Viel Kritik an Scholz-Vorstoß zur Rente

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sorgt mit seinem Renten-Vorstoß für viel Kritik.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sorgt mit seinem Renten-Vorstoß für viel Kritik.

Berlin. Die Rente ist derzeit großes Thema in der Großen Koalition. Der jüngste Vorstoß von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, die Rente bis 2040 mit einem entsprechenden Finanzierungsmodell zu stabilisieren, sorgt nicht nur für Zuspruch. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich auf die langfristigen Ziele konzentriert, reagieren Sozialverbände und die Vorsitzenden der Renten-Reformkommission eher irritiert auf die Pläne des Vizekanzlers.

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Sicherheit für alle Generationen

Kanzlerin Merkel definierte die Ziele noch einmal genauer: Ein leistungs- und tragfähiges Rentensystem sei auch über das Jahr 2025 hinaus eine prioritäre Aufgabe der Bundesregierung. Sie wolle aber der Arbeit einer neuen Regierungskommission nicht vorgreifen. Das klare Ziel sei eine soziale Sicherheit für alle Generationen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Grundlage für die Bundesregierung sei dabei der Koalitionsvertrag.

Im Koalitionsvertrag ist aber bisher nur festgelegt, dass ein Rentenniveau von 48 Prozent bis zum Jahr 2025 garantiert wird. Scholz sieht das Rententhema als entscheidend an, um einen Populisten wie US-Präsident Donald Trump in Deutschland zu verhindern. Scholz’ Sprecher betonte: „Wir stehen am Anfang einer Debatte, die ein klares Ziel hat.“ Stabile Renten seien das beste Mittel gegen populistische Tendenzen. Ein eigenes Finanzierungskonzept gebe es aber noch nicht.

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Seibert verwies auf die Entwicklung, dass in den 2020er Jahren viele geburtenstarke Jahrgänge in Rente gehen, wegen der demografischen Entwicklung und der längeren Lebenserwartung kommen auf immer weniger Beitragszahler mehr Rentner, was eine der größten politischen Herausforderungen werden wird. Eine Option könnte sein, mehr Steuermittel zu verwenden, die dann aber für andere Zukunftsoptionen fehlen werden. Scholz gehe es um ein Anstoßen einer politischen Debatte, sagte der Sprecher. „Da gibt es unterschiedliche Positionen, die jetzt zusammenfinden müssen.“

Denkverbote und Richtungsvorgaben

Auch die Vorsitzenden der Renten-Reformkommission reagieren irritiert auf den Vorstoß. Inhalt und Zeitpunkt der Äußerungen von Finanzminister Scholz zur Ausgestaltung einer künftigen Rentenpolitik dürften und könnten den Arbeitsauftrag der Regierungskommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ nicht einschränken oder verändern, heißt es in einer Stellungnahme der beiden Kommissionsvorsitzenden, Gabriele Lösekrug-Möller und Karl Schiewerling, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.

„Die Kommission soll bis zum Frühjahr 2020 einen Vorschlag für die mittel- und langfristige Sicherung der Altersvorsorgesysteme erarbeiten und vorlegen. Wir wollen und sollen bis dahin ohne Denkverbote und Richtungsvorgaben arbeiten - egal von wem! Genau das ist der Auftrag, den uns erst vor wenigen Wochen die Bundesregierung gegeben hat. Das ist die Richtschnur für unsere schwierige Arbeit“, sagte Lösekrug-Möller dem RND.

Co-Vorsitzender Karl Schiewerling erklärte, der Vorstoß ausgerechnet vom Vizekanzler widerspreche klar dem Regierungsauftrag. „Das stellt die Professionalität von Minister Scholz im Umgang mit eigenem Regierungshandeln deutlich in Frage“, so Schiewerling weiter. Inhaltlich wollten die beiden Kommissionsvorsitzenden zu den Scholz’ Äußerungen keine Stellung beziehen.

Die SPD wolle "darauf bestehen, dass die Bundesregierung ein stabiles Rentenniveau auch in den 20er und 30er Jahren gewährleistet und ein plausibles Finanzierungsmodell vorlegt", hatte Scholz der "Bild am Sonntag" gesagt. Anderenfalls werde seine Partei gegen CDU und CSU einen Rentenwahlkampf führen.

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Unglaubwürdiger Vorstoß

Auch Union und Grüne halten nicht viel vom Scholz-Plan: Wenn es der SPD wirklich um eine langfristige Stabilisierung ginge, „dann müsste sie einen breiten Konsens suchen, statt mit markigen Sprüchen das Sommerloch für taktische Spielchen zu nutzen“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. „Es ist bigott und unglaubwürdig, wenn Minister Scholz nun aus heiterem Himmel und im Alleingang die langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus verspricht.“ Die SPD habe selbst dazu beigetragen, dass das Rentensystem durch mehr versicherungsfremde Leistungen wie die Mütterrente geschwächt worden sei.

Rente muss in Ruhe geklärt werden

Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, die Rentenkommission, die Wege zur Stabilisierung der Rente klären solle, sei gerade erst eingesetzt worden - Scholz solle nun „nicht das Ergebnis vorwegnehmen“. Besonders geärgert habe ihn dessen Drohung mit einem Rentenwahlkampf, sagte Laumann im ARD-„Morgenmagazin“. „Die Frage, wie das mit der Rente weitergeht, wie wir den Ausgleich zwischen der jungen und der älteren Generation schaffen, das ist ganz schwer in Wahlkämpfen zu klären. Sondern ich finde, das muss in Ruhe und Sachlichkeit gemacht werden.“

Vertrauen in die Rente wiederherstellen

Notwendig seien eine Anhebung des Rentenniveaus von 48 auf 53 Prozent sowie durchgreifende Reformen, um das Vertrauen in die Rente wieder herzustellen, forderte unterdessen der Paritätische Wohlfahrtsverband. Der Sozialverband VdK sprach sich für eine Erhöhung auf 50 Prozent aus. Nach den bisherigen Plänen der Bundesregierung soll das Rentenniveau bis 2025 nicht unter 48 Prozent fallen. Der Rentenexperte des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Jochen Pimpertz, lehnte Steuererhöhungen zur Stabilisierung des Rentenniveaus ab.

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Von RND/dpa/lf

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