Überall Baustellen: wie es beim FC Bayern nach dem Aus von Kahn und Salihamidzic weitergeht
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Der FC Bayern München hat sich vom Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn (links) und von Sportvorstand Hasan Salihamidzic getrennt.
© Quelle: IMAGO/Ulrich Wagner
Thomas Müller, mit Sonnenbrille und Basecap, betätigte sich als Stimmungsanimateur und Einpeitscher der Fans. Der 33-Jährige, der mit seinen Bayern alles erlebt hat und nun mit Schale Nummer zwölf der Rekordmeister des Rekordmeisters ist, rief den rund 20.000 Anhängern auf dem Münchner Marienplatz vom Rathausbalkon zu: „Unser Jahr war chaotisch und auch ein bisschen negativ. Wir haben einiges zu analysieren, auch als Gesamtverein.“ Für einen klitzekleinen Moment waren die dunklen Wolken über dem Club der Sonne gewichen, als Müller mit fettem Grinsen posaunte, das alles „interessiert mich heute einen Scheißdreck. Meister sammer!“
Eine Meisterschaft, errungen durch das 2:1 in Köln dank des Last-minute-Treffers von Jamal Musiala, wird überschattet von einer Schlammschlacht um Posten. Zum Eklat gerieten die Entlassungen von Sportchef Hasan Salihamidzic, der verständnisvoll in seine Abberufung einwilligte, und von Vorstandsboss Oliver Kahn, der sich emotional widersetzte, den Aktionismus vor dem letzten Spieltag hinterfragte und twitterte, dass er in Köln fehle, „weil es mir vom Club untersagt wurde“. Am Samstagabend meinte Kahn bei Sky: „Das war der schlimmste Tag meines Lebens, es mir zu nehmen, mit den Jungs zu feiern.“ Ab Sonntag bemühte man sich um Entspannung und Deeskalation. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was hat Kahn-Nachfolger Dreesen vor?
Nach zehn Jahren im Verein als Finanzvorstand wollte Jan-Christian Dreesen eine Auszeit nehmen, parallel wurde er von Hans-Joachim Watzke bearbeitet, den Posten als DFL-Geschäftsführer zu übernehmen. Der Job als Bayern-CEO erwärmte das Herz des Ostfriesen jedoch mehr. Im Rahmen seines Zweijahresvertrages möchte der 55-Jährige, der als Übergangslösung gilt, erreichen, dass „wir wieder mehr Freude miteinander, Offenheit und Vertrauen zueinander haben. Das ist mir wichtig.“ Dinge, die unter Kahns Führung als verschüttet galten – wie (nicht nur) in der Belegschaft kritisiert wurde.
Wie sehr mischen Hoeneß und Rummenigge (wieder) mit?
Sehr – und zuletzt mehr, als vor allem Kahn lieb war. Karl-Heinz Rummenigge soll am Dienstag in den Aufsichtsrat berufen werden, er soll seine Erfahrung und Kontakte bei Transfers einbringen – Uli Hoeneß hält alle Zügel in der Hand. Den Fehler, Kahn zum Vorstandsboss zu machen, gibt er zu: „Im Nachhinein muss man das so sagen.“ Hoeneß zum „Kicker“: „Oliver ist ein hochintelligenter Mann, der Austausch mit ihm macht Spaß. Die große Enttäuschung ist, dass ich gedacht habe, er könnte das Amt qua seiner Persönlichkeit allein ausfüllen, doch er hat sich stattdessen mit seinen Beratern umgeben.“ Die hat Hoeneß als Ursache für „die katastrophal schlechte Stimmung“ im Club und fehlende Motivation der Mitarbeiter ausgemacht.
Ex-Vorstandschef Oliver Kahn kündigt Gespräch mit Bayern-Spitze an
Oliver Kahn hat nach dem Streit um seinen Abschied vom FC Bayern München ein klärendes Gespräch mit der Vereinsspitze angekündigt.
© Quelle: dpa
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus begrüßt die sich anbahnende Rückkehr von Kahns Vorgänger Rummenigge. „Seit zwei Jahren erkläre ich regelmäßig, dass Kalle dem Club mehr fehlt als jeder andere. Ein Mann von Welt, der diesen Verein über Jahrzehnte in den Gremien Europas und der Welt vertreten hat. Er genießt höchsten und unschätzbaren Respekt in jedem Winkel der Fußballwelt“, schrieb der 62-Jährige am Montag in seiner Sky-Kolumne.
Welcher Sportvorstand soll Salihamidzic beerben?
„Wir suchen einen, der sein Geschäft von A bis Z versteht“, betonte Präsident Herbert Hainer – es wird also kein Jobnovize. Damit sind Vereinslegenden wie Arjen Robben (Privatier) und Bastian Schweinsteiger (TV-Experte), um die es zuletzt Gerüchte gab, raus. Laut Sky soll Hoeneß bereits Max Eberl kontaktiert haben, der erst im Dezember seinen neuen Job als Geschäftsführer bei RB Leipzig angetreten hat. Nach Informationen der „Leipziger Volkszeitung“ ist dies allerdings eine Ente. Bekannt ist die enge Verbindung von Hoeneß und Eberl, der schon 2017 Kandidat für den Posten des Sportdirektors bei Bayern war, den damals Salihamidzic bekam, weil Rummenigge sich gegen Hoeneß-Mann Eberl stellte.
Dass es nun klappt, ist unwahrscheinlich. Eberl ist voll in die RB-Planungen involviert und besitzt einen Vertrag bis 2026. Im Gespräch für den Posten, der „bis Weihnachten“ (Hoeneß) besetzt werden soll, sind außerdem Markus Krösche (Eintracht Frankfurt) sowie Michael Reschke, der von 2014 bis 2017 bei Bayern als technischer Direktor arbeitete – er wäre zu haben.
Auch Matthäus sieht einen möglichen Wechsel von Eberl nach München skeptisch. Er sei der Meinung, „dass Max das auf keinen Fall machen kann“, so Matthäus: „Denn dann ist er in der Fußballbranche bei so ziemlich jedem unten durch.“ Der Weltmeisterkapitän von 1990 fügte hinzu: „Sollte er jetzt nach nur wenigen Monaten RB verlassen, um zu Bayern zu gehen, dann könnte ich alle verstehen, die ihn dafür kritisieren. Das kann er nicht bringen.“ Eberls Vertrag bei den Sachsen läuft bis 2026.
Bei der Kaderplanung für die neue Saison wächst der Einfluss von Trainer Thomas Tuchel, dessen angeblicher Rücktritt kein Thema ist.