Das sind die Fahrdienstalternativen zum klassischen Taxi
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Gehören mittlerweile zum Bild vieler Innenstädte in Deutschland: Autos von Fahrdiensten wie Uber.
© Quelle: imago images / Jochen Tack
Stuttgart. Neue Fahrdienste sind in den vergangenen Jahren immer präsenter in den deutschen Großstädten geworden. Sie kämpfen neben den traditionellen Taxis um die Gunst der Kundschaft, nicht nur an Bahnhöfen, Flughäfen oder Messen. Doch Corona hat auch Folgen für diese Branche: Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg jüngst berichtete, erwägen die beiden deutschen Automobilkonzerne Daimler und BMW, ihre gemeinsamen Anteile am großen Fahrdienstservice Free Now zu verkaufen. Laut dem Bericht ist Uber einer der Interessenten.
Sollte es zu einem Deal mit dem Fahrdienstunternehmen aus den USA kommen, könnte dieser die Fahrdienstlandschaft in Deutschland noch einmal stark in Sachen Marktanteile verändern. Die Zahl der Anbieter ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Neben lizenzierten Taxis mit den gelben Schildern auf dem Dach können Kunden in den Städten immer mehr auch neue Fahrdienstvermittler und Shuttledienste nutzen.
Generell wird in der Branche zwischen sogenannten Ridehailing- und Ridesharing-Service unterschieden:
Der Unterschied: Ridehailing- und Ridesharing-Service
Ridehailing Service bieten unter anderem die beiden börsennotierten US-Unternehmen Uber und Lyft an. Darunter versteht man einen Fahrdienst, der mittels Plattformen wie beispielsweise einer App den Kunden mit lokalen Fahrern zusammenführt, um eine Fahrt von A nach B zu machen.
Unter Ridesharing-Service versteht man hingegen einen Fahrdienst, der einer organisierten Fahrgemeinschaft ähnelt, wie es ihn früher schon durch die Mitfahrzentrale gegeben hat – das Buchen einer Mitfahrgelegenheit über eine professionelle Vermittlungsagentur beziehungsweise deren App.
Kunden können bei Ridesharing einen freien Sitz in einem Auto buchen, das mehrere Kunden mit ähnlichem Ziel beziehungsweise Richtung gemeinsam befördert. Gerade der Umweltgedanke wird hier von den Anbietern in Deutschland hochgehalten, da die Auslastung eines vollen Pkws den Verkehrs- und Emissionswerte weniger belastet als eine Einzelfahrt.
Platzhirsch Free Now
In Deutschland ist derzeit Free Now der große Platzhirsch unter den Fahrdienst-Service-Anbietern. Das Unternehmen wurde im Februar 2019 gegründet und ist Teil des Ridehailing-Joint Ventures zwischen BMW und Daimler. Das Unternehmen ging aus dem 2009 gegründeten Dienstleister Mytaxi hervor, der wiederum in den Jahren zuvor zahlreiche europäische Taxivermittlungs-Apps übernommen hatte. Free Now ist eigenen Angaben zufolge heute der führende Mobilitätsanbieter in Europa und bietet seinen Dienst in über 100 Städten mit mehr als 100.000 Fahrern in Deutschland an.
Free Now funktioniert so: Ein Kunde lädt sich die App herunter und kann mit dieser dann ein herkömmliches Taxi (sofern es in der betreffenden Stadt Taxi-Partner gibt) oder einen Ridehailing-Fahrdienst ordern, deren Tarif oft aufgrund einer aggressiven Preispolitik der Anbieter billiger ist als die Buchung eines lizenzierten Taxis über Free Now. Die Fahrt kann per App zudem vorbestellt werden und am Ende auch per App bargeld- und kontaktlos bezahlt werden.
Der US-Konkurrent Uber
Ebenfalls seit fünf Jahren in Deutschland aktiv ist der US-Fahrdienst Uber. Jedoch nicht auf direkten Weg, denn Uber hat offiziell keine eigene Flotte in Deutschland zur Verfügung. Das Unternehmen operiert dennoch erfolgreich – trotz nachgewiesener Verstöße gegen das Personenbeförderungsgesetz und einiger gerichtlicher Verbote. Bei der Benutzung der Uber-App werden alle Fahrtanfragen an lizenzierte Mietwagen- und Taxiunternehmen vermittelt. Mit der Uber App können Fahrten in den Städten Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Köln, Düsseldorf und Duisburg gebucht werden.
Wer dagegen als Einzelperson von A nach B gleich mit mehreren Personen einen Fahrdienst zusammen teilen will, kann in Deutschland dies nur in bestimmten Städten nutzen und Unternehmen wie Moia oder Clevershuttle nutzen.
Moia und Clevershuttle – regionale Fahrgemeinschaften
Moia, ein Tochter-Unternehmen des VW-Konzerns, bietet derzeit seinen Fahrgemeinschafts-Service nur in den Städten Hannover und Hamburg an. Weitere sollen nach Aussagen des Unternehmens aber folgen. Auch hier bucht der Kunde einfach über eine App seine Fahrt: Es wird eine Buchungsanfrage mit gewünschtem Abhol- und Zielort sowie Startzeitpunkt und der Anzahl der Fahrgäste gestellt. Der Kunde bekommt dann ein Angebot und nach der Buchung die nötigen Informationen zur “virtuellen Haltestelle” (eine Adresse, eine Straßenecke, etc.), bei der dann der Kunde mit seinem Boarding Pass einsteigt.
Den gleichen Service bietet auch der Dienstdienstleister Clevershuttle an. Aktuell können Kunden diesen in den Städten Leipzig, Düsseldorf und Kiel nutzen, nachdem bis Mitte des Jahres noch die Städte Berlin, Dresden und München für Fahrten buchbar waren. Das Unternehmen teilte mit, dass auch wirtschaftliche Gründe dafür sprachen, den Service zu reduzieren.
Lizenzierte Taxi-Unternehmen gegen neue Fahrdienste
Die Wirtschaftlichkeit ist für viele Unternehmen im Mobilitätssektor generell ein schwieriges Unterfangen. Die Corona-Pandemie tat ihr Übriges hinzu: Es fuhren über Wochen nicht nur Busse und Bahnen nahezu leer durch Städte und Kommunen, Fahrdienste hatten ebenfalls keine Kunden. Stattdessen fuhren die Menschen lieber Auto oder Fahrrad.
Nach dem Lockdown erholt sich die Lage wieder, doch die Konkurrenz bleibt weiterhin groß. Davon betroffen sind auch 26.000 Taxiunternehmen und deren lizenzierten Fahrer in Deutschland. Sie haben durch die neuen Fahrdienste gehörig Konkurrenz bekommen – und kämpfen seit Jahren um eine neue Regelung des Personenbeförderungsgesetzes.
Politik will Rechtslage ändern
Hintergrund ist, dass die neuen Fahrdienste wie Uber und Clevershuttle bisher nur auf Grundlage befristeter Ausnahmeregelungen unterwegs sind. Dies soll geändert werden. Die Koalition hat im Sommer eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes auf den Weg gebracht.
Darin werden sogenannte Pooling-Angebote erlaubt. Die umstrittene Rückkehrpflicht für Fahrdienste bleibt aber bestehen – eine Regelung, auf die vor allem lizenzierte Taxibetriebe aus Angst vor unfairer Konkurrenz pochen. Die Rückkehrpflicht besagt, dass Fahrdienste wie Uber nach jeder Fahrt an den Betriebssitz zurückkehren müssen und – anders als Taxis – nicht auf der Straße auf Kunden warten dürfen.
Chance für den ländlichen Raum
Bei allen Problemen und großer Konkurrenz in den Städten erscheinen für die Zukunft neue Ridehailing- und Ridesharing-Service vor allem in ländlichen Gegenden sinnvoll zu sein, in denen der öffentliche Nahverkehr mit Bus und Bahn nicht die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen im Alltag nachhaltig erfüllen können.
Entsprechend will die Bundesregierung im ländlichen Raum auch On-Demand-Dienste stärken, Kommunen könnten dies laut Bundesverkehrsminister Scheuer aber regeln und steuern. Dazu gehörten unter anderem Antidumping-Regelungen wie Vorgaben von Mindestfahrpreisen. Vermittlungsplattformen von Fahrdiensten müssten Verantwortung für die Einhaltung der Regeln übernehmen.