„Seit Merkel regiert, hat sich die Partei zurückgelehnt“
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Henning Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU
© Quelle: Foto: dpa
Herr Otte, wie stark erregt es die CDU-Basis, wenn sie immer wieder merkt, dass sie in einem Kanzlerinnenwahlverein ist?
Die CDU ist eine Volkspartei, die stolz darauf ist, die Bundeskanzlerin zu stellen. Jetzt geht es um den Gestaltungsanspruch. Seit 2005 erklären wir als CDU zwar immer den Kabinettskonsens, aber immer weniger unsere eigenen Parteiinhalte.
Wer ist dafür verantwortlich?
Selbstkritisch sage ich: Seit Merkel regiert, hat sich die Partei ein wenig zurückgelehnt nach dem Motto: Die Kanzlerin macht das schon. Wir müssen aber den Anspruch erheben, Partei für Deutschland zu sein. Das ist unsere Chance angesichts der SPD-Schwäche und wegen der rechten Einseitigkeit der AfD. Dazwischen ist genug Platz für eine gestärkte, eigenständige CDU.
Sie fordern ein neues Grundsatzprogramm zur Justierung. Darf das im Kanzleramt geschrieben werden?
Die Erkennbarkeit der CDU ist ein wenig verloren gegangen. Das beunruhigt die Mitglieder. Das neue Grundsatzprogramm muss Inhalte und Werte angesichts neuer Herausforderungen in einer um ihren Zusammenhalt ringenden Welt formulieren. Bis 2020 sollte die Zeit genutzt werden. Das Programm darf nicht zentral in der Regierungsmetropole Berlin erarbeitet werden, sondern muss dezentral aus den Regionen der CDU-Landesverbände erwachsen. Die Mitglieder müssen dabei vor Ort abgeholt werden. Das ist mehr Basisdemokratie als der aktuelle SPD-Abstimmungsprozess.
Seit der Nominierung von Annegret Kramp-Karrenbauer als Generalsekretärin atmen manche auf. Braucht die CDU, wie einst mit Heiner Geißler, wieder eine geschäftsführende Vorsitzende?
Annegret Kramp-Karrenbauer strahlt eine natürliche Autorität aus, kennt die CDU, und jeder glaubt ihr, dass sie um die CDU als stabile Kraft in der politischen Mitte kämpft. „AKK“ wird die Partei nach innen wie nach außen repräsentieren.
Wieso tut sich Frau von der Leyen mit der Bundeswehr so schwer?
Frau von der Leyen hat als Ministerin viele notwendige Trendwenden eingeleitet. Das verschafft der Bundeswehr im Ergebnis eine finanzielle, materielle und auch personelle Stärkung. Das muss allerdings auch schneller ankommen. Die Verteidigungsministerin muss stärker das Herz in der Truppe gewinnen.
Kann sie das?
Das scheint schwierig zu sein.
Von Dieter Wonka