Zurück an der Macht: Lindner will mehr als Gold

Bundesfinanzminister und FDP-Parteichef Christian Linder beim jährlichen Dreikönigstreffen der Freien Demokraten.

Bundesfinanzminister und FDP-Parteichef Christian Linder beim jährlichen Dreikönigstreffen der Freien Demokraten.

Berlin. Bijan Djir-Sarai beschreibt ein Übel dieses coronabedingt nur digitalen Dreikönigtreffens der FDP so: Selbstverständlich kann man nicht sehen, an welcher Stelle Zuhörer mit den Augen rollen oder begeistert sind. Der künftige Generalsekretär der Partei mahnt beim traditionellen Jahresauftakt der Freien Demokraten in der Stuttgarter Oper gerade: „Auch wir werden attraktiver werden müssen.“

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Der 45-jährige gebürtige Iraner weiß jetzt nicht, wie das bei den Mitgliedern ankommt. Kein Applaus, kein Schweigen – kein Gradmesser für seine Botschaft, dass sich die FDP trotz ihres Wahlerfolgs und ihrer Rückkehr in die Bundesregierung weiter entwickeln und öffnen muss.

Da die Veranstaltung zwar live, aber nur als Stream der FDP im Internet und nicht über Fernsehkameras vor Ort zu verfolgen ist, kann man zum Beispiel nicht sehen, an welcher Stelle von Djir-Sarais Rede Parteichef Christian Lindner mit den Augen rollt oder begeistert ist. Es kann keine Stimmung aufkommen, die die Partei zum Auftakt des Jahres nach außen tragen kann – mit Jubel, Lachen oder aufmerksamer Stille. Auch das macht die Pandemie zunichte.

Lindner zumindest hält die FDP schon jetzt für wertvoller als Gold. Die Beschreibung in einem Medienbericht, wonach die Liberalen mit ihrem Nein zu Steuererhöhungen und starken Freiheitseingriffen in der Ampelkoalition so etwas wie Gold in einem Depot zur Absicherung von Risiken sei, reicht ihm nicht. „Wir sind nicht nur Gold“, erklärt er gewohnt selbstbewusst in seiner Rede. Denn die FDP konzentriere sich nicht nur darauf, zu Recht etwas zu verhindern, sondern auch auf die Gestaltung des Landes „nach vorn“.

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FDP-Führung will gesellschaftliche Themen mehr mitprägen

Djir-Sarai steht zum ersten Mal auf der Bühne des Opernhauses. Ihm, der in einer Diktatur aufgewachsen sei, müsse niemand erklären, was Freiheit bedeute, sagt er, und es klingt wie eine Ohrfeige für jene Menschen in Deutschland, die wegen der Corona-Maßnahmen von einer Diktatur sprechen.

Als eine künftige Aufgabe der Partei sieht er es an, die gesellschaftlichen Themen des Landes mehr mitzuprägen. Lindner hält es für nötig, an seinen ersten Auftritt in Stuttgart als Generalsekretär 2010 zu erinnern. Damals habe er die Erneuerung des sozialen Aufstiegsversprechens in Deutschland angemahnt. So, als habe er schon damals dieses gesellschaftliche Thema mitgeprägt.

Jetzt, zwölf Jahre später, hält er beim Dreikönigstreffen seine erste Rede als Bundesfinanzminister. Fast eine Stunde spricht er frei – von den Differenzen in der FDP über eine Impfpflicht gegen das Coronavirus über eine Entlastung niedriger Einkommen von den hohen Energiepreisen bis zur Kritik an den Plänen der EU-Kommission, Investitionen in Atomkraft als grün zu klassifizieren.

Lindner überwindet fantasielose Ampelgedanken

Nur einmal muss er einen Zettel aus der Hosentasche ziehen. Es geht um die Spitzenkandidaten der FDP bei den Landtagswahlen 2022 im Saarland, in NRW, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Es scheint so, als ob er sich der Namen vergewissern müsse.

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Für eine Ampelregierung fehlte Lindner vor der Wahl die Fantasie. Das hat er überwunden. Aber er will den Draht zur Union nicht abreißen lassen. Er reicht dem künftigen CDU-Chef Friedrich Merz die Hand für ein „echtes Zukunftsgespräch“. Lindner und Merz hatten einst von einer schwarz-gelben Bundesregierung geträumt.

Als Finanzminister verliert er noch ein Wort zu seinem umstrittenen 60-Milliarden-Euro-Nachtragshaushalt – in der Corona-Krise genehmigte Kredite werden in einen Fonds für spätere Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung umgeschichtet.

Lindner erklärt, auch die Wirtschaft brauche wegen Corona einen „Booster“. Damit würden nicht allgemeine Vorhaben finanziert, sondern gezielt Impulse gesetzt, die in der Pandemie bisher verloren gegangen seien. Wäre Lindner noch in der Opposition, hätte er der Bundesregierung jetzt zum Jahresauftakt vermutlich Verfassungswidrigkeit vorgeworfen.

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