Schmähplastik “Judensau”: Auf die Absicht kommt es an
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Eine als «Judensau» bezeichnete mittelalterliche Schmähskulptur ist an der Außenwand der Stadtkirche Sankt Marien zu sehen.
© Quelle: Hendrik Schmidt/zb/dpa
Naumburg. Die "Judensau" bleibt. Die antisemitische Schmähplastik aus dem 13. Jahrhundert kann an der Wittenberger Stadtkirche sichtbar bleiben, weil sie in ein Gedenkkonzept mit einer Bodenplatte und einer Informations-Stele eingebunden ist. Das entschied jetzt das Oberlandesgericht Naumburg. Es liege keine Beleidigung der in Deutschland lebenden Juden durch die Wittenberger Kirchengemeinde vor.
Das Urteil überzeugt. Die evangelische Kirchengemeinde wollte bei ihrer Entscheidung, die Schmähplastik zu belassen, eben nicht Juden verächtlich machen und hat das auch nicht billigend in Kauf genommen. Vielmehr wollte sich die Kirchengemeinde der eigenen Geschichte stellen. Der historische christliche Antisemitismus sollte sichtbar bleiben, gerade auch an der Wittenberger Kirche Luthers, der selbst ein übler Antisemit war.
Ob die konkrete Auseinandersetzung geglückt ist, steht auf einem anderen Blatt. Die Bewertung von Gedenkkonzepten sollte aber der gesellschaftlichen Diskussion überlassen bleiben und nicht durch Gerichte entschieden werden. Die Kritik an der umständlichen Distanzierung der Wittenberger Bodenplatte ist ein Fall fürs Feuilleton und seine Debatten, nicht für juristische Unterlassungsklagen.
Zurecht kommt es immer auf die Absicht und den Kontext an. Deshalb ist auch das durchgestrichene und zertretene Hakenkreuz als Symbol der Antifa-Bewegung durchaus erlaubt - obwohl das Zeigen von NS-Symbolen an sich strafbar ist. Nazis können deshalb weder das durchgestriche Hakenkreuz noch die Judensau für ihre Zwecke nutzen.