Warum die SPD jetzt wieder nach vorne schauen kann
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Klatschpappen mit einem Bild von Martin Schulz und dem Schriftzug Jetzt ist Schulz liegen am Boden, im Dreck. Symbolfoto, Symbolbild, Wahlniederlage., News, Politik, Wahlkampfauftritt Sigmar Gabriel (SPD), xtgx
© Quelle: imago/foto2press
Berlin. Aus, vorbei. Martin Schulz wechselt nicht als Außenminister in eine Große Koalition. Schulz hat dem Druck nachgegeben, der sich in den vergangenen Tagen gegen ihn aufgebaut hat. Seine bundespolitische Karriere endet damit fast genau ein Jahr, nachdem sie begonnen hat. Es ist eine der rasantesten und schmerzhaftesten Karrieren, die ein Politiker in Deutschland je erlebt hat. Martin Schulz in Berlin, das ist die tragische Geschichte von Aufstieg und Fall, von Jubel und Leid, von Rausch und Kater.
Und es ist die tragische Erzählung von den Grenzen der Freundschaft in der Politik. Martin Schulz und Sigmar Gabriel waren Freunde. Sie haben sich Treue und Loyalität versprochen und sich lange daran gehalten. Aber der politische Druck, unter dem beide standen, war stärker als ihre Freundschaft. Für Schulz, weil es nach einem Aufschwung bergab ging und er sich retten wollte in das Außenministerium. Für Gabriel, weil er erstmals in der Bevölkerung beliebt war und deshalb nicht akzeptieren wollte, dass seine Karriere nicht weitergehen darf.
Die SPD kann wieder aufatmen
Gabriel hätte, das ist die Ironie, ohne seine brachialen Aussagen gegen Schulz womöglich eine Chance gehabt, das Außenministerium zu behalten. Aber wie so oft hat er sich selbst ins Abseits geschossen. Es ist ein trauriges Karriereende, einerseits. Aber es ist ein authentisches. I did it my way.
Die SPD kann nach schwierigen Wochen aufatmen. Denn plötzlich passiert etwas, von dem lange nur geredet wurde. Die Partei erneuert sich. Sie wird in der kommenden Regierung einen Außenminister stellen, der keiner der Männer um die sechzig sein wird, die die Krise der vergangenen 20 Jahre in verschiedenen Führungspositionen zu verantworten haben. Es wird ein neues Gesicht sein, jung, eventuell weiblich, frisch und unverbraucht. Die Chancen auf eine Zustimmung beim Mitgliederentscheid sind damit gestiegen.
Der Druck auf Angela Merkel wird weiter steigen
Die SPD kann nach dem schwarzen Freitag mit neuem Mut nach vorne schauen. Die Koalition mit der Union, die als größtes Hindernis für die Erneuerung der Partei galt, stellt sich plötzlich als genau das heraus, was die Partei zur inneren Reinigung brauchte. Wenn sie diesen Geist in die Regierungsarbeit trägt, kann die Große Koalition auch für das Land ein Gewinn werden.
In der Regierung trifft die SPD auf eine CDU, die sich bisher der Erneuerung verweigert hat. Der Druck auf Angela Merkel, die erstmals seit über einem Jahrzehnt in einer tiefen Krise steckt, wird weiter steigen. Der Rückzug von Martin Schulz wird deshalb möglicherweise nicht nur als Tag der Veränderung für die SPD in die Geschichte eingehen. Sondern als Beginn einer Neuaufstellung der ganzen politischen Landschaft. Richtig so. Denn das war die Botschaft des Wahlergebnisses der vergangenen Bundestagswahl.
Von Gordon Repinski