Wie Angela Merkel von Zuhause aus regiert
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Angela Merkel.
© Quelle: imago images/Christian Spicker
Berlin. Angela Merkel sagt noch „Es gab ein gutes Miteinander in diesen schwierigen Zeiten“ - und dann gibt es ein Problem. Minutenlang ist die Kanzlerin verschwunden, nur ein elektrisches Sirren ist zu hören, lange Pausen, Telefontuten.
Gerade hat Merkel über ihre Telefonkonferenz mit den Ministerpräsidenten in einem telefonischen Pressestatement berichtet. Sie sitzt ja noch zuhause in Quarantäne, weil sie Kontakt hatte zu einem Arzt mit Corona-Infekt.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist zugeschaltet und der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). In Berlin hängen die Leute vom Bundespresseamt mit in der Leitung und eine Handvoll Journalisten. Die Leitung sirrt, tutet und ist zuweilen auch ganz still. Ab und zu ist ein Schnaufen zu hören.
„Geht es weiter oder nicht?“, fragt Söder ungeduldig. Er ist eigentlich an der Reihe jetzt. Aber es dauert noch ein bisschen.
“Hold the line”
Es habe eine extreme Rückkoppelung bei der Aufnahme gegeben, heißt es dann aus dem Presseamt. „Hold the line, bitte warten Sie“, ertönt eine Ansage und dann: „Ja, Merkel.“
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Die Kanzlerin ist wieder da und fragt schnell: „Ist Herr Söder noch dabei?“ Die Ungeduld hat sich offenbar mitgeteilt. Merkel beginnt von Neuem, der selbe Text, nur mit kleinen stilistischen Varianten. Wenn sie zuhause etwas vor sich liegen hat, dann sind es wohl nur Stichworte.
Eines bleibt gleich in Merkels Statement. Sie spricht in beiden Versionen ungerührt von einem „gewohnten Format“ der Pressekonferenz. Das ist es aber erst seit maximal zehn Tagen.
Nichts zusätzlich, nichts Strengeres
Aber eigentlich ist ihre Botschaft eine andere: Bund und Länder verlängern die Kontaktbeschränkungen bis zum 19. April, also etwa bis zum Ende der Osterferien. Es gibt nichts zusätzliches, nichts Strengeres. Aber alles dauert länger. Aber es gibt die dringliche Bitte, an den Osterfeiertagen daheim zu bleiben, und auf die traditionellen Familienbesuche zu verzichten.
„Leider ist eine Pandemie nicht an Feiertagen orientiert“, sagt Merkel. Das sei hart. „Aber es rettet Menschenleben.“
Später wird sie noch etwas pathetischer: Sie verweist auf Artikel 1 des Grundgesetzes. Die darin festgehaltene Würde des Menschen „wird gelebt“, sagt sie. Und sie dankt einmal mehr den Bürgern. „Bleiben Sie stark und halten Sie die Regeln ein“, bittet Merkel.
Wie es nach Ostern weitergeht, bleibt offen
Wie es nach Ostern weitergeht, lässt sie offen. „Wir können heute dazu keine Aussage machen“, sagt sie. Die Infektionsrate habe sich zwar leicht abgeschwächt, aber man sei weit von einer Lage entfernt, in der man Beschränkungen lockern könne. „Es wäre ganz schlimm, wenn wir die Kontaktbeschränkungen zu früh aufheben würden“, sagt sie. „Wir müssen verhindern, dass wir vom Regen in die Traufe kommen.“
„Damit haben wir ein bundeseinheitliches Vorgehen“, betont Merkel und das ist gar nicht so selbstverständlich. In den ersten Wochen der Krise hatten die Länder sich zum Teil gegenseitig mit Maßnahmen überholt. Söder hatte mehrfach am Tag nach einer Ministerpräsidentenkonferenz neue Maßnahmen verkündet - sehr zum Ärger mancher seiner Kollegen.
Dann ist doch noch Söder an der Reihe. Auch er betont: „Bund und Länder ziehen an einem Strang.“ Er warnt vor Exit-Debatten und betont wie Merkel und Tschentscher, dass es jetzt besonders wichtig sei, Pflegeeinrichtungen, Alten- und Behindertenheime gut mit Schutzkleidung auszustatten. Der Mangel ist hier groß. Das mag zu einer weiteren Entscheidung geführt haben. „Wir werden derzeit keine Pflicht für Schutzmasken ausrufen“, sagt er.
Merkel setzt auf Handydaten
Merkel spricht auch über die durchaus umstrittene Idee, Kontaktpersonen von Corona-Infizierten künftig über Handydaten zu benachrichtigen. Sie glaube, „dass wir eine solche Entwicklung gut brauchen können in einer Phase, in der wir Kontakte wieder mehr möglich machen", sagt die Kanzlerin. Sie setze sogar darauf, bekräftigt Merkel.
Würde Sie selbst eine solche App auch nutzen? Freiwillig solle eine solche Anwendung sein. „Ich würde unbedingt dafür sein, das zu empfehlen“, sagt Merkel. „Und ich wäre auch bereit, das für mich selber anzuwenden.“
Übrigens, betont die Kanzlerin am Ende: Die geltenden Beschränkungen würden Bund und Länder gemeinsam aufheben. Söder hat sich zu diesem Zeitpunkt bereits aus der Schalte ausgeklinkt.