Drohung aus Belarus: Lukaschenko warnt vor „völliger Zerstörung“ der Ukraine
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Der belarussische Präsident Aleksander Lukaschenko.
© Quelle: IMAGO/SNA
Die jüngsten Forderungen Russlands, Kiew möge sich zu Verhandlungen bereit erklären, sind nun auch in Belarus aufgegriffen worden. Präsident Aleksander Lukaschenko drohte der Ukraine mit Konsequenzen, sollte deren Regierung Gespräche mit Moskau weiter ablehnen, meldet der ukrainische Nachrichtensender Television Service of News (TSN) unter Berufung auf einen regierungsnahen Telegram-Kanal.
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Demzufolge hat der belarussische Machthaber erklärt, Kiew solle zu Friedensgesprächen mit Moskau übergehen, wenn die Ukraine „viele Opfer und eine völlige Zerstörung des Landes“ verhindern wolle. „Alles liegt in den Händen der Ukraine. Wenn sie nicht wollen, dass Menschen in großer Zahl sterben“, so Lukaschenko. Es sei schwer, aber „wir müssen aufhören“. Der 68-Jährige habe auch gesagt, dass Belarus bereit sei, mit der Ukraine „nicht nur zu reden, sondern befreundet zu sein und zu kooperieren“.
Lukaschenko: Belarus greift nicht in den Krieg ein
Einen direkten Einsatz seiner Armee im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine schließt Lukaschenko aber aus. „Wenn wir uns unmittelbar mit den Streitkräften, mit Soldaten in diesen Konflikt einmischen, tragen wir nichts bei, wir machen es nur noch schlimmer“, sagte er nach einer Meldung der Agentur Belta vom Donnerstag in Minsk auf Fragen russischer Journalisten.
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Die seinen Angaben nach 35.000 bis 40.000 Mann starke belarussische Armee werde für Russland das Problem dieses Feldzugs nicht lösen. „Wir mischen uns nicht ein, wir töten niemanden, wir schicken keine Soldaten nach dort, weil es nicht nötig ist“, sagte Lukaschenko. Belarus unterstütze Russland, seine Rolle sei aber eine andere.
Lukaschenko hat sein stark von Moskau abhängiges Land als Aufmarschgebiet für russische Truppen zur Verfügung gestellt. Russische Luftangriffe auf die Ukraine werden von dort aus geflogen. Nach Materialverlusten der russischen Armee stellt Belarus Panzer und andere Waffen zur Verfügung. Die Ukraine betrachtet das Nachbarland deshalb als Kriegspartei und hält auch Truppen in Reserve für den Fall, einen direkten Angriff aus Belarus abwehren zu müssen.
Selenskyj fordert Verurteilung Moskaus vor UN-Sicherheitsrat
Der UN-Sicherheitsrat ist zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen. Hintergrund sind weitere schwere russische Raketenangriffe auf die Ukraine.
© Quelle: Reuters
Zuletzt waren immer öfter Forderungen des Westens nach Friedensverhandlungen zwischen Kiew und Moskau zu hören gewesen. So hatten etwa westliche Diplomaten für Verhandlungen und eine diplomatische Lösung plädiert, auch US-Generalstabschef Mark Milley und Vertreter aus China.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, er werde sich nicht unter Druck setzen lassen, „so etwas haben wir schon einmal erlebt“. Er wisse aus den vergangenen Jahren, was ein solcher Kompromiss wert sei, und seiner Meinung nach sei es besser, von Russland „nichts Gutes“ zu erwarten.
Experten halten Friedensverhandlungen für nicht angebracht
Den westlichen Wunsch nach Verhandlungen und Zugeständnissen bezeichnet Andreas Umland vom Stockholm Centre for Eastern European Studies als „naiv“. Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) sagte er, dies hätte wohl einen Bürgerkrieg in der Ukraine zur Folge. Der Grund: „Ein großer Teil der Bevölkerung hat unter dem Krieg so gelitten, dass er nicht bereit ist, Russland Konzessionen zu machen.“ Nach der enormen Zerstörung und dem vielen Leid der vergangenen Monate sei es unmöglich, Russland einen Teil der Ukraine zu überlassen.
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Der ehemalige Professor für Militärgeschichte an der U.S. Military Academy in West Point, Frederick W. Kagan, geht davon aus, dass Gespräche den Krieg nur pausieren können und Putin anschließend neue Angriffe befiehlt. „Putin wird nicht ruhen, bis er Kiew erobert hat“, analysiert Kagan.
Einem Waffenstillstand werde der russische Präsident niemals zustimmen, wenn dies von ihm verlangt, sich freiwillig aus den annektierten Gebieten zurückzuziehen. Doch auch das würde den Krieg laut dem Militärhistoriker nicht beenden. „Putin ist nicht in die Ukraine einmarschiert, um Territorium zu gewinnen. Er ist einmarschiert, weil er die Idee eines unabhängigen ukrainischen Staates und einer ukrainischen Ethnizität ablehnt.“ Jedes Einfrieren des Kriegs würde früher oder später zu einer erneuten russischen Invasion führen.
Lukaschenko lässt Putin schlecht aussehen
Doch auch, wenn Aleksander Lukaschenko in Russland einen treuen Verbündeten sieht, lässt der belarussische Präsident gelegentliche Spitzen gegen Putin nicht aus. So desavouierte Lukaschenko seinen russischen Amtskollegen beim Gipfel der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (ODKB) in der armenischen Hauptstadt Eriwan.
Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, habe der belarussische Machthaber bei einer Ansprache im Beisein der anderen ODKB-Mitglieder über die Zukunft jenes Bündnisses gesprochen, das scheinbar vom russischen Erfolg im Krieg gegen die Ukraine abhängig ist. Lukaschenko erklärte schließlich, dass es die einheitliche Meinung gebe, dass, „wenn – Gott bewahre – Russland zusammenbricht, unser Platz unter diesen Trümmern ist.“
Die belarussische Staats-Nachrichtenagentur „Belta“ habe dann Putin für mehr als zehn Sekunden in Großaufnahme eingeblendet, wie dieser betreten nach unten schaute.
RND/sz/scs mit dpa