Steht der Soli vor dem Aus? Darum geht es am Dienstag vor dem Bundesfinanzhof
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Der Bundesfinanzhof befasst sich mit dem Solidaritätszuschlag.
© Quelle: Marc Müller/dpa
Berlin. Der Streit über die Rechtmäßigkeit des Solidaritätszuschlags ist so alt wie die Abgabe selbst. Bislang hat der Bundesfinanzhof (BFH) als höchstes deutsches Finanzgericht den Solizuschlag, der in den 1990er-Jahren zur Finanzierung des Aufbaus in Ostdeutschland eingeführt worden war, stets als verfassungsgemäß eingeordnet. Doch seit dem Auslaufen des Solidarpakets und einer Reform der Abgabe in der vergangenen Wahlperiode ist eine neue Lage entstanden, die möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Bewertung führt. Am Dienstag könnte es erste Hinweise darauf geben, ob der Zuschlag weiter erhoben werden kann oder bald Geschichte sein wird: In mündlicher Verhandlung beschäftigt sich der BFH mit der Frage, ob die aktuelle Regelung des Soli noch dem Grundgesetz entspricht.
Soli-Zuschlag wird vom höchsten Steuergericht geprüft
Der Bundesfinanzhof verhandelt am Dienstag darüber, ob der Solidaritätszuschlag noch verfassungsgemäß ist. Ein Ehepaar hat gegen die Zusatzabgabe geklagt.
© Quelle: dpa
In einem Musterverfahren des Bundes der Steuerzahler wehrt sich ein Ehepaar aus Bayern gegen die Festsetzung der Vorauszahlungen zum Solizuschlag für 2020 und 2021. Nach Auffassung der Kläger ist die verfassungsmäßige Grundlage für die Erhebung weggefallen, weil der Solidarpakt II zur Unterstützung der neuen Länder Ende 2019 ausgelaufen ist. Das Finanzgericht Nürnberg wies die Klage ab, weshalb das Ehepaar Revision beim BFH beantragte.
Lindner will 10 Milliarden Euro weniger Einnahmen in Kauf nehmen
Der Solizuschlag von 5,5 Prozent der Einkommensteuerschuld wurde auch nach dem Auslaufen des Solidarpaktes zunächst unverändert erhoben, dann aber Anfang 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler komplett abgeschafft. Gezahlt werden muss der Soli erst ab einem zu versteuernden Einkommen von rund 63.000 (Verheiratete 126.000) Euro, wobei die Belastung schrittweise ansteigt. Auf die Körperschaft- und Abgeltungssteuer wird die Abgabe ebenfalls weiter erhoben.
Zwischen den Ampelparteien ist das Thema Solizuschlag umstritten, weshalb es im Koalitionsvertrag ausgeklammert wurde. Während SPD und Grüne daran festhalten wollen, hält die FDP eine Abschaffung für ökonomisch notwendig – auch wenn Finanzminister Christian Lindner (FDP) so Einnahmen von rund 10 Milliarden Euro jährlich verlieren würde. Die FDP-Bundestagsfraktion hat ihre zu Oppositionszeiten beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Klage gegen den Soli auch nicht zurückgezogen.
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Der Finanzminister steht nicht zum Regierungshandeln
Weil Lindner auf der Seite der Kläger steht, hat er sich zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen: Er entschied, dass das Finanzministerium, das normalerweise das Regierungshandeln verteidigen müsste, nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wird. Das sorgt wiederum für Kritik zum Beispiel bei den Grünen: Er habe kein Verständnis für die Entscheidung des Ministers, kritisierte Berlins Finanzsenator Daniel Wesener. „Diese Arbeitsverweigerung verkennt die gesellschaftliche Realität“, sagte der Grünen-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). So habe der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung angemahnt, höhere Einkommen stärker an den Krisenkosten zu beteiligen. „Lindner wird seiner Verantwortung nicht gerecht, wenn er sein Amt für Klientelpolitik missbraucht“, beklagte der
Kommt der BRH zu der Überzeugung, dass die Regelungen zum Solizuschlag verfassungswidrig sind, muss er das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Andernfalls bestätigt er die Entscheidung der ersten Instanz. Dann haben die Kläger ihrerseits die Möglichkeit, gegen den BFH-Beschluss Verfassungsbeschwerde einzulegen.