Bitcoin: Anleger setzen auf Schutz vor Inflation – trotz fehlender innerer Werte

Sie schimmern goldig. Für viele Investoren werden Bitcoins zu einer Art digitalem Gold, dass gegen Geldentwertung hilft.

Sie schimmern goldig. Für viele Investoren werden Bitcoins zu einer Art digitalem Gold, dass gegen Geldentwertung hilft.

Frankfurt. Mal waren es Tweets von Tesla-Chef Elon Musk, mal war es der Börsengang der Kryptohandelsplattform Coinbase, die den Kurs bewegt haben. Diese Woche wurde nun der erste Indexfonds für Bitcoins in den USA zugelassen. Ein fulminantes Debüt legte das Papier hin. Und die Digitalmünze kletterte prompt auf ein Allzeithoch.

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Das Internetgeld hat in diesem Jahr für jede Menge Kapriolen gesorgt, die bei seriösen Kapitalanlagern Abscheu und Entsetzen, aber auch ungläubiges Staunen ausgelöst haben. Am Mittwoch etwa kletterte ein Bitcoin zeitweise um 1000 Dollar, und zwar innerhalb einer Minute.

Die Cybermünze erreichte schließlich den Höchstwert von fast 67.000 Dollar. In Europa kostete sie zu diesem Zeitpunkt 57.400 Euro. Inzwischen hat der Kurs etwas nachgegeben. Aber die älteste und bekannteste Cyberwährung hat dennoch ihren Wert in den vergangenen drei Monaten fast verdoppelt. So etwas ist selbst mit vielen hochriskanten Investments nicht möglich.

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Fragwürdiger Ruf

Geht das noch mit rechten Dingen zu? Immerhin steht der Bitcoin unter schwerem Verdacht: als ein Instrument, dem sich die organisierte Kriminalität bedient, um Geld aus illegalen Geschäften zu waschen. Er wird als Gefahr für Anleger und Umwelt bezeichnet. Ersteres wegen der enormen Kursschwankungen, Letzteres wegen des immensen Energieverbrauchs beim Betreiben einer weltweiten IT-Maschinerie. Zum Erzeugen der Münzen (Mining genannt) und zum Ausführen von Transaktionen ist die Rechenleistung von Millionen Computern nötig.

Doch nun ist der ETF namens Pro Shares Bitcoin Strategy da. Die US-Börsenaufsicht hat nach jahrelangem Hin und Her das Papier genehmigt, was viele Experten als eine Art Ritterschlag für die umstrittene virtuelle Münze werten. Sie kommt damit in einem ziemlich seriösen Anlageumfeld an – das wird unter Börsianern als zumindest ein Faktor für das Allzeithoch betrachtet.

Die drei Buchstaben stehen für „Exchange Traded Funds“, auf Deutsch „börsengehandelte Indexfonds“, also für ein Fonds, der nichts anderes tut, als stur einen Index, etwa den Dax, präzise abzubilden. Das gilt deshalb als sichere Sache, weil der Anleger beim Dax etwa de facto in 40 Firmen investiert, womit er sein Verlustrisiko minimiert. Beim Bitcoin-ETF ist das nicht so, der Fonds ist auf einen einzigen Wert fixiert.

Die US-Regularien lassen das zu, in Deutschland ist das nicht möglich. Überdies ist die Performance des Fonds auch noch an Futures geknüpft, das sind Termingeschäfte, also grob formuliert: Wetten auf die Kursentwicklung des Bitcoins. All dies hat die Investoren aber nicht abgeschreckt. Im Gegenteil: Sie rissen sich um den ETF, er wurde laut Finanzdienst Bloomberg vom Start weg zum am zweithäufigsten gehandelten Fonds in der Geschichte der Wall Street.

Wie das geht? Die Devisenexperten der DZ Bank haben dafür eine einfache Erklärung: „Als bedeutender Einflussfaktor gilt für die Nachfrageseite die global vorherrschende Geldpolitik“, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Studie. Die zunehmenden Inflationssorgen erhöhten das Interesse. „Eine als zu locker wahrgenommene geldpolitische Gangart nagt am Vertrauen in die langfristige (Preis-)Stabilität.“

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Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) sind seit Jahren auf einem ultralaxen Kurs unterwegs. Die Zinsen sind bei null und zusätzlich kaufen den Notenbanken noch gigantische Mengen von Anleihen ab, was wie eine zusätzliche Zinssenkung wirkt. Das soll die Kreditvergabe von Geschäftsbanken stimulieren und es den Regierungen leicht machen, sich Geld zu leihen. All dies, obwohl die Inflation diesseits und jenseits des Atlantiks drastisch gestiegen ist – hierzulande lag die Teuerungsrate zuletzt bei 4,1 Prozent.

Fed und EZB als Steigbügelhalter für den Bitcoin: Ein starkes Stück, was aber für Experten wie Philipp Sandner, Leiter des Blockchain-Centers an der Frankfurt School of Finance & Management, höchst plausibel ist. Denn beim digitalen Geld handele es sich eher um eine technologische Neuerung, die Rohstoffen wie Gold oder Silber ähnlich sei. „Der entscheidende Faktor ist dabei die Knappheit. Deshalb können sich Kryptowährungen in der Zukunft durchaus als zusätzliche Kategorie für die Kapitalanlage durchsetzen“, sagte Sandner dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Die Knappheit wird dadurch erzeugt, dass das Mining, also die Erschaffung neuer Bitcoins, einem Algorithmus unterliegt, der die Mengen der Münzen aus Bits und Bytes automatisch streng begrenzt, was inflationären Entwicklungen vorbeugen soll.

Anstieg bis auf 300.000 Dollar pro Bitcoin?

Die DZ-Bank-Experten haben hochgerechnet, was es bedeuten würde, wenn sich Bitcoins tatsächlich als „digitales Gold“ etablieren. Gemessen am Marktwert des Edelmetalls ließen sich dann Kurse bis zu 175.000 Dollar rechtfertigen. Wiederhole sich gar die Rallye, die vor etwa einem Jahr begann und dann etwa sechs Monate anhielt, würde ein Bitcoin sogar in die Region von 300.000 Dollar gehievt. Das wäre mehr als eine Vervierfachung zum aktuellen Kurs innerhalb von sechs Monaten. Eine verlockende Perspektive.

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Doch die DZ-Bank-Experten machen auf einen jüngst veröffentlichten Hinweis der US-Börsenaufsicht aufmerksam, wonach potenzielle Chancen und Risiken sorgsam abzuwägen seien. Das größte Risiko: Die Kryptowährung verfüge über keinen „allgemein akzeptierten intrinsischen Wert, der als Orientierungsgröße oder zumindest eine Art Preisuntergrenze fungiert“, so die Devisenspezialisten.

Beim Gold ist dieser innere Wert das Metall selbst, das für die Fertigung von Schmuck oder für viele industrielle Anwendungen eingesetzt werden kann. „Folglich droht im schlimmsten Fall nicht weniger als der Totalverlust des eingesetzten Kapitals“, so das Fazit der DZ Bank.

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