Tränenreiches TV-Interview

Boris Becker über Zeit im Gefängnis: „Ein Häftling wollte mich umbringen“

Ex-Tennisstar Boris Becker beantwortet die Fragen von Moderator Steven Gätjen in einem Exklusivinterview mit Sat.1.

Ex-Tennisstar Boris Becker beantwortet die Fragen von Moderator Steven Gätjen in einem Exklusivinterview mit Sat.1.

Die Tennislegende Boris Becker (55) hat in einem Exklusivinterview mit Sat.1 über seine Haftzeit in Großbritannien gesprochen. Das Gespräch mit Moderator Steven Gätjen strahlte der Privatsender am Dienstagabend ab 20.15 Uhr aus. Zu Beginn der Sendung kündigte Gätjen „keine Tabus, keine Ausreden“ an.

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Auch Becker freute sich über die Möglichkeit, „Tacheles“ reden zu können. „Nein, natürlich war ich schuldig“, sagte Becker zu Beginn des Interviews auf die Frage, ob er unschuldig im Gefängnis gesessen hätte. Er habe in vier Punkten – von 29, die ihm ursprünglich vorgeworfen worden waren – vor Gericht in London verloren. „Und gerade beim vierten Punkt – als ich Gelder von meinem Firmenkonto genommen habe – hat mich die Jury in London schuldig gesehen.“ Hinzu seien drei weitere Punkte gekommen – etwa, dass er sein Haus in Leimen, in dem seine Mutter lebt, geheim gehalten habe.

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Boris Becker: „Der gleiche Mensch, aber zwei verschiedene Leben“

Steven Gätjen zeigte Becker ein Bild vor und nach seiner Haft. „Ich sehe erst mal den gleichen Menschen. Vorher etwas nervös, wie die Zukunft aussieht. Danach etwas schlauer, etwas demütiger. Es ist der gleiche Mensch, aber es sind zwei verschiedene Leben“, kommentierte Becker die Fotos.

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„Ich habe sehr viel Gewicht verloren“, sagte er. „Ich bin mit 97 Kilo ins Gefängnis gekommen und hatte dann mal knapp 90 Kilo.“ Er habe zu Beginn sehr wenig gegessen. „Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Hunger gefühlt, bin hungrig ins Bett gegangen. Ich dachte, dass ich mit 54 Jahren schon alles erlebt habe, aber das war neu“, führte er aus. Alkohol, Zigaretten oder andere Drogen habe er nicht zu sich genommen, obwohl im Gefängnis – natürlich illegal – alles verfügbar gewesen sei.

Becker nutzte die Gelegenheit, um seinen Anwälten zu danken. „Sie haben alles versucht, um mein Leben zu retten. Vielleicht habe ich nicht genug Reue gezeigt im Zeugenstand“, sagte er. „Es hätte auch viel schlimmer kommen können“, ergänzte Becker. Er sei beraten worden, was er auszusagen habe und was nicht, erzählte der 55-Jährige.

Beim Thema Familie wird Becker emotional

Wenige Tage vor dem Urteil traf er seine Kinder und sprach mit ihnen, auch über Facetime, „um uns zu verabschieden. Das tat mir sehr gut. Das hat mich sehr berührt“, sagte er. Die größten Gedankenprobleme bereitete die Liebe zu seiner Partnerin Lilian de Carvalho Monteiro.

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Mit Tränen in den Augen berichtete Becker vom Vorabend seiner Verurteilung. Er habe seiner Partnerin offen gesagt: „Meine Liebe, du musst nicht auf mich warten. Du bist eine junge Frau, du stehst auf eigenen Füßen in der Welt, du bist finanziell unabhängig, ich weiß nicht, wie lange ich ins Gefängnis muss“, sagte Becker.

„Dann hat sie mich umarmt und gesagt: ‚Red nicht so einen Scheiß, wir schaffen das zusammen!‘“, berichtete er weiter, sichtlich um Fassung bemüht. Dann seien sie am nächsten Morgen ins Taxi gestiegen, „sind zum Gericht gefahren und waren bereit für alles“.

Becker: „Ein Häftling wollte mich umbringen“

Im Huntercombe-Gefängnis machte Becker ein heftiges Erlebnis: „Ein Häftling wollte mich umbringen.“ Der Mann habe schon über 16 Jahre im Gefängnis gesessen. „Der konnte nicht verstehen, dass ich so organisiert war mit einem schwarzen Gefangenen. Wir haben uns geholfen. Ich durfte in seine Zelle, was man sonst nicht darf, und er durfte in meine“, erklärte Becker. „Der wollte mir an die Wäsche.“

Der Häftling habe ihm erklärt, was er alles mit ihm machen würde. „Ich habe so gezittert“, schilderte Becker den Moment. Der Mann unterschätzte aber Beckers Standing in seinem Flügel. „Ich habe geschrien und sofort sind die Häftlinge rausgekommen und haben ihn bedroht.“ Am nächsten Tag habe sich dann der Mann vor ihm auf den Boden geworfen und entschuldigt. Becker habe ihn hochgezogen und umarmt, erzählte der einstige Ausnahmesportler unter Tränen. Der Vorfall habe sich im Oktober ereignet.

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Auch im Londoner Gefängnis Wandsworth, in dem Becker die ersten Wochen nach seiner Verurteilung verbrachte, habe es eine brenzlige Situation gegeben. Ein Mithäftling habe ihn erpressen wollen. Der „wollte aber an meine Kohle“, sagte der 55-Jährige. Andere Mitgefangene hätten ihn vor dem Mann beschützt, der wegen mehrfachen Mordes bereits 25 Jahre hinter Gittern gesessen habe.

Boris-Becker-Interview: Wie Steven Gätjen den Gefängnisbesuch erlebte
Fotograf: Willi Weber; Copyright: SAT.1/Willi Weber Bildredakteur: Stephi Bruchner; Dateiname: 2653921.jpg; Rechtehinweis: Dieses Bild darf bis eine Woche nach Ausstrahlung honorarfrei fuer redaktionelle Zwecke und nur im Rahmen der Programmankuendigung verwendet werden. Spaetere Veroeffentlichungen sind nur nach Ruecksprache und ausdruecklicher Genehmigung der Seven.One Entertainment Group GmbH moeglich. Nicht fuer EPG! Verwendung nur mit vollstaendigem Copyrightvermerk. Das Foto darf nicht veraendert, bearbeitet und nur im Ganzen verwendet werden. Es darf nicht archiviert werden. Es darf nicht an Dritte weitergeleitet werden. Aneinanderreihung/Zusammenlegung/Kopplung von Bildern zum Zweck der Erstellung von Slide-Shows o.ä. nicht gestattet; Verbindung/Einfügen/Anfügen von Werbung nicht gestattet. Bei Fragen: foto@seven.one Voraussetzung fuer die Verwendung dieser Programmdaten ist die Zustimmung zu den Allgemeinen Geschaeftsbedingungen der Presselounges der Sender der Seven.One Entertainment Group GmbH. / Weiterer Text über ots und www.presseportal.de/nr/6708 / Die Verwendung dieses Bildes für redaktionelle Zwecke ist unter Beachtung aller mitgeteilten Nutzungsbedingungen zulässig und dann auch honorarfrei. Veröffentlichung ausschließlich mit Bildrechte-Hinweis. Foto: SAT.1/SAT.1/Willi Weber

Moderator Steven Gätjen hat Tennisstar Becker im Gefängnis Huntercombe besucht, um ein Exklusivinterview vorzubereiten.

Jürgen Klopp durfte Becker nicht im Gefängnis besuchen

Mehrere prominente Freunde wollten Becker im Gefängnis besuchen – durften aber nicht. „Ich bin ganz gut befreundet mit Jürgen Klopp und Johannes B. Kerner“, erzählte er. Der Trainer des FC Liverpool und der Fernsehmoderator hätten ihn auch besuchen wollen, er habe ihre Namen dann bei der zuständigen Stelle angegeben – doch der Wunsch sei abgelehnt worden. Beispielsweise zur Absage an den Klopp-Besuch sei ihm gesagt worden: „Jürgen darf dich nicht besuchen, weil der ist zu bekannt. Wir haben Angst um seine Sicherheit, und wir wollen den Rummel nicht.“

In seiner Anfangszeit im Gefängnis habe er aber auch von seiner Familie gar keinen Besuch haben wollen. „Natürlich war ich beschämt, war es mir mehr als peinlich, dass ich verurteilt wurde.“ Mut und Kraft habe er aus zahlreichen Briefen geschöpft, die ihm Fans und Bekannte schickten. Darunter seien auch Überraschungen gewesen: „Michael Stich hat mir einen dreiseitigen Brief geschrieben“, erzählte Becker über seinen Tenniskollegen. Das habe ihn sehr berührt. Auch andere frühere Davis-Cup-Freunde und Prominente wie die Tennistrainerin Barbara Rittner hätten ihm geschrieben. „Lange Briefe, jetzt nicht nur ‚liebe Grüße‘, sondern zwei, drei Seiten“, erzählte er sichtlich ergriffen. „Das hätte ich so nicht erwartet“, sagte Becker. „Das hat mir geholfen, jeden Tag, meine Disziplin nicht zu verlieren.“

Boris Becker arbeitete im Gefängnis als Englischlehrer

Becker erzählte in dem Sat.1-Interview auch, wie er zu seinem Gefängnisjob als Lehrer für Englisch und Mathe kam. „Das Problem, das man am Anfang hat, ist, dass man keinen Job hat.“ Später irgendwann könne man in der Küche arbeiten, das Gefängnis sauber machen, diverse Kurse antreten – „doch normalerweise dauert es Wochen, bis man ein Jobangebot bekommt“, berichtete der 55-Jährige.

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Dank der Hilfe anderer Häftlinge habe er aber bereits nach zehn Tagen ein Angebot bekommen: „Ob ich denn Englisch und Mathe unterrichten könnte? In einem englischen Gefängnis wird ein Deutscher gefragt, ob er Englisch unterrichten kann, und Mathe! Das habe ich natürlich gerne angenommen.“

Von da an habe er jeweils morgens und nachmittags zwei Stunden gegeben, pro Kurs jeweils 25 bis 30 Gefangene. „So wurde mein Leben dann etwas leichter, weil ich aus der Zelle kam.“

Becker fügte hinzu: „Du wirst in der Zelle wahnsinnig. Du gehst die Wand hoch, die nicht besonders hoch ist. Doch durch den Job nach zehn Tagen hat sich mein Leben etwas normalisiert im Gefängnis“, sagte Becker. Seine Partnerin habe ihn dann besucht – und habe ihm erst jetzt im Nachhinein gesagt, dass sie sehr erschrocken gewesen sei darüber, wie er ausgesehen habe.

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Becker war im Gefängnis „nur eine Nummer“

„Ich glaube, ich habe den Menschen in mir wiederentdeckt, der ich einmal war“, sagte Becker später im Interview. „Ich habe eine harte Lektion gelernt. Eine sehr teure. Eine sehr schmerzhafte. Aber das Ganze hat mich etwas Wichtiges und Gutes gelehrt. Und manche Dinge passieren aus gutem Grund“, führte der 55-Jährige aus.

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Über seine Zeit in der Haft sagte der Sportler: „Im Gefängnis bist du niemand. Du bist nur eine Nummer. Meine war A2923EV. Ich wurde nicht Boris genannt. Ich war eine Nummer. Und es interessiert sie einen Scheißdreck, wer du bist.“

Über die letzten Stunden vor seiner Freilassung und Abschiebung nach Deutschland sagte der Tennisspieler: „Ich saß ab 6 Uhr in der Früh auf meiner Bettkante und hoffte, dass die Zellentür aufgeht. Sie kamen um halb acht, schlossen auf und fragten: Bist du fertig? Ich sagte: ‚Los geht‘s!‘ Ich hatte auch schon alles gepackt.“

Vermögensbestandteile in Millionenhöhe verschleiert

Becker war Ende April von einem Gericht in London zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, weil er Teile seines Vermögens in seinem Insolvenzverfahren nicht ordnungsgemäß angegeben hatte. Er war am Donnerstag schließlich freigekommen.

Begonnen hatte Beckers Misere in London damit, dass er 2017 von einem Gericht für insolvent erklärt wurde. Eigentlich können solche Verfahren in Großbritannien recht schnell beendet werden. Doch bei Becker zog es sich in die Länge. Es folgten demütigende Episoden: Unter anderem wurden ein Teil seiner Trophäen und andere persönliche Erinnerungsstücke öffentlich versteigert.

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Doch es kam noch schlimmer: Sein Insolvenzverwalter warf Becker vor, Vermögensbestandteile in Millionenhöhe verschleiert zu haben. Die Tennislegende musste vor Gericht. In dem Prozess im Frühjahr plädierte Becker in allen Punkten auf unschuldig. Sein Anwalt stellte ihn als einen Mann dar, der oft mit dem Leben als Star außerhalb des Tennisplatzes überfordert war, Entscheidungen oft anderen überließ und sich kaum um die Konsequenzen seines eigenen Handelns kümmerte. Doch die Geschworenen nahmen ihm das nur zum Teil ab und befanden Becker in mehreren Anklagepunkten für schuldig.

RND/nis mit dpa

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