Steffen Henssler und Tim Mälzer: „Wenn andere Branchen so misshandelt worden wären wie unsere – es würde sie nicht mehr geben“

Tim Mälzer und Steffen Henssler treten gegeneinander an.

Tim Mälzer und Steffen Henssler treten gegeneinander an.

Herr Mälzer, Herr Henssler – nach bereits einigen Begegnungen in Ihren eigenen Kochshows werden Sie nun in Ihrer ersten gemeinsamen Sendung gegeneinander antreten. Was macht den Reiz Ihres Duells aus?

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Henssler: Ich denke, man hat einfach über die vergangenen Jahre hinweg gemerkt, dass wir ein gewisses Paket mitbringen: Wir können etwas, was nicht jeder kann: kochen, unterhalten, ’ne große Klappe und was dahinter haben – aber auch einstecken können. Wir sind nicht nur im TV erfolgreich, sondern auch gastronomisch. Wenn man uns mit den anderen Fernseh­köchen vergleicht, kommt da erst mal keiner ran.

Mälzer: Da muss ich mich jetzt mal schützend vor dich schmeißen, bevor du uns noch mehr lobst (lacht). Ich glaube aber auch: Duelle haben schon immer funktioniert, wenn sie an der Spitze statt­gefunden haben. Und wir sind in unserem Genre auf eine Art an der Spitze, so wie Mariah Carey und Beyonce oder Messi und Ronaldo in ihren Genres.

Die Duelle leben vom Konkurrenz­kampf, sind wir also mal ehrlich: Was können Sie besser als Tim Mälzer, Herr Henssler?

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Mälzer: Scheiße schönreden (lacht).

Henssler: Das kann keiner besser als du (lacht). Ich muss leider sagen, dass wir in den Sendungen festgestellt haben, dass wir uns eigentlich näher sind, als es uns lieb ist. Auf unserer Ebene gibt es eigentlich kein „Das kannst du besser, das kann ich besser“. Mälzer macht es eben anders. Für die Außenwelt ist es schwer zu verstehen, wie wir miteinander sind. Dass wir uns zwar ständig foppen, aber uns gleichzeitig auch sehr wertschätzen.

Das ist sehr diplomatisch, daher die Frage noch mal an Sie, Herr Mälzer, was können Sie besser als Steffen Henssler?

Mälzer: Ich hab leider festgestellt: gar nichts. Das ist aber gut für unseren Wettbewerb. Ich fänd einen Wettbewerb langweilig, den ich gewinnen muss, weil ich klar der Bessere bin. Es ist ein Duell, das kein Ende kennt. Wobei mir gerade doch eine Sache einfällt, die er wirklich besser kann: Bergsteigen. Ich finde das wahnsinnig doof. Dafür gibt’s Seilbahnen, Autos …

Henssler: Wir sollten mal zusammen den Kilimandscharo besteigen, dann würdest du es auch mögen.

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Mälzer: Auf gar keinen Fall. Runter vielleicht, aber niemals hoch.

Henssler: Natürlich auch hoch. Wäre doch eine schöne Schlagzeile: „Henssler zieht Mälzer den Kilimandscharo hoch“ (lacht).

Sie wirken beide sehr ehrgeizig. Würden Sie sich selbst als gute Verlierer bezeichnen?

Henssler: Ich kann das mal für Mälzer beantworten: Mälzer ist ein guter Verlierer, aber ein unfassbar schlechter Gewinner. Ich hingegen bin ein mittelmäßiger Verlierer und ein guter Gewinner.

Mälzer: Ich kann nicht sagen, ob ich ein guter Verlierer bin – dafür verliere ich zu selten (lacht). Aber wenn ich verliere, bin ich prinzipiell der Meinung, dass da was manipuliert worden sein muss. Das machen die doch immer extra für den künstlichen Spannungsbogen (lacht).

Henssler: Das Schlimme ist ja: Wenn du gegen Mälzer verlierst, das vergisst der NIE. Davon hast du jahrelang was, weil er dir das immer wieder aufs Brot schmiert. Egal, wie oft du dazwischen gewonnen hast. Dann siehst du ihn vielleicht mal ein paar Monate nicht, dann tippt der dich auf einer Veranstaltung an und sagt: „Weißt du noch, als ich da und da gewonnen habe …“ Man will nicht gegen Mälzer verlieren.

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In der Sendung sieht man auch, dass Sie sich gegenseitig auch mal derbe Sprüche reindrücken, sich zum Beispiel auch mal als „Arschgeige“ bezeichnen. Wie rau darf eigentlich heute noch der Umgangston in Ihren Küchen sein?

Mälzer: In meiner Küche sind verbale Entgleisungen verboten, dafür werden Leute nach Hause geschickt. Egal, wer das zu wem sagt, das gilt für alle. Ich habe selbst noch solche Umgangsformen erlebt und möchte das nicht für mein Team. Das heißt aber nicht, dass ich nicht mal mitten im Service die Tür aufreiße und „Hallo ihr Pimmelpeter!“ rufe. Da wissen aber alle, wie es gemeint ist.

Henssler: In der Gastronomie gibt es immer wieder Situationen mit viel Zeitdruck, wo der Ton mal rauer werden kann. Aber diese Phasen von früher, als Pfannen geschmissen und Leute beleidigt wurden, das ist lange vorbei – zum Glück.

Heute muss man sich als Gastronom auf viele Wünsche der Gäste einstellen: Manche vertragen keine Laktose, andere wollen es gern fleischlos. Das war zu Ihren Anfangszeiten als Koch sicherlich etwas anders, wie denken Sie über die Entwicklung?

Henssler: Das Angebot in den Restaurants hat sich mit der Zeit natürlich verändert. Auch, weil sich Leute mehr damit beschäftigen, wo ihr Essen herkommt und was ihnen guttut. Wir merken in einem meiner Restaurants ganz extrem, dass immer mehr Menschen zu uns kommen, die Lebens­mittel­allergien haben. Es ist aufwendiger geworden, aber das fordert einen als Koch auch heraus. Was mich nervt, ist, wenn man das Gefühl hat, dass es sich um so Wannabe-Allergiker handelt, weil es gerade irgendwie angesagt ist, „was zu haben“.

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Mälzer: Man darf auch nicht vergessen: Wir sind keine Dienstleister, wird sind Gastgeber. Ich habe eine ganz klare Vorstellung davon, was ich auf dem Teller präsentieren möchte. Da steckt viel Gehirnschmalz drin, Überzeugung und intensive Produkt­recherche. Und ich hab eine Idee, warum ich das genau so auf den Teller packe. Und wenn dann ständig Dinge geändert werden sollen, weil irgendwer etwas nicht mag, dann denke ich: Du gehst ja auch nicht zu Mercedes, um dir ein Fahrrad zu kaufen. Jedes Restaurant hat nun mal eine Spezialisierung. Dass man innerhalb der Spezialisierung Ernährungs­trends aufgreift und auch Angebote schafft, das ist selbstverständlich. Es wird zu einem Problem, wenn der Gast der Überzeugung ist, überall in jedem Restaurant alles zu bekommen, was er möchte. Das ist ein großes Missverständnis.

Sind denn eigentlich generell die Ansprüche der Gäste gestiegen, weil sie über viele Kochshows, Social Media und Reisen Erfahrung gesammelt haben?

Mälzer: Da haben wir uns vorhin noch drüber unterhalten und geschmunzelt. Tatsächlich muss ich manchmal Gespräche mit Gästen über Kulinarik führen, wo ich keinen blassen Schimmer habe, wovon die reden. Die haben dann irgendwas auf Reisen gegessen, irgendwas in einer Doku gesehen, das ich einfach nicht kenne.

Wie gehen Sie damit um?

Mälzer: Ich versuche erst mal mitzuhalten und warte auf den Punkt, wo ich wieder mit einsteigen kann – und wenn der nicht kommt, sag ich immer: „Ja … ich halte das aber für überschätzt“ (lacht).

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In der Sendung gibt es eine Szene, in der Sängerin Ina Müller fragt, ob Sie befreundet sind. Sie verneinen das – wie genau ist denn Ihr Verhältnis?

Mälzer: Jan Fedder hat das mal schön formuliert: Ich war jahrelang sein Kuddel. Kuddel ist die Vorstufe von Freund. Fedder hatte das klar definiert: Bekannte, Kuddel, Freund. Kuddel ist schon Inner Circle, aber eine Vorstufe zum Freund.

Henssler: Unser Weg ist da auch nicht zu Ende.

Mälzer: Unsere Beziehung ist ein Prozess. Corona hat das auch noch mal intensiviert: Wir haben letztes Jahr zu Beginn der Krise so viel miteinander telefoniert, haben uns unterstützt, gemeinsam überlegt, wie wir unsere Läden retten können. Das ist so hinter den Kulissen gelaufen, das haben wir gar nicht groß erzählt. Und jetzt beim Dreh unserer gemeinsamen Sendung ist noch etwas Neues dazu­gekommen: Es war plötzlich eine neue Chemie zwischen uns. Langsam kommen wir in den Modus, dass man überlegt: Ich könnte ihn ja doch mal einladen. Gemacht habe ich das aber noch nicht. Cool wäre, wenn Freunde von uns uns zusammen einladen, das könnte einen peinlichen Moment verhindern. (lacht)

Henssler: Stimmt, wir brauchen einen Wingman, der uns auf neutralem Boden zusammenführt. (lacht)

Würde das eigentlich funktionieren, wenn Sie ein gemeinsames Lokal führen würden?

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Henssler: Ich finde, da sollten wir wirklich mal drüber nachdenken. Wir hätten definitiv eine Ebene, auf der das funktionieren würde. Jeder hat seine Stärken und seine Schwächen. Wir hätten nicht das Problem, dass da einer seinen Kopf durchsetzen muss. Wir sind da beide erfahren genug, um auch mal auf den anderen zu hören. Ich glaube, das würde sehr gut funktionieren.

Mälzer: Da muss auch gar keiner immer die Hosen anhaben. Wir würden wie in einer guten Beziehung abwechselnd die Hose und den Rock tragen. (lacht) Das sollte aber eigentlich auch immer so sein – unter Freunden, in Beziehungen, aber eben auch mit Geschäfts­partnern. Da sollte nicht einer der Führer sein, es funktioniert partnerschaftlich immer besser. Wenn es Investoren gibt, die sich das vorstellen können – wir sind dabei. (lacht)

Im vergangenen Jahr haben Sie sich beide mehrfach kritisch zu den massiven Einschränkungen der Gastronomie in der Corona-Krise geäußert. Mittlerweile haben seit einigen Wochen wieder Restaurants auf, wie finden Sie heute den Umgang der Politik mit der Gastronomie?

Henssler: Ich hatte kürzlich erst eine Erfahrung gemacht, wo ich dachte: Wir in Hamburg haben es auch echt nicht leicht. Ich war kürzlich mit den Kids in Schleswig-Holstein unterwegs und wir wollten in ein Restaurant, das nur noch Plätze drinnen frei hatte. Da hab ich dann zu dem Wirt gesagt: „Mist, wir haben uns nicht getestet.“ Da hat der Wirt zu uns gesagt: „Wieso? Sie können seit 31. Mai bei uns ohne Test drinnen essen.“ Man fährt wirklich 30 Minuten aus Hamburg und es gelten plötzlich ganz andere, lockerere Regeln. Das macht es wirklich schwer für uns – und ist auch einfach nicht gerecht.

Mälzer: Es ist ja auch weiterhin so, dass wir nicht planen können. Wie dumm müssen Politiker sein, dass sie von einer ganzen Branche immer wieder erwarten, dass wir jederzeit hüpfen und springen, wie sie wollen? Das funktioniert nicht. Wir müssen jetzt planen. Einkäufe machen, Veranstaltungen planen, Personal einstellen – so was geht nicht immer von heute auf morgen. Ich kann das alles nur finanzieren, wenn ich ein wenig in die Zukunft schauen kann. Wir alle wissen, dass die nächste Welle kommt. Und doch gibt es genauso wenig einen Plan, wie es ihn vor 1,5 Jahren für die Gastronomie gab. Es gibt kein Konzept außer der Schließung der Läden.

Henssler: Wir bekommen ja auch in der Branche mit, dass diese Unsicherheit zu großer Personalnot führt. Ich kenne keinen Kollegen, der gerade nicht händeringend Leute sucht. Viele Angestellte haben sich aus der Gastronomie verabschiedet und sich anders orientiert. Die kommen nicht zurück. Selbst wir, die ja durch ihren medialen Background vielleicht noch mehr Möglichkeiten haben, tun uns schwer, Leute zu finden.

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Sarah Wiener hat während der Corona-Krise Insolvenz angemeldet, Alfons Schuhbeck auch. Was haben Sie besser gemacht?

Henssler: Wir waren extrem flexibel.

Mälzer: Und hatten Rücklagen.

Henssler: Es ist nicht immer so, dass der Stärkste überlebt – sondern in der Krise war es wichtig, sich anpassen zu können.

Würdet Sie einen erneuten Lockdown der Gastronomie überstehen?

Mälzer: Nicht mit allen Läden, nein.

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Henssler: Überstehen ist die eine Frage – aber ob wir das wollen, ist eine andere Sache. Man kann einen Laden schnell zumachen, aber das Aufmachen danach ist das große Problem.

Mälzer: Wir haben ja immer noch einen großen Vorteil: Wir wissen, dass unsere bekannten Läden irgendwann definitiv wieder aufmachen werden. Da kann ich mit der Finanzierung ein gewisses Risiko eingehen. Aber es gibt Standorte, da ist es schwierig. Die kosten ein unfassbares Geld, und da muss man sich schon ausrechnen, ob sich das Durch­halten am Ende rechnet. Ich wage die Prognose: Wenn andere Branchen so misshandelt worden wären wie unsere – es würde sie vermutlich nicht mehr geben.

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