Urteilsverkündung im Lübcke-Prozess mit Spannung erwartet
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Der Hauptangeklagte Stephan Ernst (r) steht zu Beginn eines Verhandlungstages im Prozess im Fall des Mordes am ehemaligen Regierungspräsidenten W. Lübcke im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts neben seinem Verteidiger Mustafa Kaplan. (Archivfoto)
© Quelle: Boris Roessler/dpa-Pool/dpa
Frankfurt/Main. Im Mordprozess um den Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wird an diesem Donnerstag (10.00 Uhr) das Urteil verkündet. Seit Juni vergangenen Jahres verhandelt der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt gegen den mutmaßlichen Täter Stephan Ernst und den wegen Beihilfe angeklagten Markus H. Die Bundesanwaltschaft geht von einem rechtsextremistischen Motiv aus. Beide Angeklagte waren viele Jahre in der rechten Szene aktiv.
Der 47 Jahre alte Deutsche Ernst soll Lübcke im Juni 2019 auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen haben. H. soll ihn politisch radikalisiert haben. Ernst wird außerdem versuchter Mord an einem irakischen Flüchtling vorgeworfen, der im Januar 2016 bei einem Messerangriff schwer verletzt wurde.
Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung für Ernst und neun Jahre und acht Monate Haft für H. gefordert. Die Verteidiger von Ernst plädierten auf Totschlag, während die Anwälte von H. einen Freispruch für ihren Mandanten erreichen wollen.
Welche Tatversion stimmt?
Der Nebenklagevertreter, der die Witwe und die beiden Söhne Lübckes in dem Prozess vertritt, forderte hingegen, auch H. solle als Mittäter wegen Mordes verurteilt werden. Die Hinterbliebenen Lübckes glauben der Aussage Ernsts vor Gericht, auch H. sei mit am Tatort gewesen. Ernst hatte mehrere unterschiedliche Versionen der Tat gestanden.
Der Prozess wird von hohen Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Die Corona-Pandemie sorgte für besondere Umstände: Zuschauer und Medienvertreter müssen eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, wegen der Abstandspflicht können zudem zahlreiche Plätze nicht besetzt werden. Obwohl der Prozess im größten Saal des Gerichts verhandelt wird, gibt es nur maximal 19 Plätze auf der Pressetribüne und 18 Zuschauerplätze.
Bis zu 41 Journalisten können außerdem in einem anderen Raum eine Audioübertragung des Prozessgeschehens verfolgen. An zahlreichen Verhandlungstagen bildeten sich daher schon früh am Morgen Warteschlangen für den Einlass ins Gericht.
Schüler aus Lübckes Heimatort Wolfhagen und die nordhessische Initiative „Offen für Vielfalt“ wollen am Donnerstag zur Urteilsverkündung mit einer Mahnwache und einer Plakataktion an den getöteten CDU-Politiker erinnern und seiner Familie Solidarität zeigen. „Der Mord an Walter Lübcke war keineswegs das Ende einer unheilvollen Entwicklung – im Gegenteil“, sagte Michael Sasse, der Sprecher der Initiative. „Die Anschläge von Halle und Hanau zeigen: Rechte Gewalt ist weiterhin eine tödliche Tatsache und darf auf keinen Fall verharmlost, relativiert oder bagatellisiert werden.“
RND/dpa