Ehemaliger Geheimdienstchef

Der Mann, der alles weiß: Hakan Fidan ist der neue Außenminister der Türkei

Hakan Fidan ist der neue Außenminister der Türkei.

Hakan Fidan ist der neue Außenminister der Türkei.

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Fidan gehört zu den Männern der ersten Stunde, die Erdogan seit über 20 Jahren begleiten. Kaum jemandem vertraut Erdogan mehr, und kaum einer kennt nach 13 Jahren an der Spitze des türkischen Geheimdienstes MIT so viele Geheimnisse wie Fidan. Das macht ihn zu einem der mächtigsten Männer in der Türkei.

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Jeder in der Türkei kennt Fidans Namen, aber die Öffentlichkeit weiß wenig über ihn. Er wurde 1968 in Ankara geboren, sein Vater war ethnischer Kurde. Fidan studierte Betriebswirtschaft und politische Wissenschaften an der Universität Maryland in den USA und promovierte an der Bilkent Universität in Ankara. 15 Jahre lang diente er als Offizier in der türkischen Armee. Unter anderem war er bei der Schnellen Eingreiftruppe der Nato in Deutschland stationiert. Erdogan berief ihn 2003 nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten zum Direktor der staatlichen Entwicklungshilfebehörde Tika. 2007 wechselte Fidan als Staatssekretär ins Amt des Ministerpräsidenten. Seine Schwerpunkte dort waren die Außen- und Sicherheitspolitik. 2010 ernannte Erdogan ihn zum Direktor des Geheimdienstes MIT. Die meisten Menschen in der Türkei nennen den Dienst nur „Die Organisation“.

Vor allem unter Regierungskritikern ist der MIT gefürchtet. Unter Fidan hat der Dienst seine Aktivitäten im Ausland erheblich ausgeweitet. Er spielt eine wichtige Rolle bei den Militäreinsätzen der Türkei im Nordirak, Syrien und Libyen sowie bei der Jagd auf regierungskritische Exil-Türkinnen und -Türken. In den vergangenen Jahren verschleppten MIT-Agenten über 100 angebliche Anhängerinnen und Anhänger des Erdogan-Erzfeindes Fethullah Gülen aus dem Ausland in die Türkei. Auch in Deutschland spioniert der MIT Erdogan-Kritikerinnen und Erdogan-Kritiker aus.

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Fidan ist außenpolitisch erfahren

Nun übernimmt Fidan erstmals ein Ministerium. Aber die Außenpolitik ist kein Neuland für den 54-Jährigen, im Gegenteil. In vielen Rollen war er im Hintergrund seit Jahren an allen wichtigen außenpolitischen Entscheidungen beteiligt. Als Erdogans „Schatten-Außenminister“ bereitete er in Geheimgesprächen die Wiederannäherung der Türkei an Israel und Ägypten vor, hielt enge Kontakte zu Kiew und Moskau, um im Ukraine-Konflikt zu vermitteln. Zuletzt arbeitete Fidan daran, einen Gesprächsfaden zum syrischen Machthaber Baschar al-Assad zu knüpfen. Dabei ging es vor allem um eine Strategie zur Repatriierung syrischer Geflüchteter.

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Fidan ist international gut vernetzt. Er begleitete Erdogan und dessen bisherigen Außenminister Mevlüt Cavusoglu auf vielen wichtigen Reisen, etwa nach Washington und Moskau. Bereits als Geheimdienstchef bewies Fidan nicht nur diplomatisches Geschick. Er ist, im Gegensatz zu seinem konzeptionell eher unbedarften Vorgänger Cavusoglu, auch ein strategischer Kopf.

Beide Eigenschaften wird er in seinem neuen Amt brauchen. Die Türkei steht außenpolitisch vor großen Herausforderungen. Sie muss ihre Interessen zwischen dem wichtigen Wirtschaftspartner und Energielieferanten Russland auf der einen und dem Westen auf der anderen Seite besser ausbalancieren als bisher. Ein wichtiges Thema für Ankara bleibt auch die Wiederannäherung an das Assad-Regime in Damaskus. Denn dessen Zustimmung braucht Erdogan, wenn er die in der Türkei zunehmend unbeliebten syrischen Geflüchteten nach Hause schicken will. Eine der dringlichsten Fragen ist der Nato-Beitritt Schwedens, den Erdogan bisher blockiert. Davon hängt eine Wiederannäherung des außenpolitisch isolierten Landes an den Westen ab. Auch die zerrütteten Beziehungen zur EU und der Dauerkonflikt mit dem Nachbarn und Nato-Partner Griechenland sind große Baustellen.

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Erdogan und sein neuer Außenminister müssen diese Probleme schnell lösen, vor allem mit Blick auf die desolate Wirtschaftslage: Das Land, das in einer tiefen Währungskrise steckt, muss das erschütterte Vertrauen der Investoren und Anleger zurückgewinnen. Dafür soll vor allem der neue Finanzminister Mehmet Simsek sorgen. Aber auch die Außenpolitik wird dabei eine Schlüsselrolle spielen.

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