Silvestervideo der Verteidigungsministerin: Opposition angriffslustig, Regierungssprecher ratlos
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Christine Lambrecht (SPD), Bundesministerin der Verteidigung.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Die Union ließ an der Ministerin kein gutes Haar. „Das Video zeigt nochmal deutlich, dass sie die Falsche in diesem zentralen Amt ist – und das in diesen Kriegszeiten in Europa“, sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) über Christine Lambrecht. „Sie findet keine Einstellung zu dem Amt und den damit verbundenen Aufgaben.“
Wadephuls CDU-Parteifreund Hennig Otte, stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, sagte: „Die Verteidigungsministerin lässt mit diesem Video das notwendige Gespür für die sicherheitspolitische Lage und die Ernsthaftigkeit ihrer Verantwortung für die Truppe vermissen.“ Überdies gebe es darin „kein Wort davon, wie sie die Gefechtsstrukturen der Bundeswehr an die gestiegenen Nato-Anforderungen anpassen oder welche Führungsentscheidungen sie im neuen Jahr – ein Jahr nach Kriegsausbruch in Europa – treffen will“. Otte fuhr fort: „Offenbar keine. Das ist zu wenig und zu ambitionslos.“
Nicht der erste Fall
In dem am Wochenende über Instagram verbreiteten Video bilanziert die SPD-Politikerin das Jahr 2022, ist aber mehrfach kaum zu verstehen, weil hinter ihr Raketen pfeifen und Böller explodieren. Das Jahr habe uns alle vor unglaubliche Herausforderungen gestellt, sagt Lambrecht. „Mitten in Europa tobt ein Krieg. Und damit verbunden waren für mich ganz viele besondere Eindrücke, die ich gewinnen konnte. Viele, viele Begegnungen mit interessanten, mit tollen Menschen.“ Das Video wirkt, als sei es spontan entstanden – und bringt die Verteidigungsministerin erneut in die Bredouille.
Für die Union ist es ein gefundenes Fressen. Denn der Film bietet ihr die Gelegenheit, Lambrecht wieder ins Visier zu nehmen. Schließlich ist die Ministerin längst sehr geschwächt. So nahm sie bei einem dienstlichen Hubschrauberflug ihren Sohn mit, der bei Instagram postwendend ein Foto postete, oder erweckte den Eindruck, als sei bereits beschlossene Sache, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei der hessischen Landtagswahl als SPD-Spitzenkandidatin ins Rennen geht.
Fachlich steht Lambrecht ohnehin unter Druck. So wurde unlängst publik, wie sehr es der Bundeswehr an Munition fehlt. Ein Spitzengespräch dazu von Beamten und Vertretern der Rüstungsindustrie fand im Kanzleramt statt, nicht im Verteidigungsministerium. Bald darauf streikten bei einer Übung alle 18 Schützenpanzer vom Typ Puma – obwohl sie seit Neujahr eigentlich der Nato-Speerspitze VJTF dienen sollten, in der die Bundeswehr jetzt die Führung hat.
CDU fordert Entlassung: Kritik an Lambrechts Rede vor Feuerwerk
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht steht schon wegen schleppender Beschaffung von Ausrüstung und Waffen für die Bundeswehr in der Kritik.
© Quelle: dpa
Zugeknöpfte Antworten aus Regierungskreisen
Vertreter der Bundesregierung taten sich am Montag in der Bundespressekonferenz jedenfalls schwer, Fragen von Journalisten zu beantworten – wie etwa die, ob Lambrechts Silvesterbotschaft mit dem Feuerwerk im Hintergrund angesichts des Ukraine-Krieges angemessen sei. „Ich sehe jetzt keinen Anlass, das zu bewerten“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Arne Collatz, Vizesprecher des Bundesverteidigungsministeriums, sagte: „Die Worte der Ministerin im Video stehen für sich. Es ist nicht an mir, das zu kommentieren.“
Collatz verwies ferner mehrfach darauf, dass das Video auf Lambrechts privatem Instagram-Account veröffentlicht wurde – wo es Ministeriumssprecher Christian Thiels, Collatz‘ Vorgesetzter, likte. Zu dem Hinweis, dass die Ministerin auf dem privaten Account zuletzt auch Fotos teilte, die von der Bundeswehr gemacht und vom Steuerzahler bezahlt wurden, erwiderte Collatz: „Bei diesem Post kann ich grundsätzlich ausschließen, dass dafür dienstliche Ressourcen genutzt wurden.“ Das klang wie: So ein Video würden wir niemals unterstützen.
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Glücksfall für den Kanzler
Ein Militärexperte, der anonym bleiben will, sagte, dass das Video in jeder Hinsicht „völlig unangemessen“ sei. Dennoch sei Lambrecht für Kanzler Olaf Scholz auch „ein Glücksfall“, denn er fälle die zentralen politischen Entscheidungen, und sie werde im Zweifel kritisiert.
Unterdessen klang das Statement der FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ebenfalls nicht begeistert. Sie finde das Setting des Videos „etwas unglücklich“, erklärte die Liberale. „Mehr möchte ich dazu nicht sagen.“