündeten, zum Beispiel in Deutschland, vorhielten. Im Auswärtigen Amt wies man diese Rechtfertigung zurück.

Ausbildung in Belarus soll in April beginnen

Die Ausbildung an den Waffen in Belarus soll laut Putin im April beginnen, die Depots für die Atomraketen sollen am 1. Juli fertig sein. In Belarus hatte Machthaber Alexander Lukaschenko, der von Putin abhängig ist, schon vor dem Krieg die Stationierung der Waffen gefordert. Belarus erhielte damit nach der freiwilligen Abgabe seiner Atomwaffen im Anschluss an das Ende der Sowjetunion erstmals seit den 1990ern Jahren wieder nukleare Raketen.

Das russische Vorgehen könnte jedoch aus Sicht der Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) zur Katastrophe führen. Putins Plan sei eine „extrem gefährliche Eskalation“, warnte die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Organisation in Genf. Bulgariens Vizepräsidentin Ilijana Jotowa rief zu Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien Russland und der Ukraine auf. Die Lage werde „immer gefährlicher und furchterregender“, sagte Jotowa in Sofia.

Putin will 1600 Panzer bauen

Putin kündigte in seinem Fernsehauftritt auch an, angesichts der westlichen Panzerlieferungen für die Ukraine die eigene Panzerproduktion auszubauen. „Die Gesamtzahl der Panzer der russischen Armee wird die der ukrainischen um das Dreifache übertreffen, sogar um mehr als das Dreifache“, sagte er. Während die Ukraine aus dem Westen 420 bis 440 Panzer bekomme, werde Russland 1600 neue Panzer bauen oder vorhandene Panzer modernisieren.

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Putin kündigt an: Russland stationiert Atomwaffen in Belarus

Russlands Präsident Wladimir Putin kündigt Verlegung von Atomwaffen nach Belarus an.

Ex-Präsident Dmitri Medwedew hatte diese Woche bereits die Produktion von 1500 Panzern angekündigt. In einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) zweifeln deren Experten dies jedoch an. Demnach kann Russlands einzige Panzerfabrik Uralwagonsawod (UVZ) monatlich nur 20 Panzer produzieren, verliere aber im Krieg in der Ukraine täglich ein Vielfaches davon.

Neue Drohnen aus dem Iran für Moskau

Russland hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste neue Drohnen aus dem Iran für den Krieg gegen die Ukraine erhalten. Nach zweiwöchiger Pause habe Russland seit März mindestens 71 iranische „Kamikaze-Drohnen“ vom Typ Shahed gegen ukrainische Ziele eingesetzt, teilte das Verteidigungsministerium in London am Sonntag mit. Das deute darauf hin, dass Russland aus dem Iran nun regelmäßige Lieferungen „einer kleinen Anzahl“ von Shahed-Drohnen erhalte. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Kriegsbeginn unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf.

Selenskyj dämpft Erwartungen an Gegenoffensive

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete eine „vollständige Niederlage Russlands“ im Krieg als beste „Garantie gegen neue Aggressionen und Krisen“. In einem Interview, dass in der japanischen Tageszeitung „Yomiuri Shimbun“ erschien, dämpfte Selenskyj indes die Erwartungen an eine baldige ukrainische Gegenoffensive. Diese könne noch nicht beginnen, weil Kiew dafür nicht genügend Waffen und Munition habe. Derzeit konzentrieren sich die Kämpfe vor allem auf die Städte Bachmut, Awdijiwka und Wuhledar im Osten der Ukraine.

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RND/dpa

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