Weitere Getreideschiffe dürfen ukrainische Häfen verlassen
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Das Frachtschiff «Star Helena» den Hafen von Odessa in der Ukraine. Nach Angaben des ukrainischen Ministeriums für Infrastruktur hat das Schiff unter der Flagge der Marshallinseln 45.000 Tonnen ukrainische Sonnenblumenkerne geladen.
© Quelle: Nina Lyashonok/AP/dpa
Am Sonntag haben vier weitere Schiffe mit landwirtschaftlichen Gütern die Genehmigung erhalten, ukrainische Häfen am Schwarzen Meer zu verlassen. Die beladenen Frachter sollen von Tschornomorsk und Odessa ablegen, wie das mit der Überwachung eines internationalen Abkommens zur Freigabe von mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide betraute Gremium mitteilte.
Das Abkommen wurde Ende Juli von der Türkei und den Vereinten Nationen zwischen der Ukraine und Russland vermittelt. Es soll Getreidefrachtern den Weg ebnen, die wegen des Krieges in Häfen am Schwarzen Meer festhängen.
Nach Angaben des Gemeinsamen Koordinierungszentrums sind drei der Schiffe mit insgesamt mehr als 171.000 Tonnen Mais beladen. Die „Glory“ habe das Ziel Istanbul, die „Star Helena“ steuere Nantong in China an, und die „Riva Wind“ fahre zum türkischen Hafen Iskenderun. Das vierte Schiff, die „Mustafa Necati“, bringe mehr als 6600 Tonnen Sonnenblumenöl nach Monopoli in Italien.
Das Zentrum gab auch erstmals grünes Licht für ein Richtung Ukraine fahrendes Schiff. Die „Osprey S“ werde am Montag vom Bosporus Richtung Tschornomorsk aufbrechen, hieß es.
Mais von Frachter „Razoni“ sollte aus Ukraine offenbar nach Syrien
Das mit dem Frachtschiff „Razoni“ gelieferte Getreide aus der Ukraine sollte offenbar vom Libanon aus weiter nach Syrien transportiert werden. Das Schiff hatte Stand Sonntagnachmittag allerdings gar kein Zielland mehr und wartete auf eine neue Order. Händler hätten vermutlich einen Teil der erwarteten Mais-Ladung im Libanon verkaufen und den Rest über Land ins benachbarte Syrien liefern wollen. Das sagten zwei libanesische Regierungsvertreter der Deutsche Presse-Agentur am Sonntag. Es stoppte unterdessen seine Fahrt und lag am Sonntag etwa eine gute Tagesfahrt vom Libanon entfernt vor Anker.
Die „Razoni“ - beladen mit 26.000 Tonnen Mais - hatte den ukrainischen Schwarzmeer-Hafen Odessa am Montag verlassen - als erstes Schiff im Rahmen entsprechender Abkommen. Nach einer Inspektion vor Istanbul am Mittwoch steuerte der Frachter den Hafen Tripoli im Libanon an. Das kleine Land steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte und importierte vor dem Krieg in der Ukraine mehr als 70 Prozent seines Getreides von dort.
Es habe „viel Rummel“ um die „Razoni“ gegeben, sagte Hani Buschali, Präsident des Konsortiums für Lebensmittelimporte im Libanon. „Die Welt stellt sich ein Hilfsschiff vor, das die Libanesen aus ihrer finanziellen Misere rettet. Offen gesagt ist das nicht der Fall“, sagte Boshali. „Der Libanon braucht Weizen, keinen Mais.“ Bis jetzt habe niemand das Gut auf der „Razoni“ öffentlich beansprucht. Mehr Klarheit werde es erst geben, wenn das Schiff tatsächlich anlege und die Ladung gelöscht werde.
Vom Libanon aus führen mehr als 20 illegale Grenzübergänge in das Bürgerkriegsland Syrien. Die meisten davon kontrolliert die mit dem Iran verbündete Hisbollah. Der Export von Lebensmitteln nach Syrien ist legal, wird aber erschwert durch Finanzsanktionen des Westens gegen die syrische Regierung von Präsident Baschar al-Assad. Die Hisbollah schmuggelt in großem Stil unter anderem Lebensmittel und Medizin nach Syrien.
Die „Razoni“ wurde eigentlich am Sonntag im Libanon erwartet. Der Website Marinetraffic zufolge änderte sie während der Fahrt dann aber unerwartet ihren Kurs. Am Sonntag lag das Schiff vor dem türkischen Mittelmeerhafen Iskenderun vor Anker - laut Marinetraffic mit dem neuen Ziel „Order“, also einem noch unbestimmten Ort, von dem aus ein Händler die geladene Ware bestellt. Die ukrainische Botschaft im Libanon teilte lediglich mit, die Ankunft sei „verschoben“ worden.
Neue Phase der russischen Invasion in die Ukraine
Kriegsbeobachter warnten am Sonntag, Russland verlege Truppen und Gerät in Richtung der Häfen, um eine ukrainische Gegenoffensive abzuwehren. Eine Eskalation des Konflikts dort könnte Auswirkungen auf die Getreidetransporte haben.
In den vergangenen vier Monaten hatte sich Russland darauf konzentriert, den gesamten Donbass unter seine Kontrolle zu bringen. Binnen 24 Stunden seien in Städten in der Region Donezk fünf Zivilisten durch Feuer von russischer oder prorussischer Seite getötet worden, erklärte Regionalgouverneur Serhij Hajdaj. Donezk ist der Teil des Donbass, der noch unter ukrainischer Kontrolle steht.
Das britische Verteidigungsministerium erklärte am Wochenende, die am 24. Februar begonnene russische Invasion in die Ukraine sei dabei, in eine neue Phase einzutreten. Dabei würden sich die Kämpfe nach Westen und Süden verlagern entlang einer rund 350 Kilometer langen Front, die von der Nähe der Stadt Saporischschja zum russischen besetzten Cherson reiche. Die Stadt am Dnjepr nahe der Mündung ins Schwarze Meer geriet früh unter russische Kontrolle, die Ukraine hat ihre Rückeroberung angekündigt. Cherson liegt nur rund 230 Kilometer von Odessa und dessen Hafen entfernt.
Die Stadt Mykolajiw, die täglich mit russischen Raketen beschossen wird, liegt noch näher an Odessa. Regionalgouverneur Witali Kim sagte, eine Industrieanlage am Stadtrand sei am Sonntag beschossen worden.
RND/AP/dpa