Widerstand gegen Pekings langen Arm

Trotz Australiens harter Gangart: China lockert Handelsbarrieren

Wang Wenbin, Sprecher des chinesischen Außenministeriums.

Wang Wenbin, Sprecher des chinesischen Außenministeriums.

Sydney. Australien wehrt sich seit Jahren gegen Pekings langen Arm. Schon 2017 sprach Australiens damaliger Premierminister Malcolm Turnbull von „beunruhigenden Berichten über chinesischen Einfluss“ und stellte neue Gesetze vor, die politische Spenden und Spionage aus dem Ausland unter Kontrolle bekommen sollten. 2018 schloss Australien dann als erstes Land die chinesische Telekommunikationsfirma Huawei beim Aufbau seines 5G-Mobilfunknetz aus.

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Auch nach dem Abschuss des vermeintlichen chinesischen Spionageballons über den USA reagierte Canberra: Chinesisch gefertigte Überwachungskameras in Verteidigungsanlagen und Regierungsgebäuden werden aus Sicherheitsgründen entfernt. Und auch im Wissenschaftsbereich soll „aufgeräumt“ werden, wie der staatliche Sender ABC berichtete. So sollen einige australische Institutionen Allianzen oder Kooperationen mit Organisationen eingegangen seien, deren einzige Absicht vermutlich darin bestand, Chinas militärische Stärke aufzubauen. Zudem beschwerten sich Akademikerinnen und Akademiker wie auch Studierende, dass sie unter Druck gesetzt worden seien, damit sie keine Kritik an der Führung in Peking üben.

Geistiges Eigentum in Gefahr

Laut Bart Hogeveen vom Australian Strategic Policy Institute (ASPI), einem Thinktank, der hauptsächlich vom australischen Verteidigungsministerium finanziert wird, gibt es „ausreichende Anzeichen“ dafür, dass China nach Technologieinformationen und geistigem Eigentum aus Übersee sucht, wie er der ABC sagte. Chinesische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu beschäftigen ist für Australien damit zum Sicherheitsrisiko geworden.

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Doch obwohl Canberra mit seinem Misstrauen gegenüber Peking nicht hinterm Berg hält, versuchen die Regierungen beider Länder, ihre Beziehungen wieder zu normalisieren. Nachdem die kommunistische Führung Australien wegen diverser „australischer Fehltritte“ wie der Forderung nach einer Aufklärung des Ursprungs der Pandemie über Jahre hinweg mit Handelsbarrieren abgestraft hatte, geht sie jetzt wieder auf das Land zu. Regierungsvertreter sprechen wieder miteinander, in der vergangenen Woche beispielsweise kamen der chinesische und der australische Handelsminister zumindest virtuell zusammen. In dem 90-minütigen Gespräch wurde auch ein persönlicher Besuch des australischen Handelsministers Don Farrell in Peking angedacht.

Erfolgreiche Diversifizierung

Gleichzeitig tauen die lange Zeit eingefrorenen Handelsbeziehungen zwischen den Ländern wieder auf: Australiens Kohlelieferungen nach China starteten nach mehr als zwei Jahren wieder, wie Bloomberg meldete. Laut der Agentur ist der Frachter „Magic Eclipse“ mit metallurgischer Kohle aus Australien am Donnerstagmorgen vor der südchinesischen Hafenstadt Zhanjiang vor Anker gegangen. Außerdem besteht Hoffnung auf eine Wiederaufnahme des Hummer- und Weinverkaufs nach China. Dass China mit seinem Boykott australischer Waren eingeknickt ist, kann nicht wirklich an einem Richtungswechsel Australiens liegen. Denn die grundsätzlichen Positionen Canberras haben sich trotz des Regierungswechsels im Mai nicht geändert. Nur die Rhetorik der neuen sozialdemokratischen Spitze unter Premierminister Anthony Albanese ist sanfter geworden.

07.10.2021, Taiwan, Taipeh: Ein Militärhubschrauber zieht eine riesige Taiwan-Fahne hinter sich her und fliegt vor den Feierlichkeiten des Nationalfeiertag am Hochhaus «Taipei 101» vorbei. Die militärischen Bedrohungen von China nehmen zu. China hat eine Rekordzahl ihrer Militärjets in Taiwans Identifikationszone für die Luftverteidigung (ADIZ) geschickt, während das Land bessere Beziehungen zu den USA, Australien, Japan und weiteren europäischen Ländern, wie Litauen, Polen und der Tschechischen Republik, aufbaut. Foto: Daniel Ceng Shou-Yi/ZUMA Press Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

„Chinas rote Linien nicht überschreiten“

Seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine befürchten manche, dass China dies als Vorbild für einen Einmarsch in Taiwan nehmen könnte. Wie sehen die Taiwaner selbst diese Entwicklung? Kann es jemals zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Peking und Taipeh kommen? Der taiwanische Aktivist und Journalist Brian Hioe gibt im RND-Interview seine Einschätzungen.

Vielmehr könnte das chinesische Einlenken damit zu tun haben, dass die wirtschaftliche Schikane nicht wirklich fruchtete und Peking sich damit teilweise selbst schadete. Australien hat es in den vergangenen Jahren auf beispielhafte Weise geschafft, seine Exporte zu diversifizieren. Laut ASPI sank Chinas Anteil am australischen Exportmarkt von 42 Prozent im Juli 2021 auf nur 29 Prozent im August letzten Jahres. Australiens Exporteinnahmen in den zwölf Monaten bis November waren mit 585 Milliarden Australischen Dollar (fast 380 Milliarden Euro) um 200 Milliarden Dollar (fast 130 Milliarden Euro) oder 55 Prozent höher als in den zwölf Monaten, bevor China begann, einige australische Waren zu boykottieren.

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Australiens Faustpfand

Das Tauwetter wird laut des australischen Thinktanks aber auch davon angefacht, dass China sich nach Ende seiner Zero-Covid-Politik wieder verstärkt der Welt öffnen will. China hat großes Interesse daran, dem Handelsabkommen CPTPP (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership) beizutreten. Dieses entstand, als die USA unter dem früheren Präsidenten Donald Trump die Transpazifische Partnerschaft (TPP) verließen. Am CPTPP haben sich Australien, Brunei, Kanada, Chile, Japan, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam beteiligt.

China würde von einem Beitritt zu dem Abkommen profitieren und seine Wirtschaftsbeziehungen im asiatisch-pazifischen Raum festigen. Um einen chinesischen Beitritt zu ermöglichen, müssen aber alle Parteien zustimmen. Das heißt, China braucht auch das Wohlwollen Canberras. Letzteres sei nicht öffentlich ausgesprochen worden, schrieb David Uren vom ASPI in einer Abhandlung des Thinktanks. „Aber es wäre nicht überraschend, wenn Australien China einen Hinweis gegeben hätte, dass es seinen Antrag nicht blockieren wird“, meinte der Strategieexperte.

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