Steinmeier nach Gedenken für Flutopfer: “Sie sind nicht allein! Wir hören Sie! Wir vergessen Sie nicht!”

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Aachen. Mit einem Gedenkgottesdienst im Aachener Dom haben die Kirchen und Spitzenvertreter des Staates am Samstag an die Opfer der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli erinnert, bei der ganze Landstriche zerstört wurden und mehr als 180 Menschen ums Leben kamen. Steinmeier rief im Anschluss zu schneller Hilfe für die Betroffenen auf.

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Gott selbst habe mit den Opfern gelitten und sei in den Helfern erfahrbar gewesen, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, in seiner Predigt. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte, trotz des Ausmaßes von Zerstörung und Leid zeige sich in der „übergroßen Hilfsbereitschaft“ ein Schimmer der Hoffnung.

An dem ökumenischen Gottesdienst nahmen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Präsidenten von Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht sowie die Ministerpräsidenten der betroffenen Bundesländer, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU) und seine rheinland-pfälzische Kollegin Malu Dreyer (SPD), teil.

Außerdem waren Flutopfer, Helfer und Notfallseelsorger gekommen. Zu den prominenten Gästen gehörten zudem zahlreiche Vertreter von Kirchen und Religionsgemeinschaften aus den betroffenen Regionen in Deutschland sowie in Belgien und den Niederlanden.

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Steinmeier: „Tun Sie alles Menschenmögliche, damit denen schnell geholfen wird”

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief im Anschluss an den Gottesdienst die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden zu schneller Hilfe für die Betroffenen auf. „Tun Sie alles Menschenmögliche, damit denen schnell geholfen wird, die diese Hilfe jetzt so dringend brauchen”, sagte Steinmeier. Die Hoffnung der Menschen in den Katastrophengebieten auf Unterstützung dürfe nicht enttäuscht werden, sie bräuchten auch längerfristig Hilfe und Aufmerksamkeit. Bund und Länder haben Hilfen von bis zu 30 Milliarden Euro zugesagt.

Steinmeier sprach den Hinterbliebenen sein tiefes Beileid aus und erinnerte an das Ausmaß der Zerstörungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch in den Nachbarländern: „Wir denken heute an die Menschen, denen die Fluten alles genommen haben: ihre Häuser, ihr Hab und Gut, ihre Erinnerungen, ihre Lebensträume”, sagte der Bundespräsident vor Betroffenen und Helfern sowie Spitzenvertretern von Politik und Kirchen aus dem In- und Ausland.

Das Staatsoberhaupt dankte für die „überwältigende Hilfsbereitschaft” von Feuerwehr, Polizei, Rotem Kreuz, Bundeswehr und Verwaltungen sowie vielen Freiwilligen und Ehrenamtlichen, die angesichts der erschütternden Bilder aus ganz Deutschland angereist seien. Auch die großzügigen Spenden zeigten: „In der Stunde der Not sind wir ein starkes, solidarisches Land. Wir helfen einander. Wir stehen zusammen.”

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Steinmeier spricht von schmerzhafte Einsicht

Es sei eine schmerzhafte Einsicht, „dass wir uns vielleicht zu sehr in Sicherheit gewiegt haben”, sagte Steinmeier und mahnte auch mit Blick auf die Corona-Pandemie, die Antwort auf die jüngsten Erfahrungen könne nicht “einfach zurück zur Tagesordnung” lauten: „Wir müssen Lehren ziehen aus dieser doppelten Katastrophenerfahrung und uns besser vorbereiten für künftige Krisen.” Dazu gehöre, den Klimawandel mit aller Entschlossenheit zu bekämpfen. Seine Folgen hätten Europa erreicht, das zeige sich in diesem Sommer an verheerenden Regenfällen und an Feuersbrünsten rund um das Mittelmeer.

„Auch wir in Deutschland müssen uns darauf einstellen, dass wir in Zukunft häufiger und heftiger von extremen Wetterlagen getroffen werden”, warnte Steinmeier. „Und wir müssen viel umfassender Vorsorge treffen, um uns besser zu schützen.” Mitmenschlichkeit und Solidarität ließen aber zuversichtlich in die Zukunft schauen, betonte der Bundespräsident und sagte an die Adresse der Betroffenen: „Sie sind nicht allein! Wir hören Sie! Wir vergessen Sie nicht!”

EKD-Ratsvorsitzender ruft zum Umdenken auf

Der EKD-Ratsvorsitzende rief in seiner Ansprache zu einem Umdenken in Politik und Gesellschaft auf. „Vielleicht - das ist meine Hoffnung - werden Menschen in 20 Jahren zurückschauen auf diese Tage und im Rückblick sagen: Die Dramatik dessen, was damals passiert ist, die Abgründe an Leid, haben unser Land zum Nachdenken gebracht und zu einem Neuanfang geführt“, sagte Bedford-Strohm.

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Die Hochwasser seien „die Folgen des menschengemachten Klimawandels“ gewesen. Nötig seien eine Veränderung der Prioritäten in der Politik und die Entwicklung eines klimafreundlicheren Lebensstils. Er hoffe, „dass das Leid der Menschen, an dem wir alle so großen Anteil nehmen, unser Land verändert. Dass wir alles dafür tun, damit Menschen in der Zukunft solches Leid erspart bleibt.“

Bischof Bätzing drückte seine Sprachlosigkeit angesichts der Katastrophe und des Unglücks der Menschen aus. „Welch eine Zerstörung in so kurzer Zeit! Was für eine Not! Es verschlägt einem die Sprache“, sagte er. Viele Menschen müssten den Tod ihrer Angehörigen betrauern, hätten Hab und Gut verloren. Angesichts dieser Erfahrungen sei es wichtig, „dass wir über all das Geschehene sprechen“.

Nun brauche es „Zeit, bis Erfahrungen sacken, Verlust und Verletzungen verarbeitet werden können“. Eine Hilfe könnten bekannte Worte und Gebete wie das Vaterunser und die biblischen Psalmen sein.

RND/epd

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