Wende in Thüringen? Vielleicht wird Ramelow doch Ministerpräsident
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/7UM74CFMYZDAZCGDIXJMBNEQQQ.jpeg)
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer am Freitag Morgen um kurz nach eins im Thüringer Landtag.
© Quelle: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dp
Erfurt. Im Streit um die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten Thüringens deutet sich eine erneute Wende an. Anders als vermutet, steuert das Land womöglich nicht auf Neuwahlen, sondern auf die Wahl des ehemaligen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) zu. Das jedenfalls ergibt sich aus den politischen Gesprächen im Thüringer Landtag am Donnerstagabend.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sagte nach fünfstündigen Beratungen mit der CDU-Landtagsfraktion am Freitag Morgen: „Es gibt jetzt Initiativen, die auch darauf abzielen, dass innerhalb des jetzt bestehenden Parlamentes klare Verhältnisse geschaffen werden können. Die CDU wird diese Initiativen nicht blockieren, sofern sie ihre Grundlagen, ihre Rahmenbedingungen, ihre Prinzipien entsprechend beibehalten kann.“ Zu diesen Prinzipien zählt: weder eine Zusammenarbeit mit der Linken noch mit der AfD. Sie fügte hinzu: „Und wir sind uns jetzt auch einig gewesen, dass wenn diese Initiativen jetzt scheitern, dass dann daraus unausweichlich Neuwahlen in Thüringen folgen werden.“ Ziel sei, stabile Verhältnisse für das Land zu gestalten.
SPD und Grüne fürchten Neuwahlen
Eigentlich war die Parteichefin nach Erfurt gekommen, um die CDU-Landtagsfraktion auf ein Ja zu Neuwahlen zu verpflichten. Doch von Sitzungsteilnehmern verlautete, es könne unter Umständen auf eine Lösung mit Ramelow hinauslaufen. Voraussetzung wäre wohl, dass Kemmerich im Landtag die Vertrauensfrage stellt und diese verliert, sodass anschließend Ramelow wieder gewählt werden könnte.
Ähnlich lassen sich Äußerungen des Vizechefs der Thüringer Linken, Stefan Dittes, des SPD-Landesvorsitzenden Wolfgang Tiefensee sowie des Grünen-Fraktionschefs Dirk Adams verstehen, die sich vor Kramp-Karrenbauer ebenfalls im Landtag äußerten. Sie warben für die geplante rot-rot-grüne Minderheitsregierung unter Ramelows Führung und betonten, dass Neuwahlen erst in Betracht kämen, wenn dieser Versuch endgültig scheitere. In jedem Fall müsse Kemmerich zunächst tatsächlich zurück treten und dürfe dies nicht nur ankündigen, hieß es. Zumindest SPD und Grüne können kein Interesse an Neuwahlen haben, da sich rot-rot-grüne Wähler dann wahrscheinlich mehr denn je um Ramelow und seine Partei scharen dürften.
Mike Mohring unter Beschuss
Viel hängt davon ab, wie sich die CDU-Landtagsfraktion nun tatsächlich verhält – und wer sie künftig führt. Der Fraktionsvorsitzende Mike Mohring stand in der Sitzung am Donnerstagabend nach Angaben von Teilnehmern schwer unter Beschuss und hatte dem Vernehmen nach etwa die Hälfte der Fraktion gegen sich. Ihm werden Eigenmächtigkeiten und ein unklarer Kurs zur Last gelegt.
Die Wahl Kemmerichs war deutschlandweit auf scharfe Kritik und Proteste gestoßen, weil sie durch ein gemeinsames Vorgehen von CDU, FDP und AfD zustande kam und die FDP mit fünf Prozent überhaupt nur denkbar knapp in den Landtag einzog.