Streit um Rückgaben: Hohenzollern schließen ersten Vergleich

Die Burg Rheinfels im Mittelrheintal bleibt im Eigentum der Stadt St. Goar.

Die Burg Rheinfels im Mittelrheintal bleibt im Eigentum der Stadt St. Goar.

Berlin. Im Rheinland ist der Streit der Hohenzollern mit dem demokratischen Staat bereits beigelegt. Die malerisch über dem Fluss gelegene Burg Rheinfels bleibt im Eigentum der Stadt St. Goar. Der Ururenkel des ersten deutschen Kaisers, Georg Friedrich Prinz von Preußen, hatte auf Rückgabe der Burg geklagt.

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Seit 1924 gehört diese der Stadt St. Goar, sie hat die Auflage, das Gemäuer nicht zu verkaufen. 1998 schloss die Kommune mit dem Hotel neben der Burgruine einen Erbpachtvertrag für 99 Jahre – mit der Option auf eine ebenso lange Verlängerung. Der Prinz sah das als unzulässigen Verkauf an.

In einem Vergleich wird die Stadt nun einen Aufschlag auf den Eintrittspreis für die Burgruine erheben, der der gemeinnützigen Prinzessin-Kira-von-Preußen-Stiftung zugutekommt. Die Stiftung kümmert sich um benachteiligte Jugendliche.

Haben die Hohenzollern Hitler mit an die Macht gebracht?

In Berlin ging es am Mittwoch in einer öffentlichen Anhörung des Bundestags um weit umfassendere Forderungen des Prinzen: 1,2 Millionen Euro Entschädigung für enteignete Immobilien und den Zugriff auf Gemälde und andere Kunstschätze. Der Vergleich von St. Goar kam auch vor – als hoffnungsvolles Signal, dass sich beide Seiten annähern könnten.

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Die Grünen hatten die Anhörung gefordert. Sie glauben, beweisen zu können, worüber sich Historiker seit Jahren streiten: dass die Hohenzollern vor dem 30. Januar 1933 erheblich daran beteiligt waren, Hitler an die Macht zu bringen. Wer „dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub leistet“, hat keinen Anspruch auf Entschädigungen nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz von 1994.

Georg Friedrich Prinz von Preußen.

Georg Friedrich Prinz von Preußen.

Die Linken fordern in einem eigenen, provokanten Antrag, dass die Hohenzollern enteignet werden sollen, falls ihnen ein Gericht zuvor Entschädigungen zuspricht.

„Weiteren Spielraum für Verhandlungen sehen wir nicht.“

Christoph Vogtherr, Chef der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten

Zurzeit herrscht Stillstand im Clinch zwischen Staat und Adel: Ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam ruht ebenso wie die Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg mit den Hohenzollern. Christoph Vogtherr, Chef der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, sprach von Forderungen der Hohenzollern auf Rückgabe von Kunstwerken und Möbeln, die „dem öffentlichen Interesse widersprechen“.

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Auf eine Vorschlagsliste der Länder hätte der Preußenprinz mit einer weit umfassenderen Liste geantwortet. Nun herrscht ein Patt. „Weiteren Spielraum für Verhandlungen sehen wir nicht“, stellte Vogtherr klar, der sich zum ersten Mal öffentlich zu den Rückgabeforderungen äußerte.

Historiker waren zur Anhörung geladen

Der SPD-Abgeordnete Helge Lindh forderte die Hohenzollern auf, „mental endgültig in der bundesrepublikanischen Demokratie anzukommen“. Und spätestens da wurde klar, welche Fallhöhe diese Anhörung bekommen konnte. Die Extrempositionen vertraten der AfD-Mann Marc Jongen, der „antipreußische Ressentiments“ in der Debatte geißelte, und der Linken-Abgeordnete Jan Korte, der Bertolt Brecht paraphrasierte und die Frage aufwarf, wer die Schlösser der Hohenzollern eigentlich gebaut hatte.

Die geladenen Historiker Peter Brandt, Stephan Malinowski und Stefanie Middendorf waren sich einig, dass der überwiegende Teil der Geschichtswissenschaft dem Kronprinzen um 1933 eine fatale Rolle beim Tod der ersten deutschen Demokratie zuschreibt. Ihr Fachkollege Benjamin Hasselhorn zweifelte diese Sicherheit an und bekam Zuspruch von den CDU-Abgeordneten im Ausschuss.

Selbst hohe Nazi-Diplomaten wurden entschädigt

Die Union hatte nicht nur Hasselhorn, sondern auch zwei Vermögensrechtsanwälte nominiert. Einer von ihnen, Hartmut Scheidmann, skizzierte, wie ein mögliches Gerichtsverfahren aussehen könnte: „Der Richter wäre erst einmal schockiert, dass er so eine Frage entscheiden muss“ – und würde ein weiteres Gutachten in Auftrag geben.

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Sein Kollege Marc Laudien warf ein, dass die juristische Klausel der „erheblichen Vorschubleistung“ noch nicht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wurde. Zudem verwies er darauf, dass die Familie von Bismarck erfolgreich auf Entschädigung geklagt habe – obwohl Otto von Bismarck junior hochrangiger Diplomat im Dienst des NS-Regimes war. „Der Kronprinz hingegen war weder Mitglied der Partei noch der SA noch der SS, nur zwei Jahre im Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps, weil er gerne Motorrad fuhr.“

Vielleicht wäre es an der Zeit, sagte Scheidmann, „über einen angemessenen Vergleich zu reden“.

Nur so einfach wie in St. Goar dürfte dieser nicht zu bekommen sein.

Die Brandenburger Landesregierung jedenfalls will voraussichtlich bis zum Frühjahr darüber entscheiden, wie sie mit den Entschädigungsforderungen der Hohenzollern weiter umgeht. Finanzministerin Katrin Lange (SPD) erklärte am Mittwoch in Potsdam: „Es sind aus meiner Sicht in dieser Frage eine ganze Reihe von Aspekten sehr sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Und zwar ganz sachlich und mit kühlem Kopf.“


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