Kampf der Systeme
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Leere Ränge: Beim Landesliga-Derby in Bückeburg sind nur 100 Zuschauer zugelassen. uk
„Die haben mehr Erfahrung, die haben Oberliga gespielt“, sagt er. „Das Problem ist nur, dass die meisten unserer ehemaligen Oberliga-Spieler jetzt in Evesen sind“, erwidert VfL-Trainer Torben Brandt. Das Nachbarschaftsderby führt zu allerlei Gedankenspielen, elektrisiert die Szene, und es ist schade, dass nur 100 handverlesene Fußballfans Einlass erhalten (siehe Kasten). Die Ausgangslage:
Sportlich ist tatsächlich die Favoritenfrage ein großes Thema. Dass der VfL Bückeburg überwiegend mit 20-Jährigen spielt, dass seine Mannschaft alles andere als erfahren ist, dass der VfR Evesen als Spitzenreiter auch in der Tabelle besser dasteht, hält Peter Möse nicht davon ab, die Favoritenbürde in Richtung Bückeburg abzustoßen: „Die jungen Leute haben schließlich in der Niedersachsenliga gespielt. Der VfL Bückeburg hat insgesamt schon mehr erlebt als wir.“ Doch auch die jüngsten Ergebnisse sprechen eigentlich für den VfR Evesen. Er schoss die meisten Landesliga-Tore der beiden Staffeln, er ist seit fünf Spieltagen ungeschlagen – und er hätte auch am Dienstag sein Nachholspiel gewinnen müssen, steckte erst in der letzten Minute den Bad Pyrmonter Ausgleich zum 3:3 weg. Obwohl es verletzte Spieler gibt, kann es sich VfR-Trainer Heiko Thürnau leisten, sogar Kräfte wie Bezirksliga-Rekordtorschütze Alexander Rogowski oder Flügelmann Paskal Fichtner auf der Bank zu lassen. Das schafft Flexibilität, das schafft während der Spieles Einflussmöglichkeiten. Sein Kollege Torben Brandt steht mit Thürnau eigentlich wöchentlich in telefonischem Kontakt. Man spricht die Landesliga durch, man tauscht sich über die kommenden Gegner aus. Nur in dieser Woche, da war die Leitung gekappt. „Ich kann ihn schlecht fragen, wen er aufstellt“, sagt Brandt. Der VfR habe jedenfalls eine Top-Landesliga-Mannschaft, und sein junges Team müsse alles hineinwerfen, um dieser individuellen Klasse zu begegnen. „Aber auch wir haben Qualität, und ich denke, wir haben uns zuletzt gut entwickelt“, sagt er. „Alle brennen auf das Spiel.“ Die Systeme:
Das Spiel VfL Bückeburg gegen VfR Evesen ist auch ein „Kampf der Systeme“. Hier der alteingesessene VfL Bückeburg, der seine Kraft in den vergangenen Jahrzehnten fast ausschließlich aus der eigenen Jugendarbeit bezog. Statt Geld spielen im Jahnstadion gute Worte und die pure Lust an der Leistung die wichtigste Rolle. Aber es bröckelt. Es fehlt ein Fußballvorsitzender, und es fehlt ein Manager, sagen Kritiker. In diesem Punkt ist der VfR Evesen besser aufgestellt, bei dem Peter Möse auf der Suche nach neuen Spielern konsequent den Tipps nachgeht, die er erhält, nicht selten von seinem Trainer Heiko Thürnau. Denn auswärtige Spieler braucht der Verein für seine ambitionierten sportlichen Ziele, die mit dem Aufstieg in die Landesliga jetzt eigentlich schon erreicht sind. Es brauche aber nicht viel Überzeugungskraft, um Spieler zu einem Wechsel zum VfR zu überreden, meinen Experten. Dafür sorge Präsident und Hauptsponsor Wilfried Krömker, der sich sein Hobby viel kosten lässt. „Jeder hat seine Methode“, sagt VfL-Trainer Brandt nüchtern. Er stehe zum Weg des VfL, aber es sei zu respektieren, was in Evesen geschaffen worden sei, und er hoffe, dass dieses Engagement vielleicht auch andere Vereine inspiriere. Das Personal:
Für den VfL Bückeburg haben sich die personellen Möglichkeiten erweitert. Jakob Kühn und Luis Othmer sind wieder da. Aber auch sie gehören zur „Jugend forscht“-Fraktion. Inklusive des reaktivierten Nico Schneckener stehen beim VfL Bückeburg mit Alexander Bremer und Bastian Könemann aktuell nur drei Spieler im Kader, die älter als 21 Jahre sind. „Die geringere Routine müssen wir mit Hingabe und mit Laufbereitschaft ausgleichen“, sagt Brandt. „Dann knacken wir den VfR Evesen.“ Brandt hat eigentlich keine große Veranlassung, die Startelf vom 3:2-Sieg in Wunstorf zu ändern, bis auf die fehlerhaft spielende Abwehr vielleicht. Die Startelf des VfL könnte also so aussehen: Werner – Othmer, Kühn, Struckmeier, J.-M. Schwier – Schröder, Julian Steierberg – B. Könemann, C. P. Schwier, Fischer – Bremer. Beim VfL Bückeburg waren vor allem die 20-Jährigen für die Tore verantwortlich. Der Generationswechsel ist in vollem Gange.
Beim VfL fehlen lediglich die Langzeitverletzten André Fuchs und Fynn Marzinowski. Caglayan „Charly“ Tunc und der eingewechselte Abwehrchef Jannis Städter spielten zuletzt wieder. Er wird vielleicht wieder für Samuel Pentke in die Mannschaft rutschen. Für Spieler wie Alexander Rogowski oder Paskal Fichtner wird aber wohl erneut kein Platz in der Startelf sein, die wahrscheinlich so aussieht: Wehmeyer – Stolte, Siepe, Städter, Hull – I. Khodr, B. Buruk, B. Heine – Kleiber, Tunc, L. Heine. Mit Stolte und Städter hat der VfR Evesen nur zwei „gelernte“ Abwehrkräfte in der Mannschaft. Das Spiel ist offensiv ausgerichtet, deshalb auch die Torquote von 23 Treffern aus sieben Spielen – als Aufsteiger. Kleiber ragt mit seinen Leistungen derzeit heraus. Sturmtalent und Edeltechniker Qendrim Krasniqi hat dagegen beim VfR Evesen scheinbar den Anschluss verloren.
SN