Börse statt Sparschwein: So reagieren die Deutschen auf Niedrigzinsen

Börse statt Sparschwein: Die Anlagestrategien der Deutschen ändern sich.

Börse statt Sparschwein: Die Anlagestrategien der Deutschen ändern sich.

Sparschwein und Sparbuch sind genauso out wie die einst so beliebten Tagesgeldkonten: Aus dem zum Weltspartag (30. Oktober) vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) vorgelegten Vermögensbarometer geht hervor, dass 46 Prozent der Bundesbürger wegen der extrem niedrigen Zinsen ihr Verhalten beim Thema Sparen verändert haben oder dies noch tun wollen. Aktien, Wertpapiere und Direktinvestitionen in Unternehmen liegen bei der Frage nach der aktuell geeigneten Geldanlageform erstmals auf Platz eins, und zwar mit klarem Abstand. Die Präferenz hierfür ist im Vergleich zu den zurückliegenden Jahren erheblich gestiegen. Immobilien, die zuvor erste Wahl waren, sind auf den dritten Platz abgerutscht – hier spielt die Angst vor eine Immobilienblase eine wichtige Rolle. Auf dem zweiten Rang: Investment- und Immobilienfonds.

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Die im internationalen Vergleich bislang als sehr konservativ geltenden Deutschen werden – wenn‘s ums Geld geht – erkennbar mutiger. Immerhin gut ein Fünftel (21 Prozent) ist mittlerweile bereit, für eine höhere Verzinsung „etwas mehr Risiko“ einzugehen. Das sind immerhin 10 Prozentpunkte mehr als 2016. Die Neigung, was zu wagen, ist seither kontinuierlich gewachsen. So das Vermögensbarometer, für das im Auftrag des DSGV zwischen Mai und Juni 2019 rund 5800 Bundesbürger ab 14 Jahren befragt wurden.

Mehr Einkommen, mehr Risikofreude

Womöglich hängt die steigende Risikobereitschaft auch damit zusammen, dass es vielen Bundesbürgern offenbar gut geht. 43 Prozent der Befragten bezeichnen ihre finanzielle Situation als gut oder sehr gut. Auch dieser Wert ist im Vermögensbarometer seit 2016 von seinerzeit 31 Prozent kontinuierlich gestiegen. Dazu passt, dass die Bereitschaft, der „Niedrigzinsproblematik“ auszuweichen, mit der Höhe des verfügbaren Einkommens steigt. Wer viel Geld übrig hat, kann sich eher auf das Auf und Ab an den Aktienmärkten einlassen. Daraus ziehen die Autoren aber auch die Schlussfolgerung, dass Menschen mit weniger Geld es derzeit deutlich schwerer haben, Alternativen zu finden. 18 Prozent beurteilen ihre aktuelle Lage als „schlecht“ oder „eher schlecht“. In den Jahren 2005 und 2006 war es noch jeder Dritte gewesen.

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Just die Sparkassen machen derzeit eher Negativwerbung für klassische Sparverträge, die gerade bei Leuten mit kleinem Geldbeutel beliebt waren. Dutzende der öffentlich-rechtlichen Institute haben in den vergangenen Monaten überall in Deutschland Tausende von Prämiensparplänen gekündigt. Allein bei der Sparkasse München waren es kürzlich 28.000. Es handelt sich in der Regel um unbefristete Verträge, die schon viele Jahre laufen und derzeit zwar ebenfalls nur geringe Zinsen abwerfen. Mit wachsender Laufzeit steigen aber die Prämien, die für das jährlich gesparte Geld von der Sparkasse draufgezahlt werden. Ab 15 Jahren gibt es vielfach 50 Prozent dazu: Wer 1000 Euro in einem Jahr einzahlt, bekommt 500 Euro dazu. Der Bundesgerichtshof hat als höchste Instanz aber das Kündigen solcher Verträge gebilligt, wenn die Kunden die Bonusstaffel komplett ausgeschöpft haben – mit dem Hinweis auf die anhaltende Niedrigzinsphase.

Weltspartag war einst ein Mittel gegen Hyperinflation

Für Letzteres ist der gerade verabschiedete Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi verantwortlich. Er hat die Zinsen auf das Nullniveau gedrückt, und er hat sogar negative Zinsen für überschüssiges Geld eingeführt, das Banken und Sparkassen kurzfristig bei der EZB parken. Das soll zu Konsum und Investitionen ermuntern.

Das konterkariert aber das Konzept des Weltspartages, der 1924 auf einer internationalen Tagung der Sparkassen beschlossen wurde. Als Vater der Initiative gilt ein anderer Italiener, Professor Filippo Ravizza. Er gab das Motto aus, dass die Menschen vom „Ideal des Sparens“ überzeugt werden müssten. Damals kämpften viele Staaten mit einer Hyperinflation. Heute liegt die Teuerungsrate in der Euro-Zone nur noch bei etwa einem Prozent.

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Gleichwohl trägt Ravizzas Idee noch immer Früchte: Laut DSGV-Präsident Helmut Schleweis ist die Summe der sogenannten täglich fälligen Gelder, die auf Sparkassen-Girokonten zur Verfügung stehen, in den ersten acht Monaten von 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent gestiegen. 480 Milliarden Euro würden auf diese Weise verwaltet.

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