Im Windschatten des Ukraine-Krieges droht ein Flächenbrand
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Ein Soldat aus Russland bewacht Ende 2020 ein armenisches Kloster, nachdem die Region in aserbaidschanische Kontrolle übergeben wurde. Das Friedensabkommen zwischen Aserbaidschan und Armenien im Konflikt um Berg-Karabach ist nach Gefechten am Mittwoch in großer Gefahr.
© Quelle: Emrah Gurel/AP/dpa
Eriwan/Baku. Die Kämpfe zwischen den beiden früheren Sowjetrepubliken im Südkaukasus, Armenien und Aserbaidschan, um die Region Bergkarabach sind wieder aufgeflammt. Am 3. August meldete die aserbaidschanische Armee die Eroberung mehrerer Höhenzüge in der Region und die Tötung armenischer Kämpfer. Armenien warf dem Nachbarn einen Verstoß gegen die seit Ende 2020 geltende Waffenruhe vor.
Auch in anderen Regionen der ehemaligen Sowjetunion sowie auf dem Balkan drohen alte Wunden aufzubrechen.
Armenische Seite räumte Verlust von Toten ein
Die armenische Seite räumt bei den jüngsten Gefechten den Verlust von einem Toten und acht Verletzten ein. Die Soldaten seien bei einem Drohnenbeschuss getötet worden, heißt es. Aserbaidschan meldete ebenfalls den Verlust eines eigenen Soldaten. Dieser sei von dem Gebiet aus beschossen worden, in dem die russischen Friedenstruppen stationiert seien, die den Waffenstillstand überwachen sollen. Das russische Verteidigungsministerium wiederum warf Baku den Bruch der Waffenruhe vor.
Die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region Bergkarabach wurde zu Sowjetzeiten Aserbaidschan zugeschlagen. Nach Auflösung der Sowjetunion erklärte sich Bergkarabach als „Republik Arzach“ für unabhängig von Baku und wurde dabei von Eriwan unterstützt. Der Krieg endete 1994 - vorläufig mit einem Sieg Armeniens. International wurde die Unabhängigkeit der „Republik Arzach“ jedoch nicht anerkannt. 2020 eroberte Aserbaidschan in einem Revanchekrieg große Teile Bergkarabachs zurück.
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Polizisten sind in Mitrovica im Kosovo an einer Absperrung im Einsatz während in der Stadt Sirenenalarm zu hören ist. Im überwiegend serbisch bevölkerten Norden des Kosovos haben militante Serben Anfang August Barrikaden errichtet. Unbekannte hätten außerdem Schüsse in Richtung kosovarischer Polizisten abgegeben, verletzt worden sei dabei niemand, teilte die Polizei mit.
© Quelle: Festim Beqiri/TV7News /dpa
Kosovo/Serbien
Zwischen Kosovo und Serbien ist es zu Spannungen gekommen. Wütende Menschen hatten zuvor im überwiegend serbisch bevölkerten Norden des Kosovos Barrikaden errichtet. Zudem sollen auch Schüsse in Richtung kosovarischer Polizisten abgegeben worden sein.
Auslöser waren neue Reiseregeln für im Kosovo lebende Serben. Diese sehen vor, dass an den Grenzübergängen keine serbischen Personaldokumente mehr anerkannt werden. Stattdessen sollten sich Serben dort von diesem Montag an ein provisorisches Dokument ausstellen lassen. Die kosovarischen Behörden begründen dies mit einem identischen Vorgehen serbischer Behörden beim Grenzübertritt kosovarischer Bürger.
Russland hat dem befreundeten Serbien seinen Rückhalt versichert. „Wir unterstützen Serbien absolut“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag. „Wir unterstützen die friedliche und konstruktive Position Belgrads in diesem Zusammenhang.“
Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 1999 mit Nato-Hilfe von Serbien abgespalten und 2008 für unabhängig erklärt. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, erkannten die Unabhängigkeit des Kosovos an - Russland gehört nicht dazu.
Georgien/Russland
Mitten im Ukraine-Krieg rückt ein Konflikt in einem anderen Nachbarland Russlands in den Blick: Georgiens Separatistenregion Südossetien hat ein Referendum über einen Beitritt zur russischen Föderation angesetzt. Am 2. August deutete der frühere russische Präsident und Ministerpräsident Dmitri Medwedew auf Telegram eine mögliche Annexion von Georgien und Kasachstan an, die er als „künstliche Staaten“ bezeichnete.
Nach einem kurzen militärischen Konflikt mit Georgien im Jahr 2008 hatte Russland Südossetien und die Küstenregion Abchasien als unabhängig anerkannt. Beide Regionen unterstützt Russland finanziell und hat dort Tausende Soldaten stationiert. Der Bevölkerung wurde die russische Staatsbürgerschaft angeboten. Eine Volksabstimmung in Südossetien könnte nun dem Muster in der Ukraine folgen, wo 2014 nach einem international nicht anerkannten Referendum die Krim von Russland annektiert wurde.
In der gezielten Veränderung der Landkarte sahen viele Beobachter eine Bestrafung des in Nato und EU strebenden Georgiens durch Moskau. Es war wie ein Vorspiel dessen, was Jahre später in der Ukraine geschah.
Moldau/Transnistrien
Die prorussischen Separatisten in Transnistrien sehen wegen des Strebens der moldauischen Regierung in die EU keine Chance für eine weitere Zusammenarbeit. Moldau habe sich bei seinem Beitrittsantrag nicht mit den Separatisten abgesprochen, sagte der Außenminister der international nicht anerkannten Regierung Transnistriens, Vitali Ignatjew, am 22. Juli in Moskau. „Moldau hat daher einen gewissen Rubikon überschritten, als es den Status eines EU-Betrittskandidaten erhalten hat“, fügte er hinzu.
Ignatjew sagte, niemand könne für Transnistrien sprechen, Ziel sei jetzt eine unabhängige Entwicklung und später ein Beitritt zur Russischen Föderation. Transnistrien liegt an der Grenze zwischen Moldau und der Ukraine. Separatisten hatten die Region Anfang der 90er Jahre für unabhängig erklärt, dies ist aber von keinem Staat anerkannt worden. Russland hat allerdings Soldaten dort stationiert, die es offiziell als Friedenstruppe bezeichnet.
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Kassym-Schomart Tokajew, Präsident von Kasachsta.
© Quelle: Uncredited/Kazakhstan's Presiden
Kasachstan/Russland
Wie angespannt das Verhältnis zwischen Russland und seinem zentralasiatischen Nachbarn Kasachstan ist, zeigte sich auf dem Internationalen Wirtschaftsforum Ende Juni in St. Petersburg. Erst sprach Wladimir Putin - nicht zum ersten Mal - den Namen seines kasachischen Amtskollegen Quassim-Schormat Tokajew falsch aus.
Dann ließ dieser selbst eine diplomatische Bombe platzen: Kasachstan erkenne weder die abtrünnigen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien als eigenständige Staaten an noch die „Quasi-Staaten“ Lughansk und Donezk.
Zuvor hatte Kasachstan das russische Kriegssymbol „Z“ verboten. Dann wollte es zum 9. Mai keine Sieges- und Militärparade abhalten und kündigte an, sich an die EU-Sanktionen gegenüber Russland halten zu wollen. Seit dem mehren sich verbale Attacken des Kreml gegen das zentralasiatische Land, sie gipfelten in Medwedews Bemerkung (siehe oben).
Die Situation ist hochexplosiv: Im Norden Kasachstans leben über zwei Millionen Russen. Schon lange fordern die russischen Nationalisten einen Anschluss dieser Gebiete an Russland. Viele Kasachen haben nun die Befürchtung, dass nach dem Krieg in der Ukraine Putin gegen ihr Land vorgehen könnte.
Kirgistan/Tadschikistan
Ende April 2021 eskalierte an der Grenze der zentralasiatischen Staaten Kirgistan und Tadschikistan die Gewalt eskaliert. Insgesamt meldeten die beiden Länder 23 Tote und 224 Verletzte. Die an China grenzenden Ex-Sowjetrepubliken gaben sich gegenseitig die Schuld an der neuen Eskalation der Lage, wie Medien berichteten.
Um fast die Hälfte der beinahe 1000 Kilometer langen Grenze zwischen Kirgistan und Tadschikistan gibt es aber immer wieder Streitigkeiten. Der Grenzverlauf ist nicht eindeutig markiert. Zuletzt bot sich Russland als Vermittler in dem Konflikt an.
RND/dpa